Hamburg. Albena A. muss wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung sieben Jahre ins Gefängnis. Wie sie acht Lkw-Fahrer abzockte.
Es war ein böses Erwachen. Wenn die Männer nach langem Schlaf, fast so tief wie eine Bewusstlosigkeit, wieder zu sich kamen, waren sie ohne Wertsachen, ohne Papiere, ohne Erinnerung — und oft auch ohne Kleidung. Sie waren zu Opfern geworden — perfide ausgenutzt und abgezockt von einer Frau, die ihnen Gesellschaft und manchmal wohl auch Sex versprochen hatte. Die die Männer aber dann heimlich betäubte und ihnen alles raubte, was irgendwie von Wert schien.
Sieben Jahre Haft lautet jetzt das Urteil für Albena A. im Prozess vor dem Landgericht wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung. Vom Sommer 2018 bis zum Dezember vergangenen Jahres hatte die 56-Jährige überwiegend an Rastplätzen ihre Opfer gefunden.
Albena A. bot den Truckern Gesellschaft und Sex an
Es waren letztlich acht Lkw-Fahrer, denen sich die aus Bulgarien stammende Frau genähert hatte. Sie trat an das Führerhaus des jeweiligen Mannes, erzählte davon, dass sie friere, dass sie Hunger habe oder dass sie ihnen Gesellschaft anbieten wolle, wohl auch Sex. Wenn der Brummifahrer sie dann in seinen Lkw einlud, wenn sie gemeinsam Bier, Fanta-Whisky oder Wodka tranken, mischte Albena A. den Männern heimlich eine zerkleinerte Tablette Diazepam ins Getränk. Das starke Beruhigungsmittel knockte die Fahrer gleichsam aus.
Während die Opfer in einen tiefen Schlaf fielen, raubte ihr Gast ihnen Handys, Personalpapiere und Geld. Ein Mann wurde auf diese Weise beispielsweise 100 Euro und seine beiden Smartphones los, andere ihre Geldbörsen nebst Führerschein und Personalausweis, ein weiteres Opfer 3300 Euro und ein Tablet.
Angeklagte muss in Entziehungsanstalt
„Sie haben die Männer in hilfloser Lage zurückgelassen“, sagt der Vorsitzende Richter während der Urteilsbegründung an die Adresse der Angeklagten. „Ohne Handy konnten sie keine Hilfe rufen, sie hatten keine Papiere.“ Albena A. habe sich in die Fahrerkabinen begeben und damit gewissermaßen in das mobile Zuhause ihrer Opfer. „Sie haben das Vertrauen ausgenutzt, das Ihnen entgegengebracht wurde.“
Zusammen mit der Freiheitsstrafe von sieben Jahren ordnete die Kammer die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt an. Die 56-Jährige ist seit ihrer frühesten Jugend alkoholabhängig, konsumierte darüber hinaus Drogen, unter anderem Cannabis und Kokain. Ihr Verteidiger sagt im Anschluss an den Prozess, seine Mandantin sei sehr froh, dass das Gericht auch eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt festgelegt habe. Schon während der Urteilsbegründung hat Albena A., eine zierliche, grauhaarige Frau, immer wieder zustimmend genickt, als sei sie ganz auf der Linie des Gerichts.
Ein Opfer kam auf die Intensivstation
Die Angeklagte hatte die Verbrechen von Beginn an gestanden. Im Prozess kam ihre trostlose Kindheit zur Sprache, ihre Alkoholabhängigkeit, sie war zeitweise obdachlos und prostituierte sich. In jenen zweieinhalb Jahren, in denen sie die Taten beging, sei Albena A. in „einer ganz elenden Lebenssituation gewesen“, fasst der Vorsitzende Richter zusammen. Die Taten seien allerdings wirklich schwerwiegend gewesen.
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Das Diazapam habe die 56-Jährige als Ko-Mittel eingesetzt. Wenn die Opfer am nächsten Morgen wach wurden, fühlten sie sich matt und krank, es fehlte ihnen die Erinnerung an das Geschehen, sie konnten wegen der starken Nachwirkung des heimlich verabreichten Medikaments nicht Auto fahren und mussten Kollegen bitten, ihre Tour zu übernehmen. Ein Mann bekam die Wirkung des Beruhigungsmittels besonders heftig zu spüren. In diesem Fall hatte Albena A. ihm nicht Diazepam, sondern heimlich das sehr viel stärker wirkende Clonazepam verabreicht. Als der Brummifahrer am nächsten Morgen zu sich kam, fuhr er auf die Autobahn — in Schlangenlinien. Besorgte Verkehrsteilnehmer alarmierten die Polizei.
Angeklagte bedauert ihre Taten
Der Mann kam in eine Klinik, wo er drei Tage versorgt wurde, erst in der Notaufnahme, dann auf der Intensivstation. Weil es ihm unangenehm war zu erzählen, dass er eine Frau zu sich in sein Fahrzeug genommen hatte, hatte der Mann im Krankenhaus behauptet, es habe ihm jemand Gas in seine Führerkabine geleitet.
Ausdrücklich bedauere sie, hatte die Angeklagte gesagt, dass eines der Opfer durch das starke Beruhigungsmittel so krank wurde, dass er in die Klinik musste. „Das war niemals von mir gewollt“, beteuert die 56-Jährige. „Das tut mir wirklich leid.“