Hamburg. Flachsland Zukunftsschulen setzen auf Freiwilligkeit des Maskentragens – und geraten damit in Konflikt mit Senat und Gesundheitsamt.

An den Hamburger Schulen gilt wegen der Corona-Pandemie seit Wochen eine Maskenpflicht im Unterricht ab Klasse 5. Befolgt wird diese Vorgabe von allen staatlichen und auch fast allen Privatschulen – obwohl die rechtliche Frage umstritten ist, ob sie dazu genau so wie staatliche Schulen verpflichtet sind.

Dieser Konflikt wird gerade zwischen der Stadt und den privaten Flachsland Zukunftsschulen ausgefochten, die eine Grundschule und eine Mittelstufe bis Klasse 10 im Bezirk Nord betreiben, die Maskenpflicht im Unterricht umzusetzen. Die Maskenpflicht gelte bei ihr nur in den engen Fluren und für Eltern, die die Schule besuchten, teilte die Schule auf Abendblatt-Anfrage mit. „Darüber hinaus ist das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung für die gesamte Schulgemeinschaft, also Schülerinnen und Schüler sowie Pädagoginnen und Pädagogen, freiwillig“, sagte Sprecherin Silvana Gardenal dem Abendblatt – ein klarer Verstoß gegen die behördlichen Vorgaben.

Corona in Hamburg: Schulbehörde kritisiert Haltung der Privatschule

Begründet wird dies von der Schule u.a. damit, dass die Abstände von 1,50 Meter im Unterricht eingehalten würden. „Uns ist in der Tat bekannt, dass die Schulbehörde die Einführung einer Maskenpflicht an der Zukunftsschule Alsterpalais empfiehlt. Vorschreiben oder anweisen kann die Behörde dies nach unseren Informationen jedoch nicht“, so Gardenal. „In Fragen des Infektionsschutzes ist demnach einzig das Gesundheitsamt uns gegenüber weisungsbefugt.“ Im Übrigen habe das Gesundheitsamt den Umgang der Schule mit bisher einem festgestellten Coronafall als „vorbildlich“ gewertet.

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In der Schulbehörde ist man offenbar nicht sehr amüsiert über diese Haltung der Privatschule – und kündigte an, die Schule anzuweisen, die Maskenpflicht umzusetzen, notfalls über das zuständige Gesundheitsamt im Bezirk Nord. Dieses ist mittlerweile bereits aktiv worden. „Vor einer Woche war das Gesundheitsamt Hamburg-Nord gemeinsam mit der Schulaufsicht der Schulbehörde in der Flachsland Zukunftsschule Alsterpalais und hat sich die Situation vor Ort angesehen. Dort haben sie festgestellt, dass Änderungen im Rahmen des Schulhygienekonzeptes erforderlich sind“, sagte die Sprecherin des zuständigen Bezirksamtes Nord, Larissa Robitzsch. „Der Schule wurden die notwendigen Änderungsmaßnahmen mitgeteilt. Das Gesundheitsamt wird sich mit der Schulleitung und dem Elternrat in Verbindung setzen, um zu erfahren, ob die Vorgaben umgesetzt worden sind.“

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Ordnungswidrigkeits-Anzeige droht

Sollte dies nicht der Fall sein, müsse die Schule mit einer Ordnungswidrigkeits-Anzeige rechnen, so die Sprecherin. „Der Bezug darauf, dass das Musterhygienekonzept nur für staatliche Schulen gelte, ist an dieser Stelle nicht ausreichend, da die aktuelle Corona-Eindämmungsverordnung für alle Bürgerinnen und Bürger gilt, deren Richtlinien gelten also auch für Privatschulen.“ Die Schule wies diese Darstellung am Dienstag zurück. Das Gesundheitsamt habe der Zukunftsschule Alsterpalais bisher keine "notwendigen Änderungsmaßnahmen am Schulhygienekonzept" mitgeteilt, so Sprecherin Gardenal. Eine Stellungnahme des Gesundheitsamtes zum aktuellen Hygieneplan stehe noch aus.

Über die Frage, wie verbindlich die Coronavorgaben auch für Privatschulen sind, streiten sich offenbar die Rechtsgelehrten. Auch Behörde und die Gewerkschaft GEW sind sich hier uneinig. Die Behörde besteht darauf, dass sich die Privatschulen ebenfalls an die Hygieneregeln, die für alle Hamburger Schulen erlassen worden sind, halten müssten. Das hat eine Sprecherin noch einmal betont. „Der Musterhygieneplan der Behörde gilt für alle staatlichen und privaten Schulen“, sagt Joana Loidl. „Er ist übergeordnet, da er auf der Rechtsgrundlage beziehungsweise der Rechtsverordnung des Senats beruht.“ Alle Privatschulen würden Informationen zu den Maßnahmen und Musterhygieneplänen erhalten und müssten sich auch danach richten.

GEW Hamburg: "Stecken hier in einem großen Zwiespalt"

Die GEW sieht das anders. „Unsere Rechtsabteilung ist der Meinung, dass nach dem Hygieneplan die Vorschriften nicht für die Privatschulen gelten, sofern es nicht eine Extra-Anweisung gibt“, sagt Fredrik Dehnerdt, stellvertretender Vorsitzender GEW Hamburg. „Wir stecken hier in einem großen Zwiespalt“, so Dehnerdt. „Denn unsere Auffassung ist, Bildung braucht ein offenes Gesicht.“ In Zeiten der Pandemie sei allerdings die Maske die beste der insgesamt schlechten Möglichkeiten, um den Unterricht zu gewährleisten. In Grundschulen jedoch sei das Maske tragen gar nicht praktikabel.

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Viel wichtiger, so die GEW, sei es, endlich für genügend Abstand zwischen den Schülern zu sorgen, zum Beispiel mit geteilten Klassen. „Was bringt die beste Maske, wenn die Schüler stundenlang dicht an dicht sitzen“, so Dehnerdt Insgesamt seien die Pläne der Behörde für die Schulen der Stadt einfach mangelhaft. „Deshalb sind wir der Meinung, dass neben der Maskenpflicht weitere Maßnahmen nötig sind.“

Corona: Die meisten Schulen in Hamburg halten sich an Maskenpflicht

Ein Großteil der Hamburger Privatschulen scheint sich allerdings trotz der offenbar nicht völlig klaren Rechtslage an die Maskenpflicht zu halten. Für die Waldorfschulen der Stadt etwa ist die Umsetzung eine Selbstverständlichkeit. „An allen sieben Schulen Regelschulen und den vier Förderschulen hier in Hamburg halten wir uns natürlich an die Vorgaben der Behörde“, sagt Ute Kollmannsperger aus der Geschäftsführung der Landesarbeitsgemeinschaft Waldorfpädagogik. „Das stand für uns nie in Frage.“ Kollmannsperger kritisiert allerdings die Formulierung in den einzelnen Vorgaben. „Die sind oft nicht aussagekräftig genug. Da wissen wir als Privatschulträger vielfach nicht, ob wir auch betroffen sind, oder nicht.“

Auch bei den katholischen Schulen hält man sich an die Maskenpflicht. „An den katholischen Schulen in Hamburg gilt ab Klasse 5 die Maskenpflicht“, heißt es dazu vom Erzbistum. Und auch die Neue Schule Hamburg berichtet, sie halte sich an sämtliche Vorgaben, die von der Schulbehörde am 30. Oktober mitgeteilt wurden und am 2. November in Kraft getreten sind.

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