Hamburg. Anna-Theresa Korbutt ist die neue Geschäftsführerin des HVV – bei der Deutschen Bahn sah sie keine Karrierechancen mehr.

Die Elbphilharmonie, das Rathaus und die Außenalster hat Anna-Theresa Korbutt von ihrem neuen Arbeitsplatz im Blick. Die Stadt liegt der 41-Jährigen hier in der 13. Etage in der Zentrale des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) am Steindamm buchstäblich zu Füßen. Seit dem 1. April ist Korbutt die neue Geschäftsführerin der Verbundgesellschaft, die 90 Mitarbeiter hat und der 25 Verkehrsunternehmen angehören, und folgt auf Lutz Aigner.

Zu ihrem ersten Interview in der Hansestadt bittet Korbutt an den Besprechungstisch in ihrem Büro. „Hamburg ist eine sehr attraktive Stadt. Ich freue mich darauf, bald mit meiner Familie hier zu leben und vor allem mit dem HVV viel bewegen und entwickeln zu dürfen.“ Noch lebt die neue HVV-Chefin, die eine Doppelspitze gemeinsam mit Dietrich Hartmann bildet, in Wien und steigt in Hamburg im Hotel ab.

Korbutt war auch für die Deutsche Bahn tätig

In der österreichischen Hauptstadt war sie für die ÖBB (Österreichische Bundesbahnen) Personenverkehr als Leiterin für die Unternehmensentwicklung und danach für die ÖBB Holding AG als Leiterin Konzernstrategie verantwortlich, zuletzt war die gebürtige Danzigerin die Geschäftsführerin der ÖBB-Tochter Q Logistics. Das auf Stückgut spezialisierte Unternehmen mit rund 1250 Mitarbeitern wurde dann, dafür war Korbutt verantwortlich, im Herbst 2019 an die börsennotierte Mutares verkauft.

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Zuvor hatte sie in der Schweiz als Leiterin strategische Angebotsentwicklung bei der BLS AG – auch ein Verkehrsunternehmen – in Bern gearbeitet. Davor war Korbutt seit 2006 für die Deutsche Bahn tätig und unter anderem als Leiterin Produktmanagement für die Bahn Card und das BahnBonus-Programm verantwortlich.

Von der Deutschen Bahn in die Schweiz

„Ich habe bei der Deutschen Bahn ziemlich schnell Karriere gemacht. Aber ich habe irgendwann gemerkt, dass ich dort nicht weiterkomme. Das Unternehmen war nach wie vor von Männern dominiert. Schließlich habe ich mich entschieden, die DB zu verlassen, und bin dann in die Schweiz gegangen“, erzählt Korbutt.

Aber nicht nur beruflich läuft es. Auch eine Familie hat Korbutt gegründet. Vor vier Jahren wurde Tochter Louna geboren und schließlich vor sechseinhalb Monaten die zweite Tochter Laeticia. „Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen ist für mich kein Stress. Organisation und helfende Hände gehen da über alles. Ich habe großartige Eltern, die mich unterstützen und jetzt auch mit von Wien nach Hamburg ziehen.“

Zum Vorstellungsgespräch beim HVV mit der Tochter

Natürlich wird sie auch ihr Mann Florian begleiten, der in der Speditionsbranche arbeitet. Für die Powerfrau ist es selbstverständlich, dass sie ihre Kinder mal mit ins Büro bringt und ihre kleine Tochter während einer Videokonferenz stillt. Als sie sich auf den Posten beworben hatte, da war beim Vorstellungsgespräch mit Staatsrat Martin Bill (Grüne) in der Verkehrsbehörde auch die damals drei Wochen alte Laeticia dabei. Besonders gefreut habe es sie, dass das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei der Behörde einen sehr hohen Stellenwert habe und kein Hindernis darstelle.

Korbutt ist bei dem Abendblatt-Gespräch ganz in Schwarz gekleidet, hat eine sportliche Figur. Aufgewachsen in Paderborn, hat sie mit 16 Jahren mit dem Profitanzen begonnen. Das Betriebswirtschaftsstudium hat Korbutt zwar in Paderborn absolviert und danach noch einen Master-Abschluss in International Economics drangehängt, „aber eigentlich war ich meistens in Moskau und Italien, weil ich dort trainiert habe, oder war auf Reisen wegen der Turniere.“ Doch das Studium hat sie dann so „nebenbei“ erfolgreich absolviert und als Diplom-Kauffrau abgeschlossen.

Ein Familienritual bei der HVV-Chefin: "Let's Dance" schauen

Erfolgreich lief es auch beim Tanzen, so war Korbutt unter anderem Schweizer Meisterin. Bis 2014 tanzte sie parallel zu ihrem Job weiter, dann war Schluss. „Ich hätte auch einen anderen Weg einschlagen können. Dann wäre ich jetzt vielleicht auf RTL bei ,Let’s Dance‘ mit dabei“, sagt sie mit einem Zwinkern. „Ich kenne einige Profis, die dort tanzen.“ Bei dem erfolgreichen TV-Format wirbelt schon seit 2006 jeweils ein Prominenter mit einem Profi auf dem Parkett – in diesem Jahr war auch der Hamburger Ex-„Tagesschau“-Chefsprecher Jan Hofer dabei.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Für Korbutt und ihre Familie ist es ein Ritual, sich gemeinsam Let’s Dance anzuschauen. Nur der Ort ändert sich. Von August an finden die Fernsehabende nicht mehr in Wien, sondern in Stellingen statt. Dort hat Korbutt ein Haus gefunden, in das, nachdem noch einiges umgestaltet wurde, die drei Generationen einziehen werden.

Bus- und Bahnnetz deutlich ausbauen

Und dann hofft sie, dass „ich meine Mitarbeiter und alle Mitstreiter auch wieder im Büro treffen kann und nicht bedingt durch Corona die meisten in Videokonferenzen kennenlernen muss“. Wenn Korbutt von ihrem Arbeitgeber spricht, dann strahlt sie. „Der HVV hat einen exzellenten Ruf in der Branche und setzt sich mit voller Kraft für die Mobilitätswende ein. Wir haben für die Zukunft viel vor, dazu gehört unter anderem die Umsetzung des Hamburg-Taktes.“

Der Plan ist, dass das Bus- und Bahnnetz deutlich ausgebaut und weitere Angebote geschaffen werden sollen. Sich selbst bezeichnet Korbutt im Abendblatt-Gespräch als ehrgeizig und dynamisch. Die neue HVV-Chefin setzt auf Teamwork. „Wir können nur gemeinsam erfolgreich sein. Und wir müssen die Stärken von jedem einzelnen Mitarbeiter fördern.“

Übrigens hat Korbutt noch ein interessantes Hobby: In ihrer Freizeit vertreibt die Diplom-Kauffrau hochwertige Secondhand-Babymode und möchte so ihren Beitrag zu Nachhaltigkeit leisten. Eines ist sicher. Langeweile kennt Anna-Theresa Korbutt nicht.