Fischbek. Die Fischbeker Rauchkate ist 300 Jahre alt, Denkmalschützer wollen sie erhalten. Doch die Eigentümer können die Sanierung nicht zahlen.

Es ist eine Anmutung wie aus dem Bilderbuch: Ein reetdach­gedecktes Fachwerkhaus mit hellen Balken, roten Ziegeln, grünen Sprossenfenstern und einem Scheunentor – davor ein Kirschbaum, der im Sommer ordentlich Früchte trägt. Aber das passende Drumherum fehlt: Die 300 Jahre alte Rauch­kate liegt nicht inmitten von Weiden und Wiesen, sondern in einem Wohngebiet zwischen der Cuxhavener Straße und dem Stremelkamp neben einem Spielplatz.

Zuletzt wurde hier vor mehr als 50 Jahren geräuchert. Und die letzte Bewohnerin, die mittlerweile verstorbene Hermine Passau, kam 2014 ins Pflegeheim. Seitdem steht die alte Rauchkate leer und droht zu verfallen.

Rauchkate: Neue Eigentümer desillusioniert

Denn die neuen Eigentümer, der Neffe von Hermine Passau und seine Frau, können die Instandhaltung des Denkmals nicht zahlen. Rita und Klaus Passau, 70 und 72 Jahre alt, leben im Nachbarhaus, hatten die alte Dame viele Jahre lang gepflegt und bekamen die Kate von ihr übertragen. „Hätten wir gewusst, was da auf uns zukommt, hätten wir das Erbe ausgeschlagen“, sagen die Rentner heute, die früher als Krankenschwester und als Kraftfahrer gearbeitet haben.

Schon zu Lebzeiten der Tante hatten sie alle Kosten übernommen, die Hermine Passau mit ihrer dürftigen Rente nicht begleichen konnte. Nach der Übertragung kamen noch 15.000 Euro Schenkungssteuer dazu. Reparaturen an der Kate sind da nicht drin. Notwendige Arbeiten muss das Denkmalschutzamt übernehmen. So wie vor drei Jahren das provisorische Ausbessern des Reetdachs.

Amt kritisiert Kunststoff in Holzoptik

Wer das urige Rauchhaus betritt, sieht sofort, dass hier viel zu tun ist: Noch heute rieselt vom schwarzen Gebälk im Eingangsbereich, wo früher geräuchert wurde, der Ruß herab. Nachträglich eingezogene Wände, hinter denen die „Schlafkammer“, die „Alltags-“ und die „gute Stube“ von Hermine Passau liegen, müssten zurückgebaut, Bad und Küche modernisiert werden.

Das Gebälk im Flur ist vom Räuchern noch schwarz.
Das Gebälk im Flur ist vom Räuchern noch schwarz. © Andreas Laible / FUNKE Foto Services | Andreas Laible


Etliche Balken der charmant niedrigen Decken wurden mit Kunststoff in Holzoptik verkleidet. „Das hat das Amt schon kritisiert“, sagt Klaus Passau, der 2003 erstmals vom Denkmalschutzstatus der Kate erfuhr.

Von einer Tenne gehen zwei Ställe ab, hinter denen, so erinnert sich Klaus Passau, früher drei Schweine und eine Kuh gehalten wurden. Eine steile Holzstiege führt zum Dachboden empor. Hier hat sich offenbar seit Jahrzehnten nichts getan: Möbel und Hausrat, die hier lagern, sind mit Staub, Moder und Spinnenweben überzogen. Das Reet sieht von unten an vielen Stellen verdächtig dünn aus, in der Giebelwand ist ein Loch. Auch die Dachbalken sind schwarz, denn der Rauch in der Kate entwich nicht über einen Kamin, sondern das Dach.

Instandsetzung läge bei bis zu 640.000 Euro

Trotz jahrhundertelanger Rauchkonservierung sind an den Balken der Kate erste Holzschäden zu sehen. Auch einige Ständerfüße, also das liegende Fachwerk, sind angegriffen. Doch dass man etwas aus der Kate machen kann, ist unbestritten. Das hat auch eine Machbarkeitsstudie des Denkmalschutzamts 2019 ergeben. Sie schätzt die Kosten für eine Instandsetzung inklusive aller Maßnahmen auf 540.000 bis 640.000 Euro.

