In diesem Jahr fand unter anderem auf Sylt wieder das traditionelle Biikebrennen statt. „Biike“ ist das altfriesische Wort für „Feuerzeichen“

Als Kind wagte ich nicht, in den dunklen Keller zu gehen. Das Licht wurde in der Zeit nach dem Krieg oft abgeschaltet. Wenn ich die Kellertreppen hinunterging, begann ich zu pfeifen oder laut zu sprechen. Ein hilfloser Versuch, meine Angst und das Dunkel zu beherrschen. Dass Licht die Angst bannen kann, zeigt die Lichttherapie. Mit hellem Kunstlicht und mit speziellen Lampen werden Menschen, die unter der Winterdepression leiden, therapiert.

In diesem Jahr fand auf Sylt und den anderen nordfriesischen Inseln das traditionelle Biikebrennen statt. „Biike“ ist das altfriesische Wort für „Feuerzeichen“. Früher diente das Feuer beim Biikebrennen dazu, Schiffe vom Kurs abzubringen und dann stranden zu lassen. Das Strandgut gehörte zum Broterwerb!

Heute ziehen die Insulaner mit Pauken und Trompeten zu den riesigen Holzstößen, um den Winter zu verabschieden. Bekannt ist, dass im Winter auf den Inseln die Selbstmordrate am höchsten ist. Die Feier des Lichts macht Hoffnung auf den Frühling mit dem erwachenden Leben. Licht schenkt Leben.

Hamburg ist nachts hell erleuchtet. Zu hell?

Hamburg ist nachts hell erleuchtet. Zu hell, finden der Lichtkünstler Michael Batz und andere Experten. Sie sprechen nicht nur von Lichtverschwendung, sondern auch von Lichtverschmutzung. In einem Artikel dieser Zeitung forderte Batz, dass wir im Sinne der Nachhaltigkeit sparsamer mit Licht umgehen. Außerdem werden viele Lichtquellen zu Insektenfallen. Da verbinden sich die Interessen der besorgten Umweltschützer und die der Lichtexperten, die die Verschwendung tadeln.

In vielen anderen großen Städten ist das Licht übertrieben grell. Paul Bogaard schreibt in seinem Buch „Die Nacht – eine Reise in eine entschwindende Welt“ über Las Vegas in den USA: „Ein Lichtstrahl, heller als 40 Milliarden Kerzen, schießt von der Spitze der schwarzen Pyramide des Luxor-Casinos in den Nachthimmel von Las Vegas. Ein ganzes Ökosystem gerät durcheinander, weil die Nacht nicht mehr dunkel ist.“

Betrachtet man die nächtlichen Kontinente unseres Planeten auf Fotos, die von einem Satelliten geschossen sind, dann scheinen sie in Flammen zu stehen. Über die ganze Erdkugel verteilt sich das gleißende Licht von Straßenlaternen, Parkplätzen, Tankstellen, Shopping Centren, Sportstadien, Büro und Wohnhäusern.“

Der uralte Rhythmus ist durchbrochen

Es geht Bogaard nicht um Energieverschwendung. Er sieht andere Gefahren. „Schon heute erleben rund zwei Drittel der Amerikaner keine wirkliche Nacht, keine Dunkelheit mehr.“ Der uralte Rhythmus ist durchbrochen.

Menschen, die nachts arbeiten, haben Schlafstörungen, bekommen häufiger Magengeschwüre, Depressionen und Krebs. Das hängt mit dem Hormon Melatonin zusammen, das unser Körper nur im Dunkeln produzieren kann.

Studien haben ergeben, dass Melatonin im Blut Tumorwachstum stoppen kann. Sein Fazit; „Die Geschichte der abendländischen Kultur ist angefüllt von Versuchen, die Menschheit auszurotten – das Unbekannte, das Geheimnisvolle, das Dunkle.“ Aber es ist ja noch nicht zu spät zum Umdenken! Licht schenkt Leben, fördert die Gesundheit. Und dass das Nächte maßvoll erleuchtet werden.

Aber Licht kann auch trösten. Ich denke an unseren Kirchenmusiker. Er erkrankte an Krebs. Nach der Operation lag er im 8. Stock des Krankenhauses St. Georg. Eines Tages rief er mich an und bat inständig, das Licht oben im Turm des Michels nachts brennen zu lassen.

Das Licht leuchtet bis heute

Er halte es nicht aus, wenn um 2 Uhr das allerletzte Licht in der Stadt erlischt und alles finster ist. Da werde die Angst in ihm übermächtig. Wir haben sofort seinen Wunsch erfüllt. Das Licht leuchtet bis heute. Es leuchtet für alle, die nachts nicht schlafen können, krank oder einsam sind. Licht tröstet.

Dass das auch blinde Menschen erfahren, habe ich im Buch „Das wiedergefundene Licht“ von Jaques Lusseyran entdeckt. Er war mit 8 Jahren erblindet und wurde dennoch ein anerkannter Professor. Er schreibt: „Ich hatte das Licht in mir… ich hatte das sehende Auge in mir. Dennoch gab es Zeiten, in denen das Licht nachließ, ja fast verschwand.

Das war immer dann der Fall, wenn ich Angst hatte. Wenn ich, anstatt mich vom Vertrauen tragen zu lassen…, an die Wand dachte, an die halb geöffnete Tür, wenn ich mir sagte, dass alle Dinge feindlich waren und mich stoßen und kratzen wollten, dann stieß oder verletzte ich mich bestimmt. Die einzige Art, mich im Haus, im Garten oder am Strand leicht fortzubewegen, war, gar nicht oder möglichst wenig daran zu denken.

Dann wurde ich geführt, dann ging ich meinen Weg, vorbei an allen Hindernissen, so sicher, wie man es Fledermäusen nachsagt. Was der Verlust meiner Augen nicht hatte bewirken können, bewirkte die Angst: Sie machte mich blind… Wenn ich glücklich und friedlich war, wenn ich den Menschen Vertrauen entgegenbrachte und von ihnen Gutes dachte, dann wurde ich mit Licht belohnt.“