Hamburg. Senat will bei Straßennamen die Frauenquote erhöhen. Wenn eine Namensgeberin nachträglich in Ungnade fällt, kommt ein Mann zum Zuge.
Der Anteil weiblicher Straßennamen in Hamburg ist in den vergangenen fünf Jahren von 14,3 auf 17,3 Prozent gewachsen. Im Jahr 2020 seien 2540 Straßen und Plätze nach Männern und 440 nach Frauen benannt gewesen, teilte der Senat auf eine Kleine Anfrage der grünen Bürgerschaftsabgeordneten Lisa Kern und René Gögge mit.
2015 trugen in Hamburg 2500 Verkehrsflächen männliche Namen, 357 weibliche. Es sei das grundsätzliche Ziel, mehr Straßen, Plätze und Brücken nach Frauen zu benennen, erklärte der rot-grüne Senat. Etwa ein Drittel aller benannten Verkehrsflächen sind Personen gewidmet.
Namensgeberinnen dürfen nicht NS-belastet sein
Zwischen 2015 und 2020 bekamen in Hamburg 302 neue Straßen einen Namen, 27 Straßen wurden umbenannt. Das Ziel, verdiente Frauen zu ehren, steht dabei in Konkurrenz zu anderen Kriterien. Die Namensgeberinnen und -geber sollen nach Angaben des Senats nicht NS-belastet sein und auch in der Kolonialzeit nach heutigem Verständnis moralisch korrekt gehandelt haben.
Im Bezirk Bergedorf führte das 2016 zu einem Problem. Auf Vorschlag des Bezirks wurde eine Straße nach der örtlichen Landwirtin Irmgard Pietsch (1913-1992) benannt. Wenig später stellte sich heraus, dass die Namensgeberin 1937 in die NSDAP eingetreten war. Dass sie nach dem Krieg den Deutschen Landfrauenverband mitgegründet und 1990 noch einen Bundesverdienstorden bekommen hatte, fiel nicht ins Gewicht.
Elbpromenade soll nach Jan Fedder benannt werden
Noch im selben Jahr wurde die Straße in Fritz-Bringmann-Ring umbenannt. Bringmann (1918-2011) war Klempner, Kommunist und als Widerstandskämpfer im KZ-Neuengamme inhaftiert. Nach dem Krieg engagierte er sich in der später verbotenen KPD.
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In diesem Jahr gab es noch keine Straßentaufe. Allerdings soll demnächst die Elbpromenade am Hafen nach dem Schauspieler Jan Fedder (1955-2019) benannt werden. Damit würde die Zahl der männlichen Namensgeber erneut steigen - allerdings auf ausdrücklichen Wunsch einer Frau, nämlich den von Fedders Witwe Marion, wie der Sprecher der Kulturbehörde Enno Isermann sagte.