Das Problem: Wohnen darf man in der Kate wegen der Schadstoffbelastung durch die jahrhundertelange Räucherei nicht mehr. Da wiegen die modernen Vorschriften mehr als die Tatsache, dass Hermine Passau 95 Jahre alt wurde und körperlich zeitlebens gesund war.

Spannend: Die Treppe zum Dachboden der Rauchkate.
Spannend: Die Treppe zum Dachboden der Rauchkate. © HA | Andreas Laible

Denkmalschutzamt weist Kulturinitiative ab

Seit fast fünf Jahren suchen die Passaus nach Käufern für die alte Kate. Zwei Museumsdörfer, an die sie sich gewandt hatten, waren nicht interessiert. Wohl aber eine Kulturinitiative, die die Kate abtragen und in der Altstadt von Stade originalgetreu wieder aufbauen wollte. Doch das Hamburger Denkmalschutzamt winkte seinerzeit ab. Bei einer Versetzung würde die Kate erheblich an Substanz verlieren, zudem gehöre der Standort zur Geschichte des Denkmals dazu.

Die gute Stube in einer der letzten Rauchkaten Hamburgs aus dem 18. Jahrhundert.
Die gute Stube in einer der letzten Rauchkaten Hamburgs aus dem 18. Jahrhundert. © HA | Andreas Laible

Auch einem Paar aus Eppendorf, das die Kate zu Wohnzwecken umbauen wollte, wurde – mit Verweis auf die Schadstoffbelastung – eine Absage erteilt. Und das Bestreben von Denkmalschutzamt und Bezirk, den Passaus als Ausgleich für das Katengrundstück ein Baugrundstück zu schaffen, lief ebenfalls ins Leere. Die Passaus hätten dabei einen Teil ihres Gartens verloren und wollen außerdem kein Bauland. „Wir möchten die Kate verkaufen“, sagen die Rentner.

Eigentümer stellten Amt ein Ultimatum

Jetzt haben die Passaus dem Denkmalschutzamt ein Ultimatum gestellt. Wenn kein Käufer gefunden wird, stellen sie im Mai den Antrag auf Abriss. Dieser wird jedoch nur dann gewährt, wenn den Eigentümern der Erhalt eines Denkmals wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Aus Sicht der Hamburger Denkmalpfleger wäre der Verlust dieses einzigartigen Denkmals fatal.

Die Küche der alten Kate – fast wie in Bullerbü
Die Küche der alten Kate – fast wie in Bullerbü © Andreas Laible / FUNKE Foto Services | Andreas Laible

Ende vergangenen Jahres waren Anna Joss, Leiterin des Denkmalschutzamts, und Kristina Sassenscheidt, Geschäftsführerin des Denkmalvereins, vor Ort. „Die Rauchkate in Neugraben-Fischbek gehört zu den ganz außergewöhnlichen Gebäuden in Hamburg“, so Anna Joss. „Um die 300 Jahre alt, erzählt sie von den damals einfachen Lebensverhältnissen. Heute sind kreative Eigentümer gefragt, um dieses Denkmal auch für künftige Generationen zu erhalten.“

"Denkmalgerechte Zubaumöglichkeit" wäre gegeben

Das Denkmalschutzamt würde dem neuen Eigentümer beratend zur Seite stehen, ihn aber auch bei der Akquise von Fördergeldern unterstützen. Zudem könnte er mit Zuschüssen für einen denkmalpflegerischen Mehraufwand rechnen und die Kosten steuerlich absetzen.

Wie das Denkmalschutzamt betont, ist auch „eine denkmalgerechte Zubaumöglichkeit“ auf dem Grundstück gegeben. Die Kate selber ist bereits umfassend dokumentiert: Die Machbarkeitsstudie enthält unter anderem ein bauhistorisches Gutachten, das Raumbuch, eine Schadstoffuntersuchung, dendrochronologische Untersuchungen sowie Vorschläge für eine Nachnutzung.