Hamburg. Die Holocaust-Überlebende ist in der Nacht zum Sonnabend gestorben. Politiker aus Hamburg und ganz Deutschland würden ihre Verdienste.

Trauer um Esther Bejarano: Die Holocaust-Überlebende ist in der Nacht zum Sonnabend im Israelitischen Krankenhaus in Hamburg gestorben. Familienkreise und Mitmusiker bestätigten dem Abendblatt am Sonnabend den Tod Bejaranos. Sie sei am frühen Morgen im Krankenhaus im Beisein von Freunden sanft eingeschlafen.

Auch Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, gab die Nachricht am Morgen auf Twitter bekannt. „Esther Bejarano hat Auschwitz überlebt, weil sie im Lager-Orchester Akkordeon spielte. Ihr Leben hat sie für Musik und für den Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus gewidmet. Heute Nacht ist sie im Alter von 97 Jahren gestorben. Baruch Dayan ha‘Emet“, schrieb Mendel auf Twitter.

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Mit dem Alter hat sich Mendel jedoch offenbar in seinem Tweet vertan. Esther Bejarano wurde am 15. Dezember 1924 geboren und wäre demzufolge erst Ende des Jahres 97 geworden.

Esther Bejarano ist tot: Holocaust-Überlebende gestorben

Die 1924 im damals französischen Saarlouis geborene Esther Bejarano überlebte als Mitglied des "Mädchenorchesters" das deutsche Vernichtungslager Auschwitz und konnte vor 75 Jahren auf dem Todesmarsch der Häftlinge des KZ-Ravensbrück der SS entkommen. Sie wohnte zuletzt in ihrer Wahlheimat Hamburg.

Lesen Sie auch unser Porträt über Esther Bejarano: Ein Leben gegen das Vergessen und Rassismus

Esther Bejarano wuchs wohlbehütet mit ihren drei Geschwistern in Saarlouis und später in Saarbrücken auf. Ihr Vater war Kantor in der jüdischen Gemeinde und führte sie an die Musik heran. Als 1935 das Saarland wieder an das Deutsche Reich angegliedert wurde, verschlechterte sich die Lage für Juden erheblich. Bejarano schaffte es nicht mehr, nach Palästina auszuwandern, ihre Eltern wurden bereits 1941 von den Nazis in Litauen umgebracht. Die junge Frau musste in einem Lager Zwangsarbeit leisten, bevor sie Anfang 1943 ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert wurde. "Ich bekam die Nummer 41948. Namen wurden abgeschafft, wir waren nur noch Nummern", schreibt Bejarano in ihrer Autobiografie.

Esther Bejarano: Mahnerin vor politischem Extremismus

Noch im vergangenen Jahr hatte Esther Bejarano auf der Bühne gestanden. Sie hat nicht nur durch ihre Biografie und den unmittelbaren Kontakt mit der Mordmaschinerie der Nazis eine Stellenwert als Mahnerin vor politischem Extremismus. Esther Bejarano schaffte es immer wieder, in besonnenen Worten auf undemokratische Tendenzen in der Gesellschaft hinzuweisen.

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Gemeinsam mit ihrer Band trat Bejarano auch vor Schulklassen auf, was ihr immer besonders am Herzen lag: "Ich sage immer: Ihr seid nicht schuld an dieser schrecklichen Zeit, aber ihr macht euch schuldig, wenn ihr nichts über die Geschichte wissen wollt."

Trauer: Esther Bejarano stirbt mit 96 Jahren in Hamburg

In der Musik, die sie schicksalshafterweise in das Mädchenorchester des Konzentrationslagers Auschwitz geführt hatte, kannte sie keine Grenzen. Sie trat auch mit der Microphone Mafia auf, einer Rapper-Truppe. Eines ihrer biografischen Bücher hieß Erinnerungen. Vom Mädchenorchester in Auschwitz zur Rap-Band gegen rechts.

Esther Bejarano war Ehrenvorsitzende des VVN-BdA, Vorsitzende des Deutschen Auschwitz-Komitees und noch im hohen Alter Sängerin der Hip-Hop-Band Microphone Mafia. Ende 2019 verlieh der Hamburger Senat Bejarano die Ehrendenkmünze in Gold, die zweithöchste Auszeichnung der Stadt nach der Ehrenbürgerwürde.

