Hamburg. Seit 2010 ist Polizei in Hamburg wieder hoch zu Ross unterwegs. Konzept hat sich bewährt. Was Mensch und Tier mitbringen müssen.

Auch für Polizistinnen liegt das Glück dieser Erde oft auf dem Rücken der Pferde. Das sieht man schon beim „Welcome Day“, dem Tag, an dem Hamburgs angehende Polizisten schon einmal vor dem Beginn ihrer Ausbildung in einer Art Leistungsschau die verschiedenen Möglichkeiten bei ihrem zukünftigen Arbeitgeber präsentiert bekommen.

Während sich vor dem schweren Panzerwagen des SEK Männer einfinden, tummeln sich Frauen regelmäßig bei der Pferdestaffel. Tatsächlich ist die „schwere Kavallerie“ auch im Alltag Frauensache – fast. Nur ein Mann sitzt aktuell bei der Polizei neben zehn Kolleginnen regelmäßig im Sattel. Die Bilanz nach zehn Jahren Reiterstaffel fällt positiv aus.

Zu teuer: Reiterstaffel 1976 zunächst abgeschafft

Zu aufwendig, zu teuer. Das waren Gründe, warum die Reiterstaffel 1976 aufgelöst worden war, bevor sie 34 Jahre später, 2010, wieder eingerichtet wurde. Heute möchte die Polizei nicht auf die berittenen Kollegen verzichten. „Sie sind ein wertvolles Einsatzmittel“, sagt Hartmut Dudde, Leiter der Schutzpolizei. Die Polizisten sind, schon wegen der erhabenen Position, gut sichtbar und haben auch einen besseren Überblick.

„So ein Pferd schiebt man auch nicht weg“, sagt Dudde mit Blick auf die rund 600 Kilo, die jedes Hamburger Polizeipferd auf die Waage bringt. Deswegen werden sie bei fast jedem Fußballspiel und jeder großen Demonstration eingesetzt. Oft wird die Hamburger Reiterstaffel auch aus anderen Bundesländern angefordert. Erst kürzlich war sie bei den Demonstrationen in Garzweiler im Einsatz.

In Hamburg sind Ross und Reiter der Polizei überall dabei. „Unsere Reiterstaffel ist ein Sympathieträger, der wahrgenommen wird“, sagt Dudde. Das macht er auch an der dünnen Beschwerdelage fest. „Es kommt höchstens mal ein Hinweis, dass irgendwo ein Pferdeapfel liegen geblieben ist“, sagt er.

Das ist kein Kunststück. Rund 345 Tonnen dieser Hinterlassenschaft, so hat es eine grobe Rechnung ergeben, haben Hamburgs Polizeipferde in den letzten zehn Jahren produziert. Weitere Zahlen aus dem Reitstall in Osdorf, wo die Pferde stationiert sind: 3500 Hufe wurden „abgetrabt“ und vom Hufschmied ersetzt, 220 Tonnen spezielles Kraftfutter neben Gras, Heu oder Rübenschnitzel an die Pferde verfüttert.

Streifenritte stehen an vier Tagen auf dem Programm

Dann ist die Reiterstaffel gern gesehen. Passanten, ganz besonders Kinder, verdrehen sich den Hals, wenn die Pferde durch die Stadt, auch gern durch Grünanlagen, traben. Und auch die Präsenz ist wegen der Größe im wahrsten Sinne des Wortes herausragend, was nicht nur Eindruck bei dem braven Hamburger, sondern auch bei Kriminellen hinterlässt. In diesem Jahr habe die Staffel bereits 290 Einsätze absolviert, mehr als in den drei Vorjahren, heißt es vom Senat.

„Das Konzept hat sich, bei allen Schwierigkeiten, bewährt. Wir haben mit der Reiterstaffel eine sehr engagierte Truppe, die einen hohen Einsatzwert hat“, sagt Dudde mit Blick auf die doch etwas aufwendige Prozedur vor dem eigentlichen Einsatz der Pferde. Viel Zeit muss in die Pflege der Tiere gesteckt werden. „Zur Disposition haben sie deswegen nie gestanden“, so Dudde. Ganz im Gegenteil. Aktuell wollen oder haben andere Bundesländer und die Bundespolizei Pferdestaffeln wieder angeschafft oder ausgebaut.

Gefragt sind vor allem Wallache

Zurück zu Ross und Reiter. Während „oben“ die Frauen dominieren, sieht es unter dem Sattel anders aus. Da sind vor allem Wallache gefragt. Und das aus einem einfachen Grund: Sie sind friedlicher als Hengste und Stuten. Denn manchmal, vor allem bei Demonstrationen, geht es rund. „Es gab Fälle, in denen den Pferden gezielt die sogenannten Polenböller vor die Hufe geworfen wurden.

Lesen Sie auch:

Bei gewalttätigen Ausschreitungen wird auch nicht vor den Pferden halt gemacht“, weiß Dudde. Vor der Fußballweltmeisterschaft wurden die Pferde an Fahnenschwenker gewöhnt, die das schwarz-rot-goldene Tuch auch mal über Augen und Nüstern zogen. Und auf dem Kiez sind es immer wieder vom Alkohol enthemmte Menschen, die sich auf alle möglichen Arten und Weisen den Pferden nähern. In solchen Momenten müssen eben auch die Pferde die Nerven behalten.

Polizeipferde müssen wichtige Eigenschaften haben

Die Auswahl der Polizeipferde ist daher streng. Sie stammen aus verschiedenen Zuchtgebieten Deutschlands; Oldenburger und Hannoveraner sind beliebt. Und es gibt, was für die zweibeinigen Kollegen im Sattel nicht zwingend ist, eine Mindestgröße. 1,70 Meter Stockmaß, das am Übergang vom Hals zum Rücken gemessen wird, ist Voraussetzung, um Polizeipferd zu werden. Außerdem müssen die Tiere neugierig, unerschrocken und „verladefromm“, sein, weil es in der Regel im Hänger zum Einsatzort geht.

Bevor die Verwaltung den Kaufvertrag unterschreibt, ist noch „Probereiten“ angesagt. In der Regel sind es vier Wochen, in denen die Pferde auf ihre Belastbarkeit hin getestet werden. Die menschlichen Kollegen haben es da etwas leichter. „Man muss nicht bereits Reiter sein, um zur Pferdestaffel zu kommen“, sagt Dudde. „Man sollte aber auch nicht zu pferdeverliebt sein.“ Denn am Ende ist ein Polizeipferd, auch in gefährlichen Situationen, vor allem ein Einsatzmittel.