Hamburg. Mit dem Abbauen, Einlagern und Bearbeiten von Tauwerk und Holzteilen ist die vierköpfige Crew mehrere Wochen lang beschäftigt.
Es ist zwar sonnig, aber kalt. Doch auch an diesem Morgen haben sich einige „Peking“-Gucker eingefunden. Noch kann die Viermastbark gar nicht betreten, sondern nur von der Kaikante aus bewundert werden. Dennoch hat sie seit ihrer Verholung im September 45.000 Besucher zur Stippvisite in den Hansahafen in Hamburg gelockt – immer nur 100 gleichzeitig auf dem Gelände, wie die Stiftung Historische Museen Hamburg (SHMH) betont.
An Deck sind die Vorbereitungen für den Winter in vollem Gange. Die knallgrün gestrichenen Brass- und Fallwinden, die Steuerräder mit ihren gedrechselten Speichen und das kunstvoll restaurierte Kartenhaus – vieles ist bereits unter einer Persenning verschwunden. Jede ist maßgefertigt und erlaubt durch Reißverschlüsse und Aussparungen eine weitere Nutzung – etwa das Betreten des Kartenhauses oder das Bedienen der Brasswinden zum Schwenken der Rahen. „Das ist auch jetzt im Winter notwendig, um den Winddruck abzufangen“, erklärt Konstantin Jakobi, der den Ausbau der „Peking“ zum Museumsschiff als technischer Leiter betreut. Momentan stehen die Rahen 90 Grad zum Schiffsrumpf – bei dem in Hamburg vorherrschenden Westwind die beste Stellung.
Technische Innovationen auf der "Peking"
Von einer Fallwinde nimmt Jakobi die Persenning ab, um ihre Funktion zu erklären. „Über dieses Handrad werden die dicken Taue zum Hissen und Fieren der Rahen auf- oder abgewickelt.“ Jakobi zeigt nach oben. „Wir haben an Fock-, Groß- und Kreuzmast jeweils die dritte und die fünfte Rahe abgesenkt. Dadurch verlagert sich deren Gewicht weiter nach unten, was die Stabilität des Schiffes verbessert.“
Was schnell erzählt ist, dauert in der Ausführung lange: 45 Minuten und zwei Mann am Handrad sind für das Setzen oder ab einer Rahe nötig, so Jakobi. Die Fall- und Brasswinden bezeichnet er als „typische Merkmale der Laeisz-Schiffe“. Auf anderen Segelschiffen wären viele Männer zum Bewegen der Rahen nötig gewesen. Die Reederei F. Laeisz, für die die „Peking“ von 1909 bis 1911 bei Blohm +Voss gebaut wurde, habe dagegen auf technische Innovationen gesetzt. „Das erlaubte, die Schiffe mit einer Minimalbesatzung von 30 Mann zu segeln.“
Wer denkt, die „Peking“ käme – jetzt, da sie nicht mehr gesegelt wird – ohne Besatzung aus, irrt. „An einem Schiff ist immer was zu tun. Wenn man hinten fertig ist, kann man gleich vorne wieder anfangen“, betont Jakobi. Das gilt im Sommer, wenn bei Trockenheit das Deck gewässert oder das Holz geölt wird, ebenso wie jetzt, wo Tauwerk und Blöcke eingelagert und wieder alle Holzteile geölt werden müssen. Ein Schiff wie die „Peking“ winterfest zu machen, ist viel Arbeit. Bis zu zwei Monate werden Jakobi, die Taklerin Laura Lühnenschloß (seine Vertreterin), sowie zwei weitere Crew-Mitglieder damit beschäftigt sein.
Zusätzliche Sicherung für die Sturmflutsaison
Von den „Mastgärten“ zu Füßen von Groß- und Fockmast, deren Nagelbänke auf gedrechselten Säulen mit Messingkappen ruhen, haben sie bereits viele Schoten abgehängt. Die Blöcke, über die das Tauwerk sonst läuft, liegen ordentlich auf dem Boden. An jedem hängt ein kleiner Zettel mit einer Nummer, Bezeichnung und Position – nicht nur, damit später alles wieder an seinen Platz kommt, auch für die Dokumentation. „Für jede Nummer gibt es eine Spalte in einer Excel-Tabelle, in der notiert wird, was wann mit dem Teil gemacht wurde.“
Laura Lühnenschloß ist gerade damit beschäftigt, an die Enden von neuen Festmacherleinen Schlaufen zu spleißen. Die unterarmdicken blauen Seile sollen die „Peking“ in der bevorstehenden Sturmflutsaison zusätzlich sichern. „Insgesamt haben wir 220 Meter passgenau zugeschnitten“, erklärt die Taklerin, während sie die Stränge eines Taustücks miteinander verflechtet.
So bleibt die "Peking" an der Kaimauer
Derzeit ist die „Peking“ mit schwarzen Festmacherleinen am Pier vertäut. Außerdem verläuft von achtern nach vorne ein dicker Festmacherdraht, an dessen Enden (außerhalb des Schiffes) ein zwei Tonnen schwerer Betonklotz hängt. „Je nach Tide hebt oder senkt sich mit dem Schiff auch der Klotz und sorgt dafür, dass der Draht straff gespannt und die ,Peking‘ an der Kaimauer bleibt“, erläutert Jakobi. Während wir zum Treppenhaus gehen, müssen wir aufpassen: Noch sind Festmacherleinen und Draht in Stolperhöhe übers Deck gespannt. Nächstes Jahr soll die „Peking“ an Dalben festgemacht werden. Die Planungen dafür sind kompliziert: Die zwei Meter dicken Pfosten müssen 20 Meter in den Boden eingebracht werden.
Über eine mit dunklem Kambala-Holz belegte Treppen gelangen wir in den Laderaum des 115 Meter langen Schiffes. Eindrucksvoll und kathedralenartig liegt er vor uns. Die dunkelgrau gestrichen Stahlelemente, der honigfarbene Holzboden und die senfgelb gestrichen Masten bilden einen eindrucksvollen Anblick. Dieser soll auch in Zukunft nicht gestört werden, so Jakobi. Ausstellungen würden daher nicht geplant. „Das Schiff an sich ist ja das Exponat.“