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Der frühere Hamburger SPD-Chef Mathias Petersen geht nach dem Tod von Esther Bejarano hart mit seiner SPD ins Gericht. „ Es ist eine Schande, dass wir, die Hamburger Sozialdemokratie, es nicht über das Herz gebracht haben, Esther Bejarano zur Ehrenbürgerin Hamburgs zu machen. Ihr unermüdlicher Einsatz gegen Faschismus und für ein freiheitliches Miteinander hätten diese Ehre schon lange verdient gehabt“, so Petersen, der seit 1997 Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft ist.

Hamburger Politiker würdigen KZ-Überlebende Esther Bejarano

Viele Menschen bekunden am Sonnabend unter anderem auf Twitter ihre Anteilnahme und Trauer, darunter auch Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD) sowie zahlreiche Hamburger Politikerinnen und Politiker und Persönlichkeiten. Dabei hoben sie vor allem ihren unermüdlichen Einsatz gegen Antisemitismus und Rassismus hervor. „Mit dem Tod von Esther Bejarano verliert Hamburg eine außergewöhnliche Bürgerin, die sich bis ins hohe Alter für das Gemeinwohl engagierte“, sagte Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) laut Mitteilung.

Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne): "Hamburg und Deutschland hat einen ganz besonderen Menschen verloren. Darüber bin ich sehr traurig. Esther Bejarano hat wie kaum jemand an die Gräuel der NS-Verbrechen erinnert und jahrzehntelang Menschen aller Altersgruppen für dieses Thema wachgerüttelt. Für alle Nachgeborenen enden mit dem Tod der Zeitzeugen auch die persönlichen Erinnerungen an die Verbrechen der Nazidiktatur und der Shoah. Wir alle werden sie schmerzlich vermissen. Ihre unerschütterliche Stimme gegen Rassismus und Antisemitismus werden wir schmerzlich vermissen. Ich denke in dieser schweren Stunde heute besonders an ihre Familie und ihre Angehörigen. Möge die Erinnerung an sie ein Segen sein."

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Hamburgs Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit würdigte Bejarano als „eine bewundernswerte, beeindruckende Persönlichkeit mit einer starken klaren Haltung“. Sie habe sich niemals den Mut nehmen lassen, mit der Macht der Worte und der Musik gegen Unterdrückung und Diktatur anzugehen. „Ihre Botschaften gegen das Vergessen und für den Frieden werden bleiben, sie sind eine immerwährende Aufgabe, der wir uns voller Überzeugung gemeinsam stellen.“

Die Linken-Fraktion der Hamburgischen Bürgerschaft bezeichnete Bejarano als „eine unermüdliche Kämpferin gegen Faschismus, Rassismus und Antisemitismus“. „Sie hat uns über viele Jahre inspiriert, angespornt und ermutigt - ob es darum ging, Nazis auf der Straße entgegenzutreten, die Aufklärung der NSU-Morde einzufordern oder im Parlament für antifaschistische Politik zu streiten“, sagte Fraktionsvorsitzende Sabine Boeddinghaus. Das Andenken an sie sei für die Partei mit einem klaren Auftrag verbunden: „Niemals aufgeben im Kampf gegen den Faschismus!“.

"Wichtige Stimme im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus"

Auch Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) äußert sich auf Twitter zum Tode Bejaranos: "Es gibt so vieles, für das ich Esther Bejarano dankbar bin und so vieles, das bleibt. Darunter die Aufgabe immer klar zu sein, den antifaschistischen Grundkonsens zu stärken, Widerstand gegen rechts zu leisten und die liberale Demokratie aktiv zu gestalten".

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Außenminister Heiko Maas würdigte Bejarano auf Twitter als „wichtige Stimme im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus“. In seinem Post schrieb er weiter: „Die wundervolle Ester Bejarano überzeugte mit ihrer Lebenskraft und unglaublichen Geschichte. Ihre Stimme wird uns fehlen“.