Hamburg. Das unkomplizierte Betreuungsangebot auf Spielplätzen sei nicht mehr bedarfsgerecht. Aber es könnte auf Spendenbasis weiter bestehen.
Jetzt ist es amtlich: Die Betreuung von im Schnitt 100 Kindern täglich soll an 52.000 Euro im Jahr scheitern. Die Sozialbehörde will den Förderbetrag für die Aktion Kinderparadies – Betreute Kinderspielplätze Hamburg e.V nicht mehr aufbringen, und in der vergangenen Woche lehnte auch die Bürgerschaft den Antrag der Linkspartei auf weitere Förderung ab. Obwohl in der Bezirksversammlung Nord zuvor noch alle etablierten Parteien für das Projekt zur unkomplizierten Betreuung auf Spielplätzen votiert hatten.
Ende März werden die Zahlungen nun voraussichtlich eingestellt. „Wir werden alles versuchen, um zu überleben, und notfalls Spenden sammeln“, sagt Linde Kohl-Jürgens, Vorsitzende des Vereins Kinderparadies. „Aber wir werden auch Widerspruch gegen den Bescheid der Behörde einlegen. Vielleicht hat sie ja ein Einsehen.“ Die kinderpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Insa Tietjen: „Mir ist schleierhaft, warum gerade in Zeiten eingeschränkten Kitabetriebs die alternative Kinderbetreuung auf Spielplätzen abgelehnt wird.“
Flexible, kostenlose Betreuung auf Spielplätzen in Hamburg
Das Kinderparadies bietet Kindern bis zu sechs Jahren auf insgesamt 18 Spielplätzen der Stadt eine flexible Betreuung unter freiem Himmel an. Die Kinder können zwischen 8 und 13 Uhr ohne Voranmeldung gebracht werden. Bei jedem Wetter und gegen eine Spende von möglichst 1,50 Euro pro betreuter Stunde. Alles kann, nichts muss.
Die Betreuer vor Ort sind Ehrenamtler, die bisher mit 52.000 Euro im Jahr geförderte feste Stelle besetzt eine pädagogische Fachkraft, die die Ehrenamtler anleitet, schult und koordiniert. Rückläufige Betreuungszahlen und eine hinreichende Menge an Krippen- und Kitaplätzen nannten Sozialbehörde und jetzt auch die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen als Gründe für ihr Nein zum Fortbestand des Kinderparadieses. Kohl-Jürgens verwies dagegen darauf, dass mit der Einführung der kostenlosen Kitaplätze ein Rückgang der Betreuungszahlen erwartbar war und auch bereits zur Kürzung der städtischen Zuwendungen von 70.000 Euro 2015 auf 52.000 Euro 2020 geführt habe.
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Linke sieht ein verheerendes Signal für das Ehrenamt
2013 waren mit gut 200 Kindern rund doppelt so viele ins Paradies gekommen wie 2019. Coronabedingt waren 2020 zeitweise nur noch neun von zuvor 18 Spielplätzen in der Betreuung, weil die Stadt viele Plätze geschlossen hatte. Kohl-Jürgens glaubt dennoch an ihr Konzept und daran, dass sie genug Spenden fürs Weitermachen rekrutieren kann. „Allerdings werden wir Spielplätze aufgeben müssen und perspektivisch auf vielleicht zehn Plätze schrumpfen.“
„Man mag das Projekt auf den Prüfstand stellen“, sagt Linken-Politikerin Tietjen. „Aber in Zeiten von Corona, wenn die Infektionsgefahr draußen geringer ist als in geschlossenen Räumen, ist es definitiv der falsche Zeitpunkt, ein gutes Ergänzungsangebot zu kippen.“ Auch sei es nicht sinnvoll, ehrenamtliche Engagierte vor den Kopf zu stoßen. Mit 52.000 Euro im Jahr können noch nicht einmal fünf Fünf-Stunden-Plätze in einer Hamburger Kita finanziert werden.