Hamburg. Professor warnt: Die Erkenntnisse zu Risiken wurden nicht systematisch in öffentlichen Bauvorhaben der Stadt berücksichtigt.

Die Hansestadt tue längst nicht genug, um sich gegen Überschwemmungen durch Starkregen zu schützen, sagt Professor Wolfgang Dickhaut, Bauingenieur und Leiter des Fachgebiets umweltgerechte Stadt- und Infrastrukturplanung an der HafenCity-Uni. Zwar sei Hamburg durch das Projekt RISA „konzeptionell recht gut vorbereitet“ auf extreme Niederschläge.

So gebe es etwa Hochwasserrisiko-Managementpläne für alle Gewässer. Selbst für kleine Flüsse wie Wandse, Berner Au und Tarpenbek habe die Stadt mögliche Starkregenereignisse und Abflüsse von Niederschlägen simuliert und Überflutungsbereiche entlang der Gewässer auf Karten gekennzeichnet. Davon ausgehend habe die Stadt Auflagen für Hausbesitzer erlassen, wie diese ihre Grundstücke bewirtschaften müssen.

Starkregengefahrenkarte von Hamburger Behörde

Für die Betroffenen kann das etwa bedeuten, dass sie keine neuen Anbauten errichten dürfen und Abflusskorridore erhalten müssen. Dickhaut verweist auch auf die von der Umweltbehörde veröffentlichte Starkregengefahrenkarte. Anhand dieser Karte können auch Grundstückseigentümer, die nicht an einem Gewässer leben, jene Bereiche erkennen, die von Überflutungen betroffen sein können.

Prof. Wolfgang Dickhaut forscht und lehrt an der HafenCity Universität.
Prof. Wolfgang Dickhaut forscht und lehrt an der HafenCity Universität. © Privat

Trotz dieser Vorarbeiten berücksichtige Hamburg Erkenntnisse zur Gefahr durch Starkregen aber nicht systematisch in öffentlichen Bauvorhaben, sagt Dickhaut. „Es werden immer noch neue Straßen gebaut, es werden Parks und Gewässer umgestaltet, ohne dass der Schutz vor Starkregen und Überflutungen eine zentrale Rolle spielt. Ein gezielter und konsequenter Umbau von ganzen Straßenräumen orientiert an Erkenntnissen aus Naturkatastrophen, wie er etwa in Kopenhagen stattfindet, ist in Hamburg nicht zu erkennen.“

Überflutungsflächen in Hamburg nur „pilothaft"

Es gebe auch keine Planungen von größeren multifunktionalen Überflutungsflächen im innerstädtischen Raum, die Schäden durch Starkregen verringern oder verhindern könnten. „Theoretisch ist klar, was wir in Hamburg tun müssten – in der Praxis wird dieses Wissen meist noch nach hinten geschoben“, sagt Dickhaut. Neue Anlagen wie der Wasserspielplatz in Neugraben-Fischbek und zusätzliche Überflutungsflächen im Öjendorfer Park zeigten nur „pilothaft, wie es geht“.

Lesen Sie auch:

Zu einer Bestandsaufnahme gehöre allerdings auch, dass Auflagen der Stadt auf Widerstand bei Hausbesitzern stießen, die sogar gerichtlich dagegen vorgehen. „Es liegt nicht nur in der Pflicht des Staates, für Sicherheit zu sorgen, sondern die Bevölkerung muss auch eine Vorsorge zum Schutz vor Starkregen treffen.“ Da es immer Ereignisse geben werde, die bei aller Vorbereitung Schäden verursachten, müsse der Katastrophenschutz ertüchtigt und der Versicherungsschutz reformiert werden.