Hamburg. Endlich Hoffnung gegen Corona: Wer zuerst drankommt, wie es in den Messehallen abläuft – und warum Polizei vor Ort ist.

Nach Wochen der Geheimhaltung hat Hamburg einen Plan veröffentlicht, wie alle Bürger, die es wollen, gegen das Coronavirus geimpft werden können. Das bedeutet neue Hoffnung darauf, endlich wieder im Alltag, in der Schule und im Wirtschaftsleben zu größtmöglicher Normalität zurückzukehren.

Voraussichtlich am 15. Dezember soll das zentrale Impfzentrum in den Messehallen eröffnet werden. Nur hier und nur auf Einladung wird in Hamburg der erste Impfstoff, der zugelassen und verfügbar ist, den Impfwilligen verabreicht. Wie Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) sagte, werden zunächst Ärzte und Mitarbeiter im Gesundheitswesen geimpft sowie Menschen, die in der „kritischen Infrastruktur“ arbeiten: also etwa Polizisten und Feuerwehrleute, aber sicherlich auch Mitarbeiter von Hafen und Flughafen.

Impfzentrum in Hamburg: Geimpft wird nach diesen Regeln

Bevorzugt geimpft werden sollen auch Menschen, die zu den Hochrisikogruppen zählen. Die Ständige Impfkommission beim Robert-Koch-Institut erarbeitet dazu gerade Listen: Lehrer, so ist zu hören, stehen dort nicht automatisch ganz oben.

Der erste Impfstoff, der eine Zulassung erhält, dürfte das Serum der Mainzer Firma Biontech sein. Leonhard sagte: „Sobald ein Impfstoff angeliefert werden kann, werden wir in Hamburg mit den Impfungen beginnen. Wenn ein Impfstoff bei uns zugelassen wird, dann ist er sicher.“ Möglich sind täglich 7000 Impfungen in den Messehallen, doch die Senatorin warnte vor zu großen Erwartungen: „Es wird anfangs nicht genügend Impfstoff geben.“ Dies werde sich aber im Verlauf des kommenden Jahres ändern.

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hamburg, Walter Plassmann.
Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hamburg, Walter Plassmann. © Andreas Laible

Der Senat beauftragte die Kassenärztliche Vereinigung, die Organisation der Praxisärzte, das Impfzentrum zu organisieren. KV-Vorstandschef Walter Plassmann sagte dem Abendblatt: „Die Behörde lädt ein und sagt, wer wann dran ist. Wir haben bereits Rückmeldungen von niedergelassenen Ärzten, die im Impfzentrum arbeiten wollen. Reicht das nicht, werden wir Ruheständler bitten, uns zu unterstützen.“

Mobile Impfteams in Hamburger Alten- und Pflegeheimen

Die KV wolle auch dafür sorgen, dass in allen Hamburger Alten- und Pflegeheimen gegen Corona geimpft wird. Dazu wird es mobile Teams geben.

Coronavirus: Die interaktive Karte

Der Präsident der Hamburger Ärztekammer, Dr. Pedram Emami, macht sich keine Illusionen, dass das Impfen eine heikle Angelegenheit ist – unabhängig davon, wie viel Impfstoff wie schnell zur Verfügung stehen wird. Emami verlangt von den Verantwortlichen in Behörden und Gesundheitswesen eine „klare Kommunikation der Vorgaben und Transparenz bei der Umsetzung“. Emami sagte dem Abendblatt: „Die Identifizierung der Berufsgruppen ist selbsterklärend, die Priorisierung von Risikogruppen erfolgt – wie in anderen vergleichbaren Situationen auch – anhand medizinischer Kriterien. Allen anderen Impfwilligen, die nicht zu den priorisierten Gruppen gehören, bitten wir, Solidarität walten zu lassen und die Reihenfolge in diesem Prozess einzuhalten.“

Dr. Pedram Emami ist Oberarzt in der Neurochirurgie des UKE und Präsident der Hamburger Ärztekammer
Dr. Pedram Emami ist Oberarzt in der Neurochirurgie des UKE und Präsident der Hamburger Ärztekammer © MARCELO HERNANDEZ / FUNKE Foto Services | Foto: Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Auch wenn der Senat nicht alle Details bekannt geben wollte, erfuhr das Abendblatt die wichtigsten Schritte des Impf-Plans. Die Polizei kümmert sich um die Sicherheit des Impfzentrums. Es wird nicht nur Einlasskontrollen, sondern ein besonderes Schutzkonzept geben. Wie es aus Behördenkreisen hieß, wolle man verhindern, dass Impfstoff gestohlen wird – und potenzielle Impfgegner und „Querdenker“ sollen vor Ort keine Aktionen durchführen können. Im Impfzentrum selbst wird nur die Tagesdosis gelagert. Das Großdepot befindet sich an einem geheimen Ort.

Hamburg: Impfzentrum in den Messehallen. Dies ist die erste Visualisierung des vorläufigen Modells, das die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg mit Architekten erarbeitet hat.
Hamburg: Impfzentrum in den Messehallen. Dies ist die erste Visualisierung des vorläufigen Modells, das die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg mit Architekten erarbeitet hat. © KV Hamburg

So läuft das Impfen gegen Corona in Hamburg ab

In den Messehallen wird es zugehen wie am Flughafen: Wer eine Einladung erhält und den Termin online oder in einem Callcenter bestätigt, muss seine Berechtigung am Eingang prüfen lassen. Es folgt ein Check-in, eine kurze ärztliche Untersuchung. Dann kommt der Piks in den Arm, möglicherweise von einer medizinischen Fachangestellten und vom Arzt überwacht.

Wer geimpft ist, erhält einen Aufkleber und soll sich in einem Ruhebereich kurz entspannen. Vom Check-in bis zum Verlassen des Gebäudes sollen nicht mehr als 45 Minuten vergehen. Für die Impflinge ist die Impfung kostenlos, unabhängig vom Versichertenstatus. Die Kosten teilen sich Bund und Länder. Das Impfzentrum ist so aufgebaut, dass acht Module Platz haben. Im Eingangsbereich sind analog zum Flughafen abgekordelte Zugänge geplant sowie mehrere „Schalter“. Im Impfzen­trum muss auch der Impfstoff, der vermutlich mit minus 70 Grad angeliefert wird, zwischengelagert, erwärmt und für die Spitze „gemischt“ werden.

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