Hamburg. Hamburgs Ärztekammerpräsident Pedram Emami sagt: Es kommt auf die Empfehlung der Impfkommission an. Doch diese zögert.

Sollen jetzt auch Kinder ab zwölf Jahren gegen das Coronavirus geimpft werden? Zwischen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Kinderärzten und Impfexperten hat sich darüber ein heftiger Disput entwickelt. Während Spahn es vorzieht, die Kinder in den Sommerferien mit dem Vakzin von Biontech/Pfizer zu immunisieren, wollen die Ärzte Studienergebnisse abwarten.

Viele Eltern sind verunsichert – auch, weil der Impfstoff nach wie vor knapp ist und aus dem Kontingent der Hausärzte entnommen werden müsste.

Hamburgs Ärztekammerpräsident Dr. Pedram Emami sagte dem Abendblatt: „Das ist eine medizinische, keine politische Entscheidung.“ Emami ist grundsätzlich fürs Impfen, aber: „Die politische Forderung einer Schulöffnung ist doch keine Indikation zum Impfen! Dass wir die Schulen offen halten wollen, da sind wir uns alle einig. Dass wir die Kinder schützen wollen, darüber gibt es auch keine zwei Meinungen. Bei der Umsetzung sollte die Politik den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko) folgen.“

Kinder-Impung mit Biontech? Stiko zögert mit Empfehlung

Am Freitag will die Europäische Arzneimittelagentur über die Zulassung von Biontech für Kinder entscheiden. Die Stiko ist noch unsicher, ob und welche Empfehlung sie abgibt. Minister Spahn würde auch ohne Expertenrat eine Kinder-Impfung empfehlen. Das sollten Eltern mit den Kinderärzten individuell klären, so Spahn bei RTL.

Diese Corona-Impfstoffe sind in Deutschland zugelassen

  • Biontech/Pfizer: Der erste weltweit zugelassene Impfstoff gegen das Coronavirus wurde maßgeblich in Deutschland entwickelt. Der mRNA-Impfstoff, der unter dem Namen Comirnaty vertrieben wird, entwickelt den vollen Impfschutz nach zwei Dosen und ist für Menschen ab zwölf Jahren zugelassen. Laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat er eine Wirksamkeit von etwa 90 Prozent – das heißt, die Wahrscheinlichkeit, schwer an Covid-19 zu erkranken, sinkt bei Geimpften um den genannten Wert. Ebenfalls von Biontech stammt der erste für Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren zugelassene Impfstoff in Deutschland.
  • Astrazeneca: Der Vektorimpfstoff des britischen Pharmaunternehmens wird unter dem Namen Vaxzevria vertrieben. Aufgrund von seltenen schweren Nebenwirkungen empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko), den Impfstoff nur für Patienten zu verwenden, die älter als 60 Jahre sind. Offiziell zugelassen ist der Impfstoff aber für Menschen ab 18 Jahren. Vaxzevria weist laut BMG nach zwei Impfdosen eine Wirksamkeit von bis zu 90 Prozent in Bezug auf schwere Erkrankungen auf.
  • Moderna: Der von dem US-Unternehmen entwickelte mRNA-Impfstoff mit dem Vertriebsnamen Spikevax ist für alle ab 12 Jahren zugelassen, die Stiko empfiehlt aufgrund eines erhöhten Risikos schwerer Nebenwirkungen aber, ihn auf die Altersgruppe der über 30-Jährigen zu beschränken. Der Moderna-Impfstoff hat laut BMG eine Wirksamkeit von bis zu 90 Prozent in Bezug auf schwere Erkrankungen, wenn der volle Impfschutz nach zwei Impfdosen erreicht worden ist.
  • Johnson&Johnson: Das US-Unternehmen hat einen Vektorimpfstoff entwickelt, der bereits nach einer Impfdosis Schutz vor dem Coronavirus entwickelt. Er wird unter dem Namen Covid-19 Vaccine Janssen vertrieben. Das Präparat hat laut BMG eine Wirksamkeit von bis zu 70 Prozent bezogen auf schwere Erkrankungen – zudem ist die Zahl der Impfdurchbrüche im Vergleich zu den anderen Impfstoffen erhöht, daher empfiehlt die Stiko für mit Johnson&Johnson Geimpfte schon nach vier Wochen eine zusätzliche Impfdosis mit Comirnaty oder Spikevax, um den vollständigen Impfschutz zu gewährleisten.
  • Novavax: Das US-Unternehmen hat den Impfstoff Nuvaxovid entwickelt. der mitunter zu den sogenannten Totimpfstoffen gezählt wird. Er enthält das Spike-Protein des Covid-19-Erregers Sars-CoV-2. Dabei handelt es sich aber genau genommen nicht um abgetötete Virusbestandteile, die direkt aus dem Coronavirus gewonnen werden. Das Protein wird stattdessen künstlich hergestellt. Das menschliche Immunsystem bildet nach der Impfung Antikörper gegen das Protein. Der Impfstoff wird vermutlich ab Ende Februar in Deutschland eingesetzt und soll laut BMG in bis zu 90 Prozent der Fälle vor Erkrankung schützen.
  • Weitere Impfstoffe sind in der Entwicklung: Weltweit befinden sich diverse Vakzine in verschiedenen Phasen der Zulassung. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA prüft derzeit das umstrittene russische Präparat Sputnik V sowie die Impfstoffe der Hersteller Sinovac, Sanofi und Valneva. Der deutsche Hersteller CureVac hat seinen Impfstoff vorerst aus dem Zulassungsverfahren zurückgezogen.

Der Verband der Kinder- und Jugendärzte lehnt eine Impfung ab, wenn es keine Empfehlung der Stiko gibt. Und: Auch Kinder, die nicht geimpft sind, müssen sowohl zur Schule gehen können als auch alle Rechte geimpfter Kinder haben.

Zwei von drei Deutschen glauben nicht, dass es bis zum Ende der Sommerferien für Schüler ein Impfangebot gibt, wie eine YouGov-Umfrage ergab. Heute wollen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten darüber auf einem Impf-Gipfel beraten.

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