Hamburg. Den ersten Kongress zu Sport, Medizin und Gesundheit verdankt die Stadt ihrer Auszeichnung als „Global Active City“.

Vom Hamburger Messegelände wird am Mittwochmorgen eine richtungweisende Botschaft an die Welt gehen. 42 namhafte Institutionen – darunter das Internationale Olympische Komitee (IOC), der Weltsportärztebund (FIMS), die europäische Initiative Exercise is Medicine, Bewegung ist Medizin, und der Deutsche Olympische Sportbund – unterzeichnen die „Hamburg Declaration“, um fortan eine starke globale Allianz zur Förderung von Bewegung und körperlicher Aktivität zu bilden.

Kongress soll in Hamburg alle zwei Jahre stattfinden

Für Hamburg unterschreibt Innen- und Sportsenator Andy Grote (SPD) das Dokument. Der Festakt ist der offizielle Auftakt des weltweit ersten „Sports, Medicine and Health Summits“, eines Sport-, Medizin- und Gesundheitsgipfels, der vom heutigen Dienstag an bis zum Sonnabend virtuell abgehalten wird. 200 Präsentationen, 304 freie Vorträge und Poster sind geplant, 2000 zahlende Teilnehmer werden erwartet. Alle Veranstaltungen können im Internet unter sports-medicine-health-summit.de live und ein halbes Jahr lang auf Abruf verfolgt werden, die Tickets kosten 80 (Studenten) bis 380 Euro für Ärzte.

Hamburg ist nicht zufällig Gastgeber des Kongresses, fördert ihn mit 200.000 Euro. Künftig soll die Veranstaltung hier alle zwei Jahre stattfinden. Die Idee entstand bei Grote Anfang Oktober 2018, als Hamburg in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires als „Global Active City“ von der Tafisa ausgezeichnet wurde, einer Schweizer IOC-Tochter, die in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation WHO und der UN-Organisation Unesco den Breitensport fördert.

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Warum Hamburg die Auszeichnung "Global Active City" erhielt

Hamburg erhielt das Label für seine Infrastruktur mit mehr als 1600 Sportstätten, die hohe Zahl hiesiger Sporttreibenden in Vereinen und Fitnessstudios (etwa 700.000) und das Erbe der Olympiabewerbung für 2024/28, dafür, dass die Stadt trotz des Scheiterns im November 2015 an 32 Projekten festhielt. Hamburg sei „eine der sportlichsten und grünsten Metropolen Europas“, schrieb die Evaluierungskommission. Die Gutachter der unabhängigen Schweizer „Active Well-being Initiative“ empfahlen dem Senat aber eine stärkere Anbindung der Sportprogramme an das Gesundheitswesen und die Gesundheitsbehörde – wie sie in den anderen fünf dekorierten Städten Buenos Aires, Lillehammer (Norwegen), Liverpool (England), Ljubljana (Slowenien) und Richmond (Kanada) vorgefunden wurden.

Dass sich immer mehr Menschen immer weniger bewegen, damit Zivilisationskrankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Beschwerden Vorschub leisten, war einer der Beweggründe, die Initiative „Active Well-being“ zu gründen. In Liverpool etwa befürchteten die dortigen Ärzte eine geringere Lebenserwartung der heutigen Generation, weil in der 500.000-Einwohner-Stadt Bewegungsangebote und -möglichkeiten fehlten. Das hat sich inzwischen geändert.

Auswirkungen der Corona-Krise auch Thema des Kongresses

Die Heilkraft der Bewegung, die Verbesserung der Immunkompetenz mittels Sports ist längst anerkannt, doch nur noch 43 Prozent der Menschen erfüllen hierzulande die Mindestanforderungen der WHO, die täglich zehn Minuten durchgehende körperliche Anstrengung empfiehlt. Jugendliche bis zu 17 Jahren sollten sich sogar eine Stunde täglich bewegen. Die Einschränkungen der vergangenen 13 Monate dürften diesen Zielen nicht gedient haben, was mittelfristig gravierende Auswirkungen haben könnte, auf jeden Einzelnen wie auf das staatliche Gesundheitswesen, warnen Sportmediziner. Auch das wird ein zentrales Thema des Hamburger Gipfels.

„Die Bedeutung des Sports und von Bewegung für das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit unserer Gesellschaft muss stärker in Fokus gerückt werden. Das kann der Kongress leisten und dabei auch die Synergien der Sportakteure mit den Medizinern aufzeigen“, sagt Grote.

Corona und die Folgen waren herbe Rückschläge

Dem Hamburger Senat sind die Gefahren und Folgen des Bewegungsmangels bewusst, mit der Initiative Active
City versucht die Stadt seit Anfang 2016 Hamburgerinnen und Hamburger „zu noch mehr Sport und körperlicher Aktivität zu motivieren“, sagt Grote. Corona und die Folgen waren dabei herbe Rückschläge, „wir haben anderthalb Jahre verloren“, für die Zeit danach seien jedoch etliche Vorhaben in Vorbereitung.

Besonders die Sportangebote im öffentlichen Raum sollen forciert werden. Mit Ausweitung des Parksport-Konzeptes, das seine Keimzelle im Wilhelmsburger Inselpark hat, auf andere Grünanlagen und Stadtteileinrichtungen könnten sportferne Bevölkerungsschichten mit niedrigschwelligen Mitmachofferten angesprochen werden. „Unser Ziel bleibt: Sport für alle“, sagt Grote. Aus den bisherigen sieben bezirklichen Bewegungsinseln sollen größere Aktivzonen werden; geprüft wird außerdem, Stellen für Bewegungskoordinatoren in den Bezirken zu schaffen, sie zu qualifizieren und weiterzubilden.

Wie die Stadt in Bewegung gebracht werden soll

Mehr sportbetonte Kitas, bewegungsfördernde Schulhof- und Schulgebäudegestaltung, verstärkte Einbeziehung des Sports in die offene Kinder- und Jugendarbeit, mehr Nachmittags­angebote der Vereine in den Schulen, Sportangebote in Senioreneinrichtungen – das alles sind weitere Stellschrauben, um die Stadt in Bewegung zu bringen. Der Active City Day, der Active City Summer und das Active City Festival sollen auch in diesem Jahr das Bewusstsein der Menschen für Bewegung schärfen.

Und dann hätte Grote noch einen Wunsch: „Sport auf Rezept!“ Power statt Pillen. Wie sich Sport und Bewegung mittel- und langfristig auf die Gesundheit auswirken, will die Stadt jetzt wissenschaftlich untersuchen lassen. Aktuell werden vorhandene Daten gesichtet.