Hamburg. Am Berliner Platz entstehen 250 Wohnungen, Büros, Arztpraxen mit begrünten Fassaden auf den Dächern des neuen Einkaufzentrums.
„Für die Qualität eines städtischen Umfelds sind die Zwischenräume entscheidend. Daher liegt unser Augenmerk in der Schaffung attraktiver und abwechslungsreicher Plätze, Wege und Raumfolgen“, schreiben die Schöpfer der neuen Mitte von Jenfeld, Haas, Cook, Zemmrich Architekten aus Stuttgart. Sie untertreiben. Auch die Gebäude im neu geplanten Zentrum von Hamburg-Jenfeld am Berliner Platz sind vielseitig und abwechslungsreich.
Auf dem 12.400 Quadratmeter großen Grundstück des eingeschossigen Einkaufszentrums Berliner Platz und seinem Umfeld entstehen drei öffentliche Plätze, ein kleines Einkaufszentrum im 4,50 Meter hohen Sockelgeschoss und auf den Dächern der Läden 250 Wohnungen in fünf grundverschiedenen Gebäuden. Sie sind durch grüne Höfe verbunden. An der Spitze zum Jenfelder Platz erhebt sich auf dem Sockel über den Läden eine zweigeschossige Bücherhalle mit einem kleinen Quartiersplatz davor.
Gastronomie, Büros und Arztpraxen sollen dafür sorgen, dass das neue Herz Jenfelds nicht nur vielfältig aussieht, sondern auch viele verschiedene Nutzer anzieht und integriert.
Ein grünes Bauprojekt für Jenfeld
Der einzubindende elfgeschossige Saga-Koloss oberhalb des Berliner Platzes wird durch den „Grünen Platz“ zum Hohenhorster Grünzug hin, den Berliner Platz selbst und ein etwa gleich hohes schlankes Hochhaus mit dem Neubaukomplex verzahnt. Am anderen Ende des Gebäudekomplexes steht in der Diagonale ein weiterer Hochpunkt, vor dem der „Platz der Kulturen“ den Übergang zu den Nachbargebäuden jenseits der Charlottenburger Straße schafft.
Der Wandsbeker Planungsausschuss schob das auch von Hamburgs Oberbaudirektor Franz-Josef Höing hoch gelobte Projekt jetzt auf die Zielgerade. Die Planer um die Eigentümer „Matrix Immobilien GmbH“ und „RED Baufeld GmbH“ können nun mit 32.000 statt 27.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche rechnen. Die Politik bestand im Gegenzug darauf, dass die im Entwurf der Stuttgarter Architekten vorgesehenen Klinker- und vor allem auch die begrünten Fassaden tatsächlich gebaut werden und nicht in letzter Minute dem Rotstift zum Opfer fallen.
Unter dem Sockelgeschoss entsteht eine Garage für etwa 250 Autos. Oberirdisch ist eine Stadtradstation geplant, es wird Ladestationen für E-Fahrzeuge geben sowie Fotovoltaik- bzw. Gründächer.
Jenfeld: Das wird aus dem Einzelhandel
Die Einzelhändler, die jetzt noch im eingeschossigen EKZ am Berliner Platz sitzen, sollen möglichst gehalten werden. Post, Friseur, Schreibwarenladen, zwei größere Supermärkte, ein Textilgeschäft, eine Drogerie, die Apotheke. Auch das Ärztehaus soll bleiben bzw. wiedererstehen. Es ist allerdings noch weitgehend offen, wie die Betroffenen die Bauzeit überbrücken sollen und ob sie am Ende tatsächlich wieder einziehen.
Gebaut werden soll in zwei Abschnitten, „um die durchgehende Öffnung der etablierten Arztpraxen und der Apotheke zu ermöglichen“, heißt es in einer Mitteilung der Investoren.
Matrix hatte seine 11.300 Quadratmeter am Berliner Platz schon 2017 gekauft. Als der erste Bebauungsplanentwurf nahezu fertig war, stoppte Oberbaudirektor Höing die Planung und bestand darauf, dass die Fläche zusammen mit dem RED Baufeld gehörenden Haspa-Grundstück überplant und dafür ein Wettbewerb ausgelobt wird. Er wollte keine konventionelle, sondern eine gut durchdachte und vor allem attraktive Lösung für den Stadtteil, dessen Sozialdaten seit Jahren nach unten zeigen und der im Bezirk Wandsbek allenfalls mit Steilshoop vergleichbar ist. Der Stadtteil sollte einen Magneten bekommen.
Jenfeld: Warum sich der Entwurf durchsetzte
Den sah die Wettbewerbsjury nach vollkommen einhelliger Meinung im Entwurf von Haas, Cook und Zemmrich realisiert. Die Stuttgarter gewannen klar vor fünf anderen Büros. Und die Bauherren waren bereit, den aufwendigen Entwurf zu realisieren. Höing sprach von einem „farbigen und differenzierten Mittelpunkt in Wandsbek“ und „wohlproportionierten Räumen mit hoher Aufenthaltsqualität“. Matrix-Geschäftsführer Martin Schaer von „einem Statement für den Stadtteil Jenfeld und die Modernisierung der Hamburger Quartiersplätze“.
In der Stadt gibt es diverse eingeschossige Nahversorgungszentren aus dem vorigen Jahrhundert, die wegen ihrer unzeitgemäß kleinen Ladenflächen und ihrer schlechten Ausnutzung der Grundstücke aus Sicht der Stadtplaner ersetzt gehören.
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In Jenfeld soll das vergleichsweise hohe Sockelgeschoss für den Einzelhandel Großzügigkeit und Urbanität bringen. Die Durchgänge zwischen den Gebäuden und die Niveauunterschiede der Höfe schaffen immer wieder überraschende Übergänge. Die beiden Hochpunkte wirken wie übereinandergeschichtete Scheiben, während nebenan Klinkerbauten mit aneinandergekoppelten Satteldächern entstehen oder geradlinige Kuben mit ausladenden, über Eck angeordneten Balkonen. Vielfalt ist Trumpf.
Gebaut wird denn auch im Drittelmix. Es entstehen also auch etwa 80 Sozialwohnungen. Die Größen liegen zwischen 1,5 und vier Zimmern. Matrix und RED Baufeld hoffen, das alte Einkaufszentrum Ende 2022 abreißen und im ersten Quartal 2023 mit dem Neubau starten zu können.