Hamburg. In den Stadtteilen sind Menschen weiter unterwegs. Gastronomen sind in Sorge: Lohnt sich der Außer-Haus-Verkauf?

Die Piazza am Schulterblatt liegt leer und trostlos da. Normalerweise würden an diesem frühlingswarmen Novembertag die Bänke voll besetzt sein, würden die Menschen ihren Latte macchiato und Galao gemeinsam draußen genießen. Nun aber holen sich Vereinzelte am Mittag ihren Kaffee zum Mitnehmen hinaus und ziehen weiter. Und genau das ist es ja, was Bund und Länder mit der Schließung der Gastronomie bis Ende des Monats erreichen wollen: Dass sich die Menschen eben nicht zusammentun und gesellig draußen oder drinnen sitzen – damit sich das Coronavirus nicht weiter so stark verbreitet.

Der Anblick ist traurig, aber etwas weniger als beim vergangenen Mal. Als im Frühjahr Einzelhandel und Gastronomie schließen mussten, waren die Bürgersteige von einem Tag auf den anderen leer. Der Lockdown damals war ein Schock. Mittlerweile, so scheint es, gehen sowohl Gastronomen als auch Kunden mit der Schließung ein wenig geübter um und machen das Beste daraus.

Das Kino 3001 hat noch die Filmplakate in den Schaukästen, die auf Termine im November hinweisen. Anders als die benachbarte Volkshochschule, die als Bildungseinrichtung geöffnet bleibt, mussten Kinos und Theater ebenfalls bis vorerst Ende November schließen mit dem Ziel, so die Infektionszahlen zu reduzieren.

Gastronomen verzweifeln an Corona-Soforthilfe

Seit Montag dürfen auch keine Gäste mehr in die Pizzeria Jill an der Bar­telsstraße. Inhaberin Jill verkauft ihre Pizzen und Nudeln nur noch außer Haus. An einem geöffneten Fenster, umgeben von Heizstrahlern, können die Kunden ihre Pizza bestellen und mitnehmen, natürlich wird hier nur mit Maske bestellt und bedient. Ein paar Meter weiter an der Susannenstraße stehen die Menschen mit Abstand zueinander Schlange, um im „Chakra Café und Bar“ oder einem der anderen Restaurants ihr Mittagessen abzuholen. Unklarheit herrscht bei vielen Gastronomen allerdings, wie genau die Soforthilfe der Bundesregierung funktioniert.

Gastronom Baris Gültekin vom „Lokmam“ an der Susannenstraße sagt, dass der Außer-Haus-Verkauf nur schleppend anläuft. Er ist sich nicht sicher, ob es sich finanziell lohnt, geöffnet zu bleiben, oder ob ihm diese Einnahmen wieder von der Soforthilfe der Bundesregierung abgezogen werden. Klar scheint das auch noch nicht zu sein. „Es gibt dazu seitens des Bundes noch nichts Konkretes, man arbeitet dort noch an den Förderrichtlinien“, heißt es aus der Finanzbehörde Hamburg.

Baris Gültekin ist Inhaber des Lokmam in der Schanze.
Baris Gültekin ist Inhaber des Lokmam in der Schanze. © HA | Roland Magunia

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Lockdown: Kaffee nur noch zum Mitnehmen

Viele Wirte aber setzen darauf, dass es sich durchaus lohnt, weiterzumachen und halten die Stellung in ihren Läden. Andere, wie das „Ufer“ an der Bismarckstraße in Hoheluft-West, nutzen die Pause für Renovierungsarbeiten. Gegenüber setzt Raffaele Ardente vom Café Fele wie im Frühjahr auch schon auf Außer-Haus-Verkauf. Und weil seine Gäste, darunter viele Stammgäste, treue Menschen sind, holen viele sich an diesem ersten Schließungsmorgen ihren Cappuccino zum Mitnehmen hinaus statt wie gewohnt vor dem Café zu sitzen und miteinander ins Gespräch zu kommen.

Sein Café ist so viel mehr als nur der Ort für guten Cappuccino. Es ist Treffpunkt, der Ort, um einen Schnack zu halten. Dieser Plausch fällt in diesen Tagen kürzer aus. Auch Tanja Viviani von der Cuci Bar ein paar Meter weiter bietet ihren Kaffee, ihre selbst gebackenen Kekse, Kuchen und ihren Mittagstisch nur noch zum Mitnehmen an.

