Hamburg. Nach Vorwürfen des Verfassungsschutzes gegen das Islamische Zentrum Hamburg fordert die Opposition Konsequenzen.
Es sind brisante Vorwürfe gegen eine der bekanntesten muslimischen Einrichtungen in Hamburg: Unter Verweis auf neue Dokumente spricht der Verfassungsschutz davon, dass es sich bei dem Islamischen Zentrum Hamburg (IZH), das die Blaue Moschee an der Alster betreibt, um einen „Außenposten Teherans“ in Europa handele. Das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) werde direkt durch das islamistische Regime in Irans Hauptstadt Teheran gesteuert, legte der Hamburger Verfassungsschutz am Freitag dar.
Die Leitung des IZH erhalte Befehle vom iranischen Regime. Zudem gebe es Verbindungen des IZH zur „Terrororganisation Hizb Allah“ (Hisbollah). Die Hisbollah ruft nach Überzeugung des Bundesinnenministeriums zur Vernichtung des Staates Israel auf. Die umfassende neue Veröffentlichung der Verfassungsschützer befeuerte am Freitag die seit Jahren geführte Debatte, wie Hamburg mit dem IZH umgehen soll.
IZH Teil der Schura in Hamburg
Bisher ist das IZH als Teil des Rates der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg (Schura) auch mittelbarer Vertragspartner der Stadt in den Verträgen mit den muslimischen Verbänden. Diese regeln die Anerkennung islamischer Feiertage und den gemeinsamen Religionsunterricht – und betonen die im Grundgesetz verankerten Werte.
Der Verfassungsschutz beruft sich auf Korrespondenzen zwischen dem IZH-Leiter Mohammad Hadi Mofatteh und der Staatsführung in Teheran. In ihnen werde „quasi amtlich bestätigt, dass Mofatteh als offizieller Stellvertreter des Khomeini-Nachfolgers Ajatollah Chamenei anzusehen ist“, sagte der Sprecher des Landesamtes, Marco Haase.
Fotos als Beweis für Verbindungen zur Hisbollah
Als Beleg für Verbindungen zur Hisbollah führt der Verfassungsschutz unter anderem Fotos aus dem Internet an: Dort sei der stellvertretende IZH-Leiter Seyed Mousavifar an einem Rednerpult zu sehen, das mit der Fahne des verbotenen Hisbollah-Vereins „Menschen für Menschen“ geschmückt ist. Bereits seit 1993 warnt der Verfassungsschutz in seinem jährlichen Bericht vor extremistischen Tendenzen des muslimischen Vereins.
„Seit Langem ist bekannt, dass sich die Aktivitäten des IZH gegen die Prinzipien und Werte der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland richten“, sagte CDU-Innenpolitiker Dennis Gladiator. „Es gibt nun neue Belege dafür, dass das IZH ideologisch, organisatorisch und personell ein Außenposten des Teheraner Regimes ist, mit dessen Hilfe der in der iranischen Verfassung verankerte Auftrag des weltweiten Exports der ,islamischen Revolution‘ umgesetzt werden soll.“
Klare Worte aus der Hamburger CDU
Dabei trete das IZH „nicht offen erkennbar islamistisch“ auf, sondern „inszeniere sich“ als „interkulturelle und interreligiöse Begegnungsstätte, um als Gesprächspartner in Politik, Kultur und Gesellschaft akzeptiert zu werden“. SPD und Grüne dürften „dieser Verschleierungstaktik nicht länger auf den Leim gehen“, sagte Gladiator. „Mit solchen Verfassungsfeinden darf Hamburg keine Verträge schließen.“ Der Senat müsse „alle offiziellen Kontakte zum IZH sofort beenden, ein Vereinsverbot prüfen und den Staatsvertrag mit der Schura aussetzen, solange das IZH ein Teil dieser ist“.
