Hamburg. Bei der Hamburger Adventsaktion erstrahlen nacheinander zwölf Kirchen in der Stadt. Jede hat ein Kind und einen Prominenten als Paten.

Es soll ein Zeichen von oben sein, ein Signal, das Zuversicht beschert und Mut macht. Zum Start in die Adventszeit machen an diesem Sonnabend um 18 Uhr drei Hamburger Kirchen den Anfang und illuminieren ihre Türme festlich. Der Name des Projekts ist Programm: Hoffnungsleuchten. Wie bei Kerzen am Kranz folgen an den kommenden Wochenenden jeweils drei weitere Gotteshäuser – bis vor Heiligabend das Dutzend komplett ist.

„Dieses Hoffnungsleuchten soll Zuversicht an möglichst vielen Orten ausstrahlen“, sagte Kirsten Fehrs, Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck. „Jenseits von Punsch und Geschenken brauchen die Menschen gerade jetzt Licht und Mutmacher.“ Und damit es nicht bei den besonderen Farben Orange-Amber und Rot des Hamburger Lichtbandes bleibt, hat die Initiative tiefere Bedeutung. Sie steht im Einklang mit einem großen, sinnstiftenden Adventspaket der Evangelischen Kirche. Am Inhalt wird seit Wochen gefeilt.

Lichtkünstler Michael Batz führt bei der Inszenierung in Hamburg Regie

Regie bei dieser leuchtenden Inszenierung an zwölf Kirchtürmen führt der Lichtkünstler Michael Batz in ehrenamtlicher Mission. Die Kosten für Leuchtstoffröhren, Folien und Installation von 30.000 Euro werden durch eine Spende gedeckt. An diesem Sonnabend knipsen die Hauptkirche St. Katharinen, die Gemeinde Maria-Magdalena am Osdorfer Born sowie die Vicelinkirche in Sasel ihre Lichtlein als erste an. Der Michel, die St. Pauli-Kirche und sieben weitere evangelische Gotteshäuser runden den Kreis quer durch die Stadt ab. Die katholische Kirche ist nicht dabei. Ein entsprechendes Angebot gab es jedoch.

Die liturgischen Zeremonien im kleinen Kreis in oder vor den zwölf Kirchen werden jeweils von einem Kind und einem namhaften Paten begleitet. Den Anfang machen an diesem Sonnabend die Kinderbuchautorin Kirsten Boie, Thalia-Intendant Joachim Lux und der Meteorologe Frank Böttcher. Nach und nach folgen Katharina Fegebank, Nina Petri, Yared Dibaba, Oke Göttlich, John Neumeier, Carlo von Tiedemann und Rolf Zuckowski.

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Den Ton der Aktion jedoch geben zwölf Kinder aus den jeweiligen Gemeinden an. Jedes für sich hat eine spezielle Botschaft, eine Hoffnungsgeschichte. Bei der Vorstellung der Aktion im ehrwürdigen Kirchenschiff von St. Katharinen waren Ole Röthemeyer (9) aus Sasel und Leo Erler (12) präsent. Leo besucht die sechste Klasse der Stadtteilschule am Hafen. Früher ging er in die Kita von St. Katharinen und sang dort im Chor „Zimpelsternchen“. Im Januar beginnt für ihn der Konfirmationsunterricht – hoffentlich ganz real und nicht nur per Videokonferenz.

„Leider verbindet mich auch ein schlimmes Ereignis mit dieser Kirche“, sagt Leo, „da hier die Trauerfeier für meinen Vater stattfand.“ Der Zwölfjährige fügt hinzu: „Wenn es mir in der heutigen Zeit schlecht geht und ich traurig bin, besuche ich St. Katharinen und zünde eine Kerze an.“ Die Liebe seiner Familie und die Unterstützung der Freunde gebe ihm Kraft. Die Verbindung zur Mutter sei noch enger geworden. „Ich freue mich auf die Adventszeit“, sagt er. Weil es draußen kalt und zu Hause gemütlich wird. Und weil die Schulferien näher rücken.

Die Kirche St. Katharinen mit der Adventsbeleuchtung.
Die Kirche St. Katharinen mit der Adventsbeleuchtung. © Nordkirche

Mit einem Knopfdruck wird Leo Erler an diesem Sonnabend um 18 Uhr das Licht am 116,70 Meter hohen Kirchturm einschalten. Von Michael Batz inszeniert, hat Meister Christian Schmidt für seine Firma HG-Technik oben 24 Leuchtstoffröhren in den Farben Orange-Amber und Rot installiert. Von einem Zeitschalter gesteuert, sollen sie im Dezember täglich von 16 bis acht Uhr leuchten. Und es werden immer mehr.

Vor der Maria-Magdalena-Gemeinde am Osdorfer Born schreitet der neunjährige Niclas Wassiljew an diesem Adventswochenende zur Tat. „Ich wünsche mir, dass zu Weihnachten die Schutzengel zu Besuch kommen und Corona verjagen“, sagt der gebürtige Hamburger mit elterlichen Wurzeln in Russland und Kasachstan. „Aber alle Menschen müssen mithelfen und sich an die Regeln halt halten.“ Niclas‘ persönliche „Hoffnungsleuchten“-Botschaft: Mögen vielfältige Glaubensrichtungen in Harmonie gedeihen. So wie in seiner Familie.

Genau in diesem Sinne versteht Bischöfin Kirsten Fehrs die Initiative: „Das Licht ist eines der stärksten Symbole, die Christen durch das Kirchenjahr begleiten.“ Zuversicht setzt sich durch. Ihr Credo: „Es verbinden sich analoge und digitale Projekte und Ideen für den Spagat zwischen gebotenen Corona-Vorgaben und Sehnsucht nach einer tröstlichen und frohen Advents- und Weihnachtszeit in Gemeinschaft.“ Jeder könne ein bisschen mitwirken: zum Beispiel im Alltag mit einem freundlichen Wort, einem erledigten Einkauf oder einem unerwarteten Brief. Dem „Hoffnungsläuten“ während der Hochphase des Corona-Lockdowns im Frühjahr folge nunmehr das „Hoffnungsleuchten.“

Neujähriger schreibt bewegende Hoffnungsgeschichte auf

Licht verbindet, ergänzt Michael Batz; es sei die „elementarste Kunst überhaupt“. Lichtzeichen seien auch Lebenszeichen. Übermittelt werde das Signal: Mensch, du bist nicht allein. „Wir werden dieses Licht nach draußen tragen“, sagte Hauptpastorin Ulrike Murmann. So wie die Schüler Leo und Niclas möchte Ole Röthemeyer seinen Teil zur adventlichen Erleuchtung beitragen. Der Neunjährige aus Klasse vier der Schule an den Teichwiesen in Volksdorf schrieb seine persönliche Hoffnungsgeschichte auf. Sie hat mehrere Seiten. Und sie bewegt.

Ole erzählt beispielsweise, dass seine Uroma ihren 100. Geburtstag jüngst im Stift coronabedingt leider alleine verbringen musste. Die Pandemie brachte dem Jungen zumindest einen Vorteil: Er erhielt seinen ersten eigenen Computer – für die Schule. Aber nicht nur dafür. Gemeinsam mit seinem Kumpel Karl machte er aus der Not eine Tugend: Online tauschten die Jungs stundenlang Fußballkarten. Diese Bilder wurden dann im Briefumschlag vor die Haustür des anderen gelegt. Einmal in Form, schickte Ole einer Freundin Post in eine andere Stadt. Tatsächlich kam ein Brief zurück. Das machte Freude. Und ein bisschen Hoffnung.