Hamburg. Laut Bezirksamt fehlt den mobilen Betreibern eine Sondergenehmigung. Die jungen Unternehmer fühlen sich schikaniert.
Es ist eine feine Villengegend am Ende der Heilwigstraße in Harvestehude mit einem öffentlichen Zugang zur Außenalster. Und dieser wurde in der Sommersaison von Wassersportlern reichlich in Anspruch genommen. Der Verkehr, die Menschen: Das scheint einigen Bewohnern der prachtvollen Häuser zu viel gewesen zu sein. Sie wehren sich dagegen, dass junge Unternehmer vor ihrer Haustür in der Saison von April/Mai bis September Stand-up-Paddle-Boards verleihen und gehen mit Polizei und Ordnungsamt dagegen vor.
„Wir hatten den Sommer über Stress mit einigen Anwohnern, die ständig die Polizei und schließlich das Ordnungsamt gerufen haben“, sagt Anisha Degens von „SupPort Hamburg.“ Die 45-Jährige hat sich vor zwei Jahren nach einer Brustkrebserkrankung mit dem mobilen Board-Verleih selbstständig gemacht. Ihr Transporter steht auf einer öffentlichen Parkfläche. Wer sich bei ihr online oder telefonisch meldet, kann dann direkt am Steg an der Heilwigstraße ein Stand-up-Paddle-Board leihen.
Unbekannte schlugen sogar ihre Fahrzeugscheibe ein
Außerdem bietet sie Kurse für Kinder und Jugendliche. „Das ist eine wichtige Arbeit: So kommen die Jugendlichen raus, machen Sport in der Natur.“ Ihre Mitstreiter von „SUP Rental“ haben dort ebenfalls ihren Transporter mit Boards stehen. Auch sie führen ihr Geschäft ausschließlich mobil. Das bedeutet: An dem Fahrzeug findet kein Vertragsabschluss statt, dort werden lediglich die Boards bereitgestellt. Und damit fühlen sich die Unternehmer im Recht. „Wir wollen diesen tollen Sport für jeden zugänglich machen, zu fairen Preisen“, sagt Noah Hesse von „SUP Rental“. Auch er bekam vom Ordnungsamt Eimsbüttel ein Bußgeld wegen einer fehlenden Sondernutzungsgenehmigung.
Immer wieder gab es Ärger mit Anwohnern. Unbekannte schlugen sogar die Scheibe von Anisha Degens Fahrzeug ein. Die Beweggründe für die Wut kennen Anisha Degens und Mitbewerber Noah Hesse nicht. Denn wie so häufig bei Streitereien spricht niemand miteinander: „Wir stehen für ein Gespräch bereit, aber das ist ja offensichtlich nicht gewollt, stattdessen werden gleich die Behörden eingeschaltet“, so Degens. Sie glaubt, dass sie und ihre Kollegen mit all den anderen Kanuverleihern, privaten Paddlern und alkoholisierten Jugendlichen gleichgesetzt werden.
Nachbarin: „Verleiher stören mich überhaupt nicht“
„Hier tauchen professionelle Kanuverleiher mit ihren Anhängern auf und lassen ihre Boote am Steg ins Wasser. Andere Stand-up-Paddler blasen ihre Boards auf und lassen die Luft hier wieder raus. Das kann schon sehr laut sein, und am Wochenende bei schönem Wetter ist hier eine Menge los“, so Degens. Sie und ihr Kollege haben extra Vorrichtungen installiert, sodass das Entweichen der Luft aus den Brettern ganz leise ist.
Und auch sonst hätten sie mit dem Partyvolk keine Gemeinsamkeiten und nähmen Rücksicht, sagen sie: „Wir weisen unsere Kunden ordentlich ein, erklären ihnen die Regeln auf der Alster. Alkohol gibt es bei uns nicht. Unsere Kunden kommen, nehmen sich ein Board, paddeln und fahren dann wieder weg“, so Degens. Eine Nachbarin, die den Verleihern wohlgesonnen ist, sagt: „Die Verleiher stören mich überhaupt nicht. Die feiernden Jugendlichen, die ihre Bierflaschen in die Alster werfen, schon.“
Sondernutzungserlaubnis ist in Eimsbüttel notwendig
Vor zwei Jahren hatte sich Anisha Degens beim Bezirksamt Nord schlau gemacht. „Ich wohne in Winterhude, und dort ist auch meine Geschäftsadresse.“ In dem Schreiben des Bezirksamtes Nord steht: „Im Bezirk Nord ist in Bezug auf mobile SUP-Verleiher Folgendes geregelt: Die reine Materialausgabe und -annahme werten wir als einen reinen Be- und Entladevorgang. Dieser bedarf keiner Sondernutzungserlaubnis.“
Die Heilwigstraße gehört aber zu Eimsbüttel. Dort sei eine Sondernutzungserlaubnis notwendig, heißt es aus dem zuständigen Bezirksamt. Das sei hamburgweit gleich geregelt. „Wenn ein Kunde ein Board bestellt, dieses zum Beispiel an das Ufer geliefert und dort übergeben wird, und der Verleiher dann wieder wegfährt, ist keine Sondernutzung notwendig. Es handelt sich dann um einfaches Be- und Entladen. Wenn das aber an immer gleicher Stelle geschieht, dort ein Kunde nach dem anderen ein Board in Empfang nimmt, handelt es sich um gewerbliches Handeln auf öffentlichem Grund“, sagt Kay Becker, Sprecher des Bezirksamtes Eimsbüttel.
Stand-up-Paddler fürchten um ihren Sport
Diesen Eindruck hätten die Ordnungskräfte aufgrund der Beschwerden, vor Ort hätte sich das bestätigt. Deshalb wurden Bußgelder verhängt. „Wenn die Betreiber damit nicht einverstanden sind, haben sie die Möglichkeit, dagegen Rechtsmittel einzulegen. Uns erscheint wichtig, dass sie sich von uns für die Zukunft ausführlich beraten lassen, was auf öffentlichem Grund erlaubt ist und was nicht“, so Becker. Die Betreiber hätten die Möglichkeit, für die kommende Saison eine Sondernutzungserlaubnis zu beantragen.
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Die jungen Unternehmer haben Einspruch gegen das Bußgeld eingereicht und sich anwaltliche Hilfe geholt. Sie fühlen sich schikaniert und fürchten generell um den noch jungen Sport. Anisha Degens: „Es ist schade, dass diesem Sport auf diese Weise Steine in den Weg gelegt werden. Fehlt nur noch, dass der Steg im kommenden Jahr für die Öffentlichkeit gesperrt wird. Vielen sind die Stand-up-Paddler ja ein Dorn im Auge, und der Senat plant ohnehin Begrenzungen auf der Außenalster.“ Wie berichtet, plant der Senat, die Freizeitnutzung der Alster neu zu ordnen.