Hamburg. Die Angeklagte Albena A. soll den Lkw-Fahrern heimlich starke Schlafmittel gegeben und Geld, Kreditkarten und Computer gestohlen haben.
Sie gab vor, Hunger zu haben. Sie
sagte, dass sie friert. Oder sie täuschte Bedürfnisse vor, nach
Trinken, nach Schutz. Sie bot ihre Gesellschaft an. Immer wieder
gaukelte Albena A. vor, sie brauche Hilfe oder könne etwas bieten.
Doch wenn sie an Tankstellen oder auf Parkplätzen Lkw-Fahrer
ansprach und deren Gesellschaft suchte, ging es der Frau in
Wahrheit nur um Abzocke.
Ihr mieser Trick: Sie mischte den
ahnungslosen Männern ein Schlafmittel oder starkes
Beruhigungsmittel in die Getränke. Und wenn die Opfer fest
schliefen, raubte sie sie aus. Jetzt, rund sechs Monate nach dem
letzten Verbrechen aus einer rund zwei Jahre andauernden Serie,
muss sich Albena A. vor dem Landgericht verantworten.
Die
Staatsanwaltschaft wirft der 55-Jährigen unter anderem schweren
Raub und gefährliche Körperverletzung vor. Und schon gleich zu
Beginn des Prozesses räumt die grauhaarige, zierliche Angeklagte
ein: Ja, ich war es. Ich habe die Taten begangen.
Heimlich Männer abgezockt
Achtmal zockte
sie demnach heimlich die Männer ab. Da war etwa der
Berufskraftfahrer, der am 25. Oktober 2018 seinen Lastzug an einem
Busbahnhof parkte. Albena A. sprach ihn an, so heißt es in der
Anklage, und sagte, sie sei hungrig. Er bot daraufhin an, sie mit
zu sich nach Hause zu nehmen und für beide zu kochen. Er versorgte
sie mit Essen und Trinken — und bemerkte nicht, dass sein
weiblicher Gast ihm heimlich Diazepam ins Getränk mischte. Nach
einem tiefen, festen Schlaf erwachte er erst am nächsten Morgen,
hatte einen Filmriss — und eine Verletzung, weil er hingestürzt
war. Kurz danach bemerkt er, dass sein Smartphone und der
Hausschlüssel fehlten.
Schlafmittel in den Wodka gemischt
Ein anderes Mal, Anfang September
vergangenen Jahres, klopfte Albena A. an die Tür eines am
Georgswerder Damm abgestellten Lkw, woraufhin der Fahrer sie in
seinen Brummi ließ. Dort sah er mit ihr gemeinsam fern — und trank
den heimlich von ihr mit einem Schlafmittel präparierten Wodka. Als
er derartig ausgeknockt war, raubte sie ihm unter anderem 100 Euro
Bargeld, 250 polnische Zloty und das Handy.
Bei einem anderen Opfer
erbeutete sie auf ähnliche Weise 3300 Euro und ein Tablet, bei
einem weiteren Mann wiederum 600 Euro und die Kreditkarte. Einen
Brummifahrer überredete Albena A., für sie einkaufen zu gehen.
Später bereitete sie ihm ein heimlich mit Schlafmittel
angereichertes Getränk und entwendete 1500 Euro.
Ein Opfer fuhr am Morgen nach der Tat Schlangenlinien
Dass ihnen ihre
Wertsachen abhanden gekommen waren, bemerkten die Männer in der
Regel erst, nachdem sie über viele Stunden unfreiwillig weggetreten
waren. Zumindest einmal hat Albena A. eine hoch gefährliche
Dosierung gewählt: Eines der Opfer fiel am Morgen nach der Tat auf,
weil er Schlangenlinien fuhr. Er hatte durch das insgeheim
verabreichte Schlafmittel eine derartig schwere Intoxikation
erlitten, dass er zwei Tage in einer Klinik behandelt werden
musste, einen Teil der Zeit sogar auf der Intensivstation.
Angespannt wirkt die aus Bulgarien stammende Angeklagte. „Nicht
fotografieren“, sagt sie immer wieder, während Reporter vor
Prozessbeginn Bilder von ihr machen, hält sich Papiere vors Gesicht
und versucht, sich weg zu ducken. „Ich kann nicht reden“, stammelt
sie später. „Mein Kopf, alles kaputt.“ Dabei bleibt offen, ob damit
eine mögliche Suchtproblematik mit Alkohol oder Drogen oder eine
andere Beeinträchtigung gemeint ist.
Psychiatrischer Sachverständiger muss gehört werden
Dazu wird später im Prozess
eine psychiatrische Sachverständige gehört werden. Auf die Spur der
55-jährigen Angeklagten ist die Polizei gekommen, weil aufgrund
früherer Ermittlungen im Zusammenhang mit anderen Taten ihr Bild in
einer polizeilichen Ermittlerkartei gespeichert war und eines der
Opfer die Frau auf dem Foto erkannte. Außerdem lagen ihre
Fingerabdrücke vor, und es gab eine DNA-Probe. Als bei den
aktuellen Fällen Genmaterial gesichert wurde, kam es immer wieder
zu Treffern — insgesamt achtmal.
Albena A. räumt die Taten ein
Über ihren Verteidiger räumt
Albena A. die Vorwürfe ein. Sie gebe zu, die Männer aufgesucht, mit
ihnen Speisen und Getränke konsumiert und jeweils etwas davon
heimlich mit Diazepam versetzt zu haben. „Danach war es möglich,
ihnen Gegenstände zu entwenden.“ Ausdrücklich bedauere sie, dass
eines der Opfer durch das starke Beruhigungsmittel so krank wurde,
dass er in die Klinik musste. „Das war niemals von mir gewollt“,
beteuert die 55-Jährige. „Das tut mir wirklich leid.“ Der Prozess
wird fortgesetzt.