Hamburg. Bus- und U-Bahn-Fahrer sollen Donnerstag ihre Arbeit niederlegen. Die Hochbahn ist verärgert über die Gewerkschaft.

Das gab es noch nie. Die Gewerkschaft Ver.di ruft für Donnerstag alle bei der Hochbahn angestellten Bus- und Bahnfahrer zu einem 24-stündigen Streik auf. In Hamburg werden also wohl den ganzen Tag lang weder HVV-Busse noch U-Bahnen fahren. Das bedeutet: Wer kann, wird vermutlich auf S-Bahnen ausweichen, die nicht bestreikt werden.

Was das in Corona-Zeiten bedeutet, kann man sich leicht vorstellen: Die Fahrgäste dürften dicht gedrängt in den wenigen Bahnen hocken oder stehen, die überhaupt noch fahren. Fahrgästen, die damit nicht ans Ziel kommen, bleibt nichts anderes übrig, als ins Auto oder aufs Fahrrad zu steigen, ein Taxi oder Moia zu nehmen, zu Fuß zu gehen oder mit ihrem Arbeitgeber einen Tag Homeoffice zu verabreden. Doch das scheint Ver.di nicht zu interessieren.

Streik im ÖPNV: Verdi-Sprecher bittet um Verständnis

„Wir appellieren an das Verständnis der Fahrgäste, die ebenfalls an einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen im öffentlichen Nahverkehr interessiert sein sollten“, sagt Natale Fontana, Ver.di-Sprecher für den Fachbereich Verkehr. Der Streik sei unvermeidlich, da es noch immer kein vernünftiges Angebot seitens der Arbeitgeber gebe.

Ver.di geht es nicht vornehmlich ums Geld, sondern vor allem um bessere Arbeitsbedingungen wie bundesweit einheitliche Regelungen für Urlaubstage, das 13. Monatsgehalt oder Weihnachtsgeld, eine Erhöhung der Zulagen für belastende Dienste und Schichten sowie eine Begrenzung der täglichen Höchstarbeitszeit.

„Diese Verbesserungen sind wichtig, um den Beruf wieder attraktiv zu machen“, betont Fontana. „Wir haben mit Überalterung zu kämpfen und große Probleme, Nachwuchskräfte zu finden.“

"Tarifkonflikt auf Kosten der Fahrgäste verschleppt"

Ausreichend Personal und gute Arbeitsbedingungen seien vor dem Hintergrund der Klimakrise „systemrelevant“, so der Sprecher. „Doch anstatt dass die Arbeitgeberseite rasch ein Angebot vorlegt, wird der Tarifkonflikt auf Kosten der Fahrgäste verschleppt.“ Der Warnstreik solle unterstreichen, dass die Gewerkschaft beim nächsten Verhandlungstermin Ende Oktober ein verhandlungsfähiges Angebot erwarte.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Bundesweit sind rund 87.000 Tarifbeschäftigte in 130 Verkehrsbetrieben angestellt. Bei der Hamburger Hochbahn arbeiten rund 6000 Menschen. Das Unternehmen ist verärgert über den geplanten Warnstreik. „Bei allem Respekt vor dem Grundrecht auf Streik fehlt uns hier das Verständnis“, sagte Claudia Güsken, Vorstand für Personal und Betrieb sowie Verhandlungsführerin der Hochbahn.

Hochbahn ist verärgert über den geplanten Warnstreik

Für die Beschäftigten des Unternehmens liefen parallel zur bundesweiten Ver.di-Kampagne die Verhandlungen zum Haustarifvertrag. „Der nächste Gesprächstermin ist vereinbart und findet am 29. Oktober statt“, so Güsken. „Aus unserer Sicht sollten die Hamburger Fahrgäste nicht in ,Geiselhaft‘ für die bundesweiten Aktionen genommen werden.“

Lesen Sie mehr zum Thema:

Der Haustarifvertrag enthalte bereits viele Forderungen von Ver.di, ergänzt Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum. „Unsere Beschäftigten erhalten schon seit Jahren 30 Tage Urlaub und 900 Euro Weihnachtsgeld, es gibt Zuschläge für Nachtarbeit, eine Anwesenheitsprämie und sogar eine Pensionskasse.“

In Hamburg sei der Beruf des Bus- oder U-Bahn-Fahrers attraktiv, es gebe ausreichend Bewerbungen und keine Probleme, Nachwuchs einzustellen. „Die Forderung der Gewerkschaft nach bundesweit besseren Arbeitsbedingungen ist legitim. Aber wir sind damit nicht gemeint. Trotzdem müssen unsere Fahrgäste unter dem Streik leiden.“

Hochbahn informiert über HVV-App und Twitter

Dass ein Notbetrieb mit Bussen oder U-Bahnen aufgenommen werde, hält Kreienbaum angesichts der Corona-Pandemie für schwer vorstellbar. „Wir können wegen der unbedingt erforderlichen Hygienemaßnahmen den Betrieb nur dann aufnehmen, wenn wir ein stabiles und verlässliches Angebot darstellen können.“ Busse oder U-Bahnen, die nur unregelmäßig verkehrten und daher überfüllt wären, könne und dürfe man den Fahrgästen nicht zumuten.

Die endgültige Entscheidung darüber will die Hochbahn am Donnerstag erst unmittelbar vor der Betriebsaufnahme in den frühen Morgenstunden treffen. Fahrgäste können sich über mögliche Einschränkungen über die HVV-App, die Social-Media-Kanäle Twitter und Facebook sowie auf den Fahrgastanzeigen und über die Durchsagen in den Bussen und Zügen sowie auf den Haltestellen informieren.