Hamburg. Bundesverwaltungsgericht stoppt Arbeiten bis zu Entscheidung über Eilantrag. Rodungen im Wandsbeker Gehölz vorerst verhindert.

Die Kritiker der neuen Bahntrasse für die S-Bahn Linie 4 und den schweren Güterverkehr haben einen ersten Sieg errungen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat einem Eilantrag des Vereins Lärm- und Umweltschutz Wandsbek-Marienthal stattgegeben und somit die Baumrodungen im Wandsbeker Gehölz in Marienthal sowie das Einrichten von Baustraßen als vorbereitende Arbeiten an der Bahnstrecke gestoppt. Zuvor hatte die "Hamburger Morgenpost" darüber berichtet.

Das Ziel der Kritiker: Die teils 200 Jahre alten Bäume sollen nicht fallen, bevor nicht die Gerichte geklärt haben, ob die bestehende Bahnstrecke durch die Stadt um zwei weitere Gleise ergänzt und sowohl für die neue S-Bahn-Linie 4 als auch für den schweren Güterverkehr ausgebaut werden darf. Zwar wollen fast alle Beteiligten die neue S4 vom Hauptbahnhof bis Bad Oldesloe haben, nicht aber den schweren Güterverkehr aus Skandinavien: Den will die Bundesrepublik über die ebenfalls umstrittene Fehmarnbeltquerung sämtlich über Hamburg in Richtung Süden fahren lassen. Und dafür müsste die Strecke massiver ausgebaut werden, als es den meisten Anliegern recht ist.

Kritiker fürchten Zunahme des Güterverkehrs

120 Güterzüge täglich sollen es werden, davon 40 in der Nacht. Der Planfeststellungsbeschluss für die Bahn war bereits ergangen und veröffentlicht. Damit war die Planung, die auch sämtliche Fällgenehmigungen umfasst, rechtskräftig und vollziehbar – bis zum heute verhängten vorläufigen Stopp durch das Gericht.

Die Kritiker wollen verhindern, dass die Bahn Fakten schafft und rodet, bevor klar ist, ob die S4 und der Ausbau der Gütertrasse überhaupt so erfolgen dürfen, wie es jetzt vorgesehen ist. Sie wollen die S4. Aber sie sind gegen die beiden zusätzlichen Gleise. Nun ruhen die Vorbereitungsarbeiten, bis die Entscheidung des Gerichts im Eilantrag vorliegt.

Deutsche Bahn "hält sich selbstverständlich an Vorgaben"

„Entscheidungen bezüglich der Baumfällarbeiten beim Projekt S4 werden erst im Rahmen der Entscheidung über die Zulassung der Eilanträge vor dem Bundesverwaltungsgericht getroffen. Die DB hält sich selbstverständlich an die Vorgaben und wird diese Entscheidungen abwarten“, sagte die Sprecherin weiter. Auch die Hamburger Verkehrsbehörde respektiert die Entscheidung des Gerichts und will die Entscheidung zum Eilantrag abwarten, wie ein Behördensprecher dazu sagte. Die Verkehrsbehörde sei nun im Austausch mit der Deutschen Bahn über das weitere Vorgehen.

Gleichzeitig betonte der Sprecher die Bedeutung des geplanten Ausbaus: „Die S4 ist für den Nahverkehr ein besonders wichtiges Projekt, gerade mit Blick auf die Mobilitätswende.“ Über die geplante S4 würden rund 250 000 Menschen an den öffentlichen Nahverkehr angebunden. „Das entlastet die Straßen und den Hauptbahnhof.“ Erster Bauabschnitt ist die Strecke zwischen der S-Bahn-Station Hasselbrook und der Eisenbahnunterführung Luetkensallee im Stadtteil Hamburg-Wandsbek.

Klage gegen Planfeststellungsbeschluss liegt Gericht bereits vor

Dem Bundesverwaltungsgericht liegt inzwischen auch eine Klage gegen den Neubau der S4 zwischen Hamburg und Bad Oldesloe vor. 17 Privatkläger und ein regionaler Naturschutzverein hatten Ende September Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamtes eingereicht.

Statt des Ausbaus der bisherigen Bahnstrecke für den europäischen Gütertransport sollte nach Ansicht der Kläger eine neue Trasse entlang der Autobahn A1 von Hamburg-Moorfleet nach Lübeck-Reecke gebaut werden. Auf der A1-parallelen Neubaustecke könnten Intercity-Züge von Hamburg nach Lübeck im 30-Minuten-Takt, der Güterverkehr mit bis zu 835 Meter langen Güterzügen Richtung Fehmarnbelt und der Regionalverkehr Richtung Bad Oldesloe und Reinfeld rollen.

Bauarbeiten für die S4 sollen in diesem Jahr starten

Die Bauarbeiten für die S4 sollen eigentlich noch in diesem Jahr beginnen. Im Einzugsgebiet erhalten 250.000 Menschen durch die neue Linie einen Anschluss an das Hamburger S- und U-Bahnnetz. Die Gesamtkosten betragen 1,8 Milliarden Euro.

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Vertreten werden die Kläger von der niedersächsischen Rechtsanwaltskanzlei Goldschmidt.

Das sind die Baupläne:

  • Während zwischen Altona und Hasselbrook sowie zwischen Ahrensburg-Gartenholz und Bad Oldesloe die vorhandene Infrastruktur genutzt wird, müssen auf der Strecke von Hamburg-Hasselbrook bis Ahrensburg-Gartenholz zwei neue S-Bahn-Gleise gebaut werden.
  • Auf Hamburger Gebiet werden vier neue Stationen gebaut: Zwischen Hasselbrook und Tonndorf sind die Stationen Claudiusstraße, Bovestraße, Holstenhofweg geplant und zwischen Tonndorf und Rahlstedt soll die Station Am Pulverhof entstehen. Auf Schleswig-Holsteiner Gebiet wird die S-Bahn-Station Ahrensburg-West gebaut.
  • Die gesamte Strecke wird mit elektrischen Oberleitungen beziehungsweise Gleichstrom-Schienen ausgestattet und erhält eine neue Leit- und Sicherungstechnik.
  • Rund 100 Millionen Euro sind für den Lärmschutz vorgesehen. In Hamburg werden davon fast zwei Drittel, in Schleswig-Holstein rund ein Drittel investiert.