Hamburg. Innenstadt gefüllt, Hamburger kaufen ein, Stimmung gut: So fällt erste Advents-Bilanz aus. Aber es profitieren nicht alle davon.

Zuerst die aus Sicht des Einzelhandels gute Nachricht: Zum Start der Adventszeit war die Hamburger Innenstadt am Sonnabend erheblich belebter als zuletzt, zeitweise wurde es auf den großen Einkaufsstraßen richtig eng und fiel gar nicht leicht, den erforderlichen Abstand zu halten.

Die schlechte Nachricht: Das hat nicht viel zu bedeuten. Selbst wenn das Gros der Geschäftsleute erfreuliche Umsätze verbuchte, blieben diese weit entfernt von den Ergebnissen der Vorjahre. Und: Teile der Hamburger City ähnelten am Wochenende einer Müllhalde, der Ver.di-Streik im öffentlichen Nahverkehr ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt stieß ebenfalls auf allgemeines Unverständnis.

In Hamburg ist es ein erster Advents-Sonnabend der Kontraste

Es war also ein erster Adventssonnabend der Kontraste. Während beim Sportartikelhersteller Nike an der Spitalerstraße kurz vor 12 Uhr mehr Verkäufer als Kunden gezählt wurden, standen die Besucher nachmittags Schlange. Vor Modegeschäften, Schuhausrüstern und Kaufhäusern sorgte Sicherheitspersonal bei Einbruch der Dunkelheit für gedrosselten Zutritt und Wahrung der Abstandsregeln – die Anzahl der Kunden, die sich gleichzeitig in einem Laden aufhalten dürfen, war ja in der vergangenen Woche noch einmal verschärft worden. Immerhin: Hanseatische Disziplin dominierte, auch wenn es ein amtliches Geheimnis ist, warum die wenigen Hinweistafeln zum Maskengebot in den Haupteinkaufsstraßen miserabel platziert sind.

Nico Lühmann bietet an seinem Stand Süßwaren an.
Nico Lühmann bietet an seinem Stand Süßwaren an. © Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

„Unter dem Strich war die Stimmung gut“, bilanzierte City-Managerin Brigitte Engler nach Kassenschluss. Zwar vermeldeten die Geschäftsführer der großen Läden im Schnitt ein Drittel weniger Zulauf als sonst zum Start der Adventszeit, dennoch bescherte diese Kundschaft akzeptable Zahlen. „Wer in die City kam, kaufte meist auch“, so Engler. Wobei am Vortag („Black Friday“) ob spezieller Rabatt- und Nachlassaktionen noch mehr eingenommen wurde. Viele Läden verlängerten solche Lockangebote um ein oder zwei Geschäftstage.

„Natürlich fehlen uns die Weihnachtsmärkte“, so Brigitte Engler weiter. „Die Menschen vermissen das weihnachtliche Marktgeschehen“, sagte auch Markus Strobl im Namen des Veranstalters Roncalli. „Wir vermissen den Kontakt zu Besuchern aus aller Welt sehr. Hinzu kommt der wirtschaftliche Schaden.“ Dennoch habe die Unternehmensgruppe „vollstes Verständnis“ für die jüngsten Entscheidungen der Stadt Hamburg.

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Knapp zwei Dutzend Buden, die sonst auf Weihnachtsmärkten zu sehen waren, hatten Öffnungsgenehmigungen erhalten – unter strengen Auflagen: keine Weihnachtsdekoration am Stand, mindestens 30 Meter Abstand zueinander, null Alkoholausschank. „Lautes Jammern hilft nicht weiter und schafft nur miese Laune“, sagte Nico Lühmann, in dritter Generation für ein Familienunternehmen aus Bispingen aktiv. Seine Spezialitäten: Schokofrüchte, gebrannte Mandeln, Lebkuchenherzen. Die Ware an seiner schmucken Holzbude vor der Hauptkirche St. Petri fand guten Absatz. „Leider nicht vergleichbar mit den Vorjahren“, befand der Unternehmer. „Dennoch sind wir froh, überhaupt hier sein zu können.“

Ähnlich betrachtet Geschäftsfrau Sabine Falkenhagen die aktuelle Situation. „Es ist mau“, bilanzierte sie zum Ausklang des ersten Adventssonnabends. In ihrem persönlich geführten Geschäft für Hüte und Mützen an der Schauenburgerstraße in Rathausnähe registrierte sie rund 60 Prozent weniger Kunden als sonst zu dieser Jahreszeit. Vermehrte Bestellungen über den Onlineshop ihrer Firma machen diesen wirtschaftlichen Aderlass nicht wett.

Über fette Beute am 28. November freuten sich besonders Möwen und Tauben an der Binnenalster. Offensichtlich hatte die Stadtreinigung nicht mit einem veränderten Konsumverhalten gerechnet. Bereits mittags waren fast alle Müllkästen in der City überfüllt, sodass sich der Unrat nebenan türmte.

Es herrschten unwürdige Zustände. Der Grund: Die Leute konnten sich ausreichend mit Würstchen, Pommes oder Schmalzgebäck versorgen, jedoch fast nirgendwo Platz nehmen. Entsorgungsmöglichkeiten waren Mangelware. Poller, Pflanzenkübel und die neuen Holzverkleidungen inmitten des Jungfernstiegs dienten als Tischersatz oder Müllablage. „In der Tat muss die Stadtreinigung nachsteuern und Verbesserung schaffen“, sagte City-Managerin Brigitte Engler. „Wir sind im Gespräch.“

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Für Verärgerung sorgte gleichfalls die Gewerkschaft Ver.di. Zum Start in das Weihnachtsgeschäft am Sonnabend wurden Busse und U-Bahnen ganztägig bestreikt. Cord Wöhlke, Seniorchef der Budni-Drogeriemarktkette, brachte via Facebook auf den Punkt, was fast alle dachten: „Denkt die Gewerkschaft nicht an Arbeitnehmer im Handel, die durch die Pandemie schon gebeutelt sind?“

Die Politik appelliert an die Hamburgerinnen und Hamburger übrigens, in der Vorweihnachtsphase möglichst viel unter der Woche einkaufen zu gehen, damit es an den Wochenenden nicht zu großem Gedränge kommt.