Hamburg. Erste Krankenhäuser verzeichnen Rückgang bei verschiebbaren Operationen. Ärzte appellieren: Die Häuser sind sicher.

In Hamburg werden derzeit wieder verstärkt Routineoperationen abgesagt. Das berichten die Krankenhäuser der Stadt. „Seit etwa zehn Tagen haben die Absagen in unseren Häusern deutlich zugenommen“, sagt Prof. Dr. Christoph U. Herborn, Medizinvorstand bei Asklepios. Das betreffe Eingriffe wie das Entfernen von Gallensteinen, das Einsetzen neuer Hüftgelenke, aber auch die Behandlung von Herzrhythmusstörungen oder psychiatrische Behandlungen. „Diese Entwicklung besorgt uns schon ein wenig“, so Herborn weiter.

Denn, natürlich seien die meisten Eingriffe auf den ersten Blick sicherlich nicht sofort nötig. „Dennoch muss man immer bedenken, dass auch aus diesen Erkrankungen sich Notfälle entwickeln können.“ Ein Leistenbruch kann sich verkomplizieren, Herzrhythmusstörungen im schlimmsten Fall zu Embolien oder akuter Herzschwäche führen.

Im Marienkrankenhaus haben die Absagen in der vergangenen Woche ebenfalls zugenommen. „Wir haben die beiden letzten Tage von unseren acht OP-Sälen einen nicht betrieben, weil die Nachfrage einfach nicht da war“, sagt der ärztliche Direktor Prof. Norbert Rolf. Im Bereich der Hals-Nasen-Ohren-Eingriffe, in dem fünf OP-Säle zur Verfügung stünden, sei einer nicht genutzt worden.

Asklepios-Mediziner: „Unsere Kliniken sind sicher“

„Noch ist es ein übersichtlicher Rückgang. Aber normalerweise übersteigt die Nachfrage nach Eingriffen eher unsere Möglichkeiten“, so Rolf, der außerdem Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie ist. Bisher besorge ihn der Rückgang noch nicht allzu sehr, „aber es sollte auch nicht viel mehr werden“.

Auch in den Notaufnahmen herrscht reger Betrieb, weil coronabedingt die Aufnahmefähigkeit auch in vielen Arztpraxen begrenzt ist. Spürbar weniger geworden sind indes die dringend behandlungsbedürftigen Patienten nach Herzinfarkten oder Schlaganfällen. „Seit einigen Tagen ist dieser Rückgang wieder stärker spürbar“, sagt der Mediziner.

Der Trend besorge ihn und seine Kollegen. „Im Frühjahr haben sich viele Menschen viel zu spät Hilfe geholt, sind damit große und unnötige Risiken eingegangen und haben damit die Erkrankungen teilweise deutlich verschlimmert.“ Noch allerdings sei der Rückgang nicht ganz so stark, wie während der ersten Welle.

Die Mediziner hoffen, dass es dieses Mal auch nicht so weit kommt. Deshalb appelliert der Radiologe Herborn an die Hamburger: „Unsere Kliniken sind sicher“, sagt er. Mittlerweile seien überall die Bereiche für Menschen mit Corona-Symptomen deutlich von den anderen Klinikabteilungen getrennt. „Man könnte fast sagen, dass es für Covid-19-Patienten eine Klinik in der Klinik gibt“, so Herborn. Denn wenn man eines gelernt habe in den vergangenen Monaten, dann sei es der richtige Umgang mit den betroffenen Patienten, quasi die Logistik, wie Herborn sagt.

Krankenhäuser bekommen ausgefallene Eingriffe nicht erstattet

Auch Rolf betont: „Krankenhäuser sind ein sicherer Ort.“ Der ärztliche Direktor geht sogar noch weiter. „Wenn ich eine Hüft-OP bräuchte, würde ich sie noch schnell machen lassen“, sagt er. „Wer weiß, was in einigen Wochen ist.“ Und im schlimmsten Fall müsste der ein oder andere Patient dann bis ins Frühjahr hinein oder darüber hinaus mit starken Schmerzen weiterleben. „Alle Patienten mit Routineeingriffen werden erst in der Klinik aufgenommen, wenn sie einen negativen Corona-Test haben.“ Dadurch bestehe auf den entsprechenden Stationen einfach gar keine Gefahr, sich anzustecken.

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Besorgt zeigt Rolf sich auch, weil der Krankenhaus-Rettungsschirm der Bundesregierung am 30. September ausgelaufen ist. Das heißt: Ausgefallene Eingriffe bekommt die Klinik derzeit nicht erstattet. „Und wenn es mehr wird, dann kann es die Kliniken durchaus in finanzielle Schwierigkeiten bringen“, so Rolf. Sicher, die Bundesregierung habe angekündigt, die Hilfen für Krankenhäuser zu verlängern. „Aber bisher ist es nur eine Absichtserklärung, mehr nicht.“

Im Marienkrankenhaus sind noch Besuche erlaubt

Anders als die anderen Kliniken der Stadt sind im Marienkrankenhaus nach wie vor Besuche erlaubt. „Wir tun uns schwer damit, diese Regelung aufzuheben“, sagt Rolf. Vor allem aber, weil er unter den Patienten keine Unruhe verbreiten wolle. „Eingeschränkt haben wir die Möglichkeiten jetzt allerdings. Zurzeit darf nur eine Stunde am Tag eine Person zu dem Patienten.“ Ein aufgestockter Sicherheitsdienst soll die Pflegekräfte bei der Kontrolle Einhaltung dieser Regelung unterstützen.

Corona in Hamburg, Deutschland und weltweit – die interaktive Karte

Unterdessen verschiebt wegen der steigenden Zahl von Corona-Patienten das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) von sich aus nicht dringliche Operationen und einen Teil der ambulanten Termine in der kommenden Zeit: „Das UKE reagiert damit auf die dynamische und ernst zu nehmende Lage“, sagte eine Sprecherin des Klinikums am Mittwoch. Die Pflegekräfte würden nun von anderen Stationen in die Intensivmedizin wechseln, hieß es vonseiten des UKE.