Hamburg. Heinrich Pette hatte große Verdienste im Kampf gegen Kinderlähmung – aber auch eine dunkle Vergangenheit, wie Historiker herausfanden.
Seit Ausbruch der Corona-Pandemie ist das Heinrich-Pette-Institut (HPI) in Hamburg vielen Menschen ein Begriff geworden. Das Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie, wie es mit Zweitnamen heißt, spielte vor allem bei der Erforschung der Mutationen eine zentrale Rolle. Doch künftig wird es das Heinrich-Pette-Institut nicht mehr geben: Es legt den Namen seines Gründers ab. Das gab die Wissenschaftsbehörde am Freitag bekannt.
Grund: Heinrich Pette (1887–1964) hat als Gutachter an den sogenannten Erbgesundheitsverfahren der Nationalsozialisten mitgewirkt und sich in dieser Funktion in mindestens sieben Fällen für die Sterilisierung von Menschen ausgesprochen. Das hat ein Gutachten ergeben, das das Institut 2015 bei den Historikern Axel Schildt und Malte Thießen in Auftrag gegeben hat und das jetzt vorliegt.
Demnach war Pette zwar an den Ermordungen kranker und behinderter Menschen nicht direkt beteiligt, wusste aber von den Euthanasie-Verbrechen. Daraus zog das Institut in Abstimmung mit seinem Kuratorium, dem Kollegium und mehreren Historikern jetzt die Konsequenz.
Heinrich Pette als Namensgeber "nicht mehr zeitgemäß"
"Die Aufarbeitung der deutschen Vergangenheit im Nationalsozialismus ist in allen Bereichen des öffentlichen Lebens von zentraler Bedeutung – und ein wichtiger Bestandteil unserer Demokratie", sagte die grüne Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank. "Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass sich das HPI in einem langjährigen Prozess umfassend und kritisch mit seinem Namengeber und dessen Rolle im NS-Staat auseinandergesetzt hat."
Pettes Verdienste in der Virologie vor allem bei der Erforschung der spinalen Kinderlähmung an der Universität Hamburg gelten zwar als unbestritten. Doch seine dunkle Vergangenheit ließ den Gründer als Namensgeber des Instituts als "nicht mehr angemessen und kompatibel" erscheinen, wie HPI-Leiter Thomas Dobner ausführt.
Bis Ende 2022 will das am UKE angesiedelte Institut einen neuen Namen gefunden haben. Einstweilen firmiert es unter dem zweiten Bestandteil seines bisherigen Namens als Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie (HPI).