Hamburg. Ein kleiner Park wurde erst vor zweieinhalb Jahren für 660.000 Euro extravagant umgestaltet. Nun soll alles wieder von vorne losgehen.

Eine der unglaublichsten Possen im Hamburger Westen geht in die nächste Runde. Nachdem eine namenlose Wildnis nördlich vom Hemmingstedter Weg im Spätsommer 2018 für rund 660.000 Euro aufwendig hergerichtet worden war, verlangen Altonas Bezirkspolitiker nun eine erneute Umgestaltung. Das bisherige Design der Anlage wird als Fehlinvestition, Unfug und auch schlicht „totaler Mist“ bezeichnet.

Rückblick: Vor nicht einmal zweieinhalb Jahren schien die Welt vor Ort noch in Ordnung. Nach einer langen Planungsphase mit viel Bürgerbeteiligung und einem aufwendigen Umbau, in dessen Verlauf die Grünfläche zeitweise komplett gesperrt war, präsentierte sich der Mini-Park neben der Internationalen Schule, wie berichtet, in neuer Anmutung:

Quietschgrüne, futuristische Möbelgruppen

Frische Wege waren in der Grünzone angelegt, Böschungen befestigt, neue Verbindungen geschaffen. Als Highlight wurden die quietschgrünen, futuristischen Möbelgruppen vorgestellt, die man an verschiedenen Stellen installiert hatte. Daneben schlängeln sich aus toten Ästen gebildete sogenannte Benjeshecken durchs Unterholz, deren Einfassungspflöcke ebenfalls quietschgrün gestrichen waren. Dass die schrille Farbe – offizielle Bezeichnung „Lemongrün“ – einen besonderen farblichen Akzent im Dunkelgrün des kleinen Parks setzen würde, konnten sich damals viele Spaziergänger und Anwohner vorstellen.

Doch von der anfänglichen Zustimmung ist nichts geblieben. Die Möbel werden so gut wie nie genutzt und von vielen auch gar nicht wirklich als solche wahrgenommen. Die Kunststoff-Objekte, die offenbar stilisierte Tische und Hocker darstellen sollen, wurden in so großem Abstand zueinander aufgestellt, dass man sie gar nicht sinnvoll nutzen kann. Außerdem sind sie extrem unbequem.

Grünanlage so natürlich wie möglich belassen

Auch eine Grundidee erwies sich erst nach der Umgestaltung als hoch problematisch, wie sich jetzt zeigt: Von Anfang an gehörte es nämlich zum Konzept, die Grünanlage so natürlich wie möglich zu belassen. Gezielt sollte das Unterholz auch weiterhin relativ wild wachsen – und das tat und tut es auch nach wie vor.

Überall wuchern Bäumchen und Büsche, und die kleinen Wege, die sich in einem unübersichtlichen Gewirr durch den Mini-Wald schlängeln, sind zwar mit Schottersteinen belegt, gleichen aber eher Trampelpfaden. Da gleich daneben ein befestigter, gerader Weg vom Hemmingstedter Weg bis zur Kleingartenanlage Pütkuhl führt, werden sie auch nur von sehr wenigen Spaziergängern genutzt.

Benjeshecken sehen aus wie Ablageplätze für Gartenabfälle

Als Folge hat sich die Natur längst zurückgeholt, was ihr bei der Umgestaltung der Anlage zuvor abgeknapst worden war. Die sinnlosen Möbel stehen im Sommer im tiefsten Schatten in anderthalb Meter hohen Brennnesseln. Auf den Flächen der „Tische“ sammelt sich wochenlang das Regenwasser, einige sind mittlerweile von einer grünen Schicht überzogen und rissig. Die Benjeshecken sehen aus wie Ablageplätze für Gartenabfälle, und die sie begrenzenden Pfähle leuchten mittlerweile eher in tristem Grau als lustigem Lemongrün.

Schäden, die nicht auf natürliche Prozesse zurückgehen, verursachten Randalierer vor Ort, die an den Plastikobjekten in der grünen Wildnis ihre Langeweile ausließen: Einige sind bereits abgerissen und verschwunden, andere wurden verbrannt oder angekokelt.

Bürgerbeschwerden und Kritik

„Grundsätzlich ist es ja zu begrüßen, dass mit dieser Grünfläche etwas geschehen ist“, sagt der CDU-Politiker Jonas Timm. „Aber die Umsetzung war zum einen viel zu extravagant, zum anderen fühlte sich danach niemand mehr für die Anlage zuständig.“ Auch Lars Andersen (Grüne) sieht de Initiative im Kern positiv, bezeichnet die Art der Möblierung aber als „Schuss in den Ofen“. „Es ist ein Wahnsinn“, sagt die FDP-Fraktionschefin Katarina Blume, „schneller kann man Steuergelder gar nicht verbrennen. Was hätte man mit diesem Geld alles machen können.“

Altonas Bezirkspolitiker haben jetzt genug von Bürgerbeschwerden und Kritik, aber auch von unverhohlener Häme. Da der Grünausschuss eine Aufwertung des benachbarten Ziegeleiteichs (inklusive der Reparatur einer seit Jahren kaputten Brücke) ohnehin auf der Agenda hatte, wurde das Möbel-Thema gleich mitergänzt.

Bei der kleinen Wildnis geht alles wieder von vorne los

In einem entsprechenden Antrag, der jetzt auch von der Bezirksversammlung verabschiedet wurde, wird das Bezirksamt aufgefordert, dem Grünausschuss bis zur Sommerpause „Ausstattungsalternativen für die abgängige Möblierung vorzustellen“. Im Klartext: Bei der kleinen Wildnis geht nun alles wieder von vorne los.

Pikant: Einige Politiker hatten in der Bezirksversammlung einst selbst für die Umgestaltung gestimmt, die sie jetzt so vehement ablehnen, darunter auch FDP-Frau Blume. „Uns wurde damals Computeranimationen vom Bezirksamt gezeigt, auf denen das alles ganz prima aussah“, sagt Blume heute dazu.

Es habe eine Menge Nachfragen gegeben, aber die Bedenken seien zerstreut worden. Auch sei die Unbrauchbarkeit der Möbel vorab nie deutlich geworden. Blumes Erkenntnis: „Viele von uns waren damals einfach nur froh, dass diese desolate Grünanlage endlich mal aufgewertet werden sollte.“