Hamburg. Viele Hamburger Gemeinden wollen in diesem Jahr unter freiem Himmel feiern. Auch digitale Andachten sind geplant.
Das gab es noch nie: Wegen Corona wollen zahlreiche Hamburger Kirchen ihre Gottesdienste am Heiligen Abend bei Wind und Wetter draußen feiern. Wie eine Abendblatt-Umfrage in evangelischen und katholischen Gemeinden ergab, sind am 24. Dezember Christvespern und Krippenspiele vor Altenheimen, auf Sport- und Parkplätzen, dem Fischmarkt oder sogar im Millerntor-Stadion denkbar oder bereits geplant.
Zudem verdoppeln und verdreifachen die Gemeinden die Zahl der Weihnachtsgottesdienste, damit nicht so viele Besucher auf einmal in die Kirchen kommen müssen. Darüber hinaus wird mancherorts die Dauer der Gottesdienste verkürzt und um eine vorherige Anmeldung gebeten. Alle Veranstaltungen werden unter Einhaltung der Hygieneregeln wie Abstand sowie Mund-Nasen-Schutz stattfinden.
Marien-Dom plant am Heiligen Abend Gottesdienste auf dem Domplatz
Der katholische Marien-Dom plant am Heiligen Abend – um 12 Uhr und 13.30 Uhr – kürzere Gottesdienste für Familien auf dem Domplatz, eventuell mit einer Prozession zu verschiedenen Orten im Dom. „Unser Ziel ist es, allen Menschen die Teilnahme an einem Weihnachtsgottesdienst zu ermöglichen“, sagte Erzbischof Stefan Heße dem Abendblatt. Zwar wisse man heute noch nicht, wie die Corona-Situation in der Advents- und Weihnachtszeit sein werde. „Theologisch und auch emotional haben aber die Gottesdienste im Advent und zu Weihnachten eine große Bedeutung. Schließlich ist es nach Ostern das zweithöchste Fest im Kirchenjahr.“
Vor der Pandemie zog es alle Jahre wieder Hunderte von Menschen zum traditionellen Krippenspiel in die 200 Jahre alte St.-Pauli-Kirche auf dem Pinnasberg. „Dieses beliebte Ereignis wird diesmal nicht wie gewohnt in der Kirche stattfinden“, sagt St.-Pauli-Pastor Sieghard Wilm. „Stattdessen möchten wir unter freiem Himmel eine Aktion machen, bei der alle Familien in sicherem Abstand gemeinsam singen können.“ Dabei erwägt die Gemeinde mehrere Orte: den Kirchgarten, das Park-Fiction-Gelände vor dem Gotteshaus, den Fischmarkt und sogar das Millerntor-Stadion. Wilm: „Wir sind mit vielen im Gespräch. Unter anderem auch mit dem FC St. Pauli.“
Open-Air-Gottesdienste in Alt-Rahlstedt
Manche Gemeinden kommen regelrecht in Bewegung. Sie wollen von einem Ort zum anderen ziehen, wo sie kurze Andachten feiern. In Stellingen sind die evangelischen Christen mit einem Bollerwagen unterwegs, in Glashütte fährt ein Traktor durch die Straßen, und in Harksheide/Norderstedt ist es ein Lastwagenanhänger, wie Monika Rulfs, Sprecherin des evangelischen Kirchenkreises Hamburg-West/Südholstein, berichtet.
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In Alt-Rahlstedt sind zu Weihnachten vier Open-Air-Gottesdienste am Heiligen Abend mit Klappstühlen an den drei Standorten in Braak, Großlohe und Alt-Rahlstedt geplant. Die Feiern sollen nicht länger als 20 Minuten dauern. In der Rahlsteder Martinsgemeinde (Hohwachter Weg) werden die Menschen symbolisch auf den Weg nach Bethlehem eingeladen. Zwischen zehn und 24 Uhr können sie von einem Zelt aus starten, danach Hirten an einem Feuer vor der Kirche treffen, um schließlich – nach der obligatorischen Hygienestation – symbolisch am Stall von Bethlehem zu landen.
Modernes Weihnachtsmusical
Am Ende der Tour winken die drei Weisen aus dem Morgenland, und das Friedenslicht leuchtet aus der Geburtskapelle in Bethlehem. Dieses Angebot habe den Charme, dass die Besucher allein, paarweise und als Familie nach eigener Zeiteinteilung kommen könnten, sagt Remmer Koch, Sprecher des Kirchenkreises Hamburg-Ost. Ein Hygieneteam sei den Tag über vor Ort.
Propst Axel Matyba sagt zum Engagement der Gemeinden: „Ich bin dankbar für die vielfältige Kreativität – vor und in den Kirchen, dazu auch noch an anderen Orten. Die Planungen laufen, die Vorfreude steigt.“ Wer allerdings ganz sicher gehen will und lieber zu Hause bleiben möchte, muss auf religiöse Angebote Hamburger Kirchen keineswegs verzichten. Auf dem YouTube-Kanal der Hauptkirche St. Jacobi wird es eine digitale Andacht geben. Sie werde vom Pfarrteam, dem Kantor und Mitgliedern des musikalischen Ensembles gestaltet, sagt Hauptpastorin und Pröpstin Astrid Kleist.
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Mehr noch: Für die Jenfelder Friedenskirche hat die 32-jährige Kirchenmusikerin Akvile Kalinaite ein modernes Weihnachtsmusical geschrieben, wie Pastor Thies Hagge berichtet. Das vorproduzierte Video werde am Heiligabend per Public Viewing mit Live-Elementen in der Friedenskirche gezeigt und könne im heimischen Haushalt auf YouTube angesehen werden. Für die Nebenrolle des Verkündigungsengels, die klassischerweise mit einem pummeligen Kind besetzt werde, konnte der 92-jährige Schauspieler Karl-Ulrich Meves gewonnen werden.
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