Hamburg. Mehr Kontrolleure im Einsatz. Autofahrer mussten 2020 rund 24 Millionen Euro zahlen – ein Plus von 16 Prozent. Und das im Lockdown.
Weniger Autos auf den Straßen, rund 15 Prozent weniger Unfälle – während der Corona-Pandemie hat sich die Verkehrsbelastung in Hamburg deutlich verringert. Trotzdem zettelt die Stadt immer mehr Falschparker ab.
So wurden der Bußgeldstelle im vergangenen Jahr 1,21 Millionen Verstöße im „ruhenden Verkehr“ angezeigt. 2019 waren es mit 1,14 Millionen rund sechs Prozent weniger, wie Innen- und Verkehrsbehörde auf Abendblatt-Anfrage mitteilten.
Tempo- und Parksünder spülen 57,27 Millionen Euro in Stadtkasse
Die „Knöllchen“ spülten rund 24,06 Millionen Euro in die Stadtkasse – ein Plus von 16 Prozent gegenüber 2019.
Allerdings galt von April 2020 an auch ein verschärfter Bußgeldkatalog mit höheren Strafen, bis Hamburg im Juli zur alten Regelung zurückkehrte. Insgesamt bescherten Tempo- und Parksünder der Stadt im Vorjahr Einnahmen in Höhe von 57,27 Millionen Euro – 7,41 Millionen Euro mehr als 2019.
Dass es Falschparkern immer häufiger an den Kragen geht, dürfte am hohen Kontrolldruck liegen. So ist die Parkraumüberwachung im Landesbetrieb Verkehr (LBV) massiv verstärkt worden. Zum Vergleich: 2013 waren lediglich 16 Kontrolleure im Einsatz, 2019 waren es 100 und 2020 schon 120. Weitere 20 Mitarbeiter sollen in den kommenden Wochen eingestellt werden. „Unterjährig sind zudem schon weitere Stellenausschreibungen geplant“, so der LBV.
Trend: Immer mehr Hamburger schwärzen die Falschparker an
Allein die LBV-Mitarbeiter verteilten im vergangenen Jahr rund 820.000 Strafzettel und damit etwa 74.000 mehr als im Vorjahr. Hinzu kamen weitere rund 400.000 Parkverstöße, die von der Polizei aber vor allem vermehrt auch von Privatpersonen gemeldet worden waren.
Denn Falschparker sind nicht mehr nur ein Fall für die Polizei und die Kontrolleure der Parkraumüberwachung – sie sind zunehmend auch den Bürgern der Stadt ein Dorn im Auge. Seit Jahren steigt die Zahl der Hamburger, die Parksünder aktiv anzeigen. Ende 2018 waren es rund 28.400, und allein in den ersten acht Monaten 2019 schon mehr als 27.000.
Hamburger Verkehrsbehörde: Parkverstöße haben leider zugenommen
„Leider müssen wir feststellen, dass Parkverstöße sowohl im ruhenden Verkehr als auch im restlichen Straßenraum zugenommen haben“, sagt Dennis Krämer, Sprecher der Verkehrsbehörde. Falschparken werde geahndet, um die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten. „Rund 35 Prozent der geahndeten Verkehrsverstöße wirken sich auf die Verkehrssicherheit aus“, so Krämer.
Gemeint seien insbesondere Parkverstöße im Bereich von Feuerwehrzufahrten, auf Geh- und Radwegen sowie in der zweiten Reihe. 285.000-mal zettelten die Kontrolleure Falschparker im vergangenen Jahr deswegen ab. 533.000-mal schritten die Knöllchenjäger ein, weil Parkscheine fehlten oder die Parkzeit überschritten war.
Der Bedarf an Mitarbeitern sei auch deshalb gestiegen, weil die Stadt immer mehr Bewohnerparkgebiete einrichtet. „Äquivalent dazu werden auch mehr Mitarbeiter/-innen beim LBV benötigt, die das Parken im Sinne der Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer und der Parkmöglichkeiten der Anwohner/-innen in diesen Gebieten überwachen und betreuen“, so Krämer. Bewohnerparkgebiete seien ein probates Mittel, um in einer verdichteten Stadt wie Hamburg den Parkdruck zu mildern. 26 Gebiete sind es bisher, vier weitere folgen im April in Ottensen. Allein 2020 waren 19.616 Bewohnerparkausweise neu erteilt und 9103 verlängert worden.