Die FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein sagte, es sei „völlig inakzeptabel, wenn der rot-grüne Senat weiter an den Staatsverträgen festhält, die das IZH bisher decken“. Diese müssten „umgehend gekündigt werden“, so die FDP-Politikerin. „Auch muss die Schließung der Blauen Moschee an der Außenalster erwogen werden, mindestens ein Maßnahmenpaket, dass dem Leiter und seinem Umfeld das verfassungsfeindliche Handwerk legt.“
Hamburg schloss nicht mit dem IZH Verträge
SPD-Religionspolitiker Ekkehard Wysocki betonte, dass Hamburg die Verträge 2012 nicht mit dem IZH, sondern mit der Schura geschlossen habe – und diese von CDU-Bürgermeister Ole von Beust initiiert worden seien. „Wenn es bei einzelnen Verbänden grenzüberschreitendes Fehlverhalten gibt, wird dieses von der Stadt klar benannt“, so Wysocki. „Wenn sich offizielle Vertreter mit Emblemen verbotener Vereine zeigen, ist das eine Entgleisung, die wir nicht akzeptieren. Mit Blick auf das IZH werden die Belege des Verfassungsschutzes nun umfassend zu analysieren sein.“
Grünen-Religionspolitiker Michael Gwosdz sagte, es sei seit Inkrafttreten der Verträge „mit dem IZH immer wieder zu Konfliktfällen gekommen, die für unsere Bemühungen, das Leben der Muslime in Hamburg auf eine gute partnerschaftliche Grundlage zu stellen, eine massive Belastung darstellen“. Deshalb sei es gut, dass der Verfassungsschutz seine Erkenntnisse so umfassend veröffentlicht habe.
Analyse der neuen Erkenntnisse
„Dies ermöglicht es allen Vertragspartnern das Verhalten des IZH zu analysieren und zu bewerten“, so Gwosdz. „Ich bin davon überzeugt, dass es auch innerhalb der muslimischen Religionsgemeinschaften eine intensive Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes geben wird.“
Die Innenbehörde wollte sich am Freitag auf Anfrage des Abendblatts nicht näher zu den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes äußern. In Kreisen der Sicherheitsbehörden ist davon die Rede, dass der Einfluss des iranischen Regimes auf das IZH bereits seit sehr langer Zeit offensichtlich und hinreichend belegt sei. Es sei aber in erster Linie eine politische Entscheidung, ob man den Staatsvertrag mit den muslimischen Gemeinden in seiner jetzigen Form beibehalten könne.
60 islamische Einrichtungen in der Schura
Befürworter des Staatsvertrages argumentieren, dass er nicht nur dem besseren Zusammenleben von Menschen verschiedener Religionen in Hamburg diene, sondern auch die Mehrheit der demokratischen Kräfte in der Schura stärke. Senatssprecher Christopher Harms betonte, dass die extremistischen Tendenzen gegenüber der Schura angesprochen würden. „Der Senat verdeutlicht dabei, dass er Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung und gegen die Völkerverständigung nicht duldet. Entsprechende Aktivitäten werden rechtlich konsequent verfolgt.“
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Harms wies auch darauf hin, dass sich in der Schura 60 islamische Gemeinden und Einrichtungen zusammengeschlossen haben und sie kein Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes ist. In der Vergangenheit war das IZH unter anderem wegen der Teilnahme am sogenannten Quds-Tag in die Kritik geraten. Bei der als israelfeindlich geltenden Veranstaltung in Berlin hatte der Verfassungsschutz jährlich auch größere Gruppen von Teilnehmern aus Hamburg registriert, darunter Funktionäre des IZH.
IZH weist alle Vorwürfe zurück
Das IZH selbst wies den neuen Bericht des Verfassungsschutzes in einer unter izhamburg.com veröffentlichten Erklärung als „unsachliche Meinungsäußerung mit unwahrem Tatsachenkern“ zurück. „Das IZH ist seit 1960 die theologische Vertretung der hohen schiitischen Lehrautorität und zu keinem Zeitpunkt, weder vor noch nach der Revolution, der ‚weisungsgebundene Außenposten des Teheraner Regimes‘ noch Repräsentant eines anderen Staates“, heißt es dort.
Die Schura zeigte sich am Freitag zunächst unbeeindruckt von der Diskussion. „Die Schura Hamburg steht fest auf dem Boden der deutschen Rechts- und Verfassungsordnung, dies ist für uns unverhandelbar und gilt auch für unsere Mitglieder, weil wir es von denen fordern“, sagte Schura-Sprecher und Vorstandsmitglied Mehdi Aroui dem Abendblatt.
Schura Hamburg glaubt an das IZH
„Das IZH hat als Gründungsmitglied alle Dokumente der Schura zu Verfassungswerten mit erarbeitet und getragen. Solange das so ist, gilt für uns das Wort des IZH, dass das IZH keine politische Vertretung Irans ist, sondern religiöse Vertretung der schiitischen Gelehrten.“