Die Waitzstraße wird zur freiwilligen Maskenzone

Szenenwechsel, Waitzstraße: Auch hier nur noch „Außer-Haus-Verkauf“. Auffällig: Auch auf der Straße tragen sehr viele ihre Masken – sie sind vorsichtiger geworden. Am Vormittag bilden sich nur vor der Sparkasse und vorm Feinkostgeschäft Lindner kurze Schlangen. Vor manchen Läden bleiben die Kunden auf der Straße stehen und sprechen von dort mit den Verkäufern. Kommunikation funktioniert immer. Und auch mit einem Kaffee zum Mitnehmen können sich Bekannte dennoch unterhalten: So sitzen zwei Frauen mit ihren Kaffees für einen Klönschnack auf Straßenpollern.

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Ähnlich ist die Lage in Blankenese. Das Riva hat wie schon im Frühjahr einen Außenverkauf aufgebaut. Die Vitrinen mit Kuchen stehen am Bürgersteig. Das Blankeneser Kino hat die „Popcorn-to-go-Zeit“ ausgerufen. Von dienstags bis sonnabends werden dort Popcorn und Kinogutscheine verkauft.

Maske ab – und jetzt ein Kaffee to go: In der Schweriner Straße in Rahlstedt versuche man eben, das Beste daraus zu machen, sagt eine Anwohnerin. Und wenn man nirgendwo in Ruhe seinen Kaffee trinken dürfe, werde er eben mitgenommen. Bei 20 Grad Außen-Temperatur nicht so schlecht.

Lockdown: Die Hamburger City ist leer

Anders als in den Stadtteilen, in denen die Menschen leben, ist es in der Innenstadt viel leerer. Karstadt Sport geschlossen, Galeria Kaufhof zu, auf der Einkaufsmeile ist so viel Platz, dass Abstandhalten am ersten Tag des Lockdown light den wenigen Shoppern leichtfällt. Nicht einmal in den Gastro-Hallen am Rathausmarkt, in der Europapassage oder in der Wandelhalle am Hauptbahnhof ist das übliche Geschäft zu beobachten.

Ausnahmen: Die Schlange bei Brot Gaues führt bis zur Straße, an der Haspa-Filiale an der Spitalerstraße drängen sich Kunden – und der Döner-Grill am Hauptbahnhof ist belagert wie eh und je.

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„Wir machen uns große Sorgen“, sagt Citymanagerin Brigitte Engler. Denn: „Wer in der Innenstadt shoppen will, verbindet damit auch eine Pause in der Gastronomie.“ Dass Speisen nur noch außer Haus angeboten werden dürfen, könnte sich negativ auf den Einzelhandel auswirken. „Viele in der City ansässigen Firmen haben ihre Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt“, sagt Engler.

Einmal mehr könnte es sich als Nachteil erweisen, dass es in der City kaum Wohnbevölkerung gebe. „Nach dem Lockdown im Frühjahr war es in den Geschäften in den Hamburger Bezirken schneller wieder voll – die Innenstadt hingegen brauchte länger, um sich zu erholen“, sagt Citymanagerin Engler.

Das sind wichtige Punkte der neuen Eindämmungsverordnung, die von Montag an bis Ende November gilt:

  • Private Treffen nur noch mit maximal zehn Personen aus zwei Haushalten
  • Ausnahme: Lex Kindergeburtstag mit Kindern unter 12 Jahren
  • Kein Sportbetrieb erlaubt, alle Hallen, Fitnessstudios, Schwimmbäder schließen, Ausnahmen für Profis und Kaderathleten
  • Medizinische Reha erlaubt, Friseure offen – Kosmetikstudios, Massagepraxen müssen schließen
  • Bordelle und Prostitutionsbetriebe schließen
  • Restaurants und Bars werden geschlossen, Abhol- und Lieferservice ist möglich
  • Alle Kinos, Theater und Konzerthallen müssen ihre Türen zusperren
  • Bücherhallen bleiben offen, Uni-Bibliotheken sollen ein eigenes Konzept erhalten
  • Maskenpflicht in Schulen ab Klasse 5, außerhalb des Schulgebäudes mit Abstand darf die Maske abgenommen werden
  • 400 Euro für jedes Klassenzimmer für Schutzmaßnahmen
  • Gottesdienste und Trauerfeiern mit Masken, Abstand und Hygienekonzept erlaubt
  • Einreisende aus Risikogebieten müssen direkt in Quarantäne und sich bei Hamburger Behörden melden. „Die Quarantäne darf frühestens am fünften Tag nach der Einreise beendet werden, und nur dann, wenn durch ein negatives Testergebnis belegt ist, dass die reisende Person nicht infiziert ist. Der Test darf frühestens am fünften Tag nach Einreise durchgeführt werden“, heißt es vom Senat.

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