In Hamburg gibt es 27.500 gebührenpflichtige Parkstände
Insgesamt gibt es in Hamburg, so der LBV, rund 27.500 gebührenpflichtige Parkstände. 2019 hat die Stadt etwa 23 Millionen Euro Parkgebühren kassiert. Wie viel sie im Vorjahr eingenommen hat, teilte der LBV auf Anfrage nicht mit. Die CDU-Bürgerschaftsfraktion hat in der Vergangenheit wiederholt den Wegfall vieler nicht gebührenpflichtiger Parkplätze im öffentlichen Raum beklagt.
Zwar erhebt die Stadt nicht, wie viele öffentliche Stellplätze an den mehr als 8000 Straßen zur Verfügung stehen. Doch ausweislich der CDU-Zählung auf Basis kleiner Senatsanfragen sollen von 2011 bis Ende 2018 rund 2800 öffentliche Parkplätze verschwunden sein, etwa durch Umbauarbeiten. Auch deshalb sei der Parkdruck in den Quartieren gestiegen. Vom Senat heißt es aber, dass sich das Stellplatzangebot auf Privatgrund in den vergangenen Jahren deutlich vergrößert habe und die Zahl der „neu hergestellten Stellplätze die Zahl der im öffentlichen Raum weggefallenen Stellplätze um ein Mehrfaches übersteigt“.
Situation rund um den Flughafen hat sich vorerst entspannt
Deutlich entspannt hat sich – coronabedingt – die Situation in den Wohngebieten rund um den Flughafen. Sechs Bewohnerparkgebiete gibt es dort, davon waren fünf erst im Juli 2019 ausgewiesen worden – nach anhaltenden Beschwerden der Anwohner über Dauerparker. Als man mit dem Flugzeug noch problemlos in den Urlaub fliegen konnte, blockierten Passagiere mit ihren Autos teils wochenlang und in großer Zahl die kostbaren öffentlichen Stellplätze – nur um die Parkgebühren am Flughafen zu sparen. Die Anwohner schauten in die Röhre.
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Mit der Freigabe der neuen Bewohnerparkzonen änderte sich das. Seither gilt: Wer über keine Berechtigung verfügt, darf dort maximal drei Stunden parken. In diesen Zonen sind inzwischen 4546 Bewohnerparkausweise beantragt worden. Zwischen Juli und Dezember 2019 wurden hier exakt 797 Fahrzeuge abgeschleppt, 2020 kamen nur 311 an den Haken. Wie sich die Situation am Boden entwickelt, wenn die Flugzeuge wieder durchstarten, wird sich erst nach der Corona-Krise zeigen. Bis es so weit ist, hat die Stadt eine Evaluation zurückgestellt.
Allgemein waren Ende 2020 mit 796.000 Pkw fast 10.000 Autos mehr in Hamburg angemeldet als im Jahr davor. Dafür kamen im Corona-Jahr weniger Fahrzeuge an den Haken: Nur 13.576 Fahrzeuge wurden zur Verwahrstelle an der Ausschläger Allee („Autoknast“) abgeschleppt – so wenig wie seit mindestens zehn Jahren nicht mehr. Die Einnahmen sanken von 2,34 Millionen Euro in 2019 auf 2,03 Millionen im vergangenen Jahr. Die leicht gestiegene Mindestgebühr fürs Abschleppen beträgt 205,70 Euro – die Kosten für die Abschleppfirmen nicht eingerechnet.
Deutlich günstiger kommen Parksünder weg, deren Fahrzeug auf einen Stellplatz in unmittelbarer Nähe umgesetzt wird. Sie zahlen dafür lediglich 153,20 Euro an Gebühren. Insgesamt wurde von diesem milderen Mittel im vergangenen Jahr 17.578-mal Gebrauch gemacht (2019: 19.932). Außerdem konnten Fahrzeughalter in 11.128 Fällen ein Abschleppen verhindern, weil sie gerade noch rechtzeitig einschreiten konnten.