Hamburg. Die Groß Flottbeker Spielvereinigung will ihren Platz endlich richtig ausleuchten. Warum das Bezirksamt mit der Genehmigung zögert.
Wenn Udo Goldenstein zur Sportanlage der Groß Flottbeker Spielvereinigung (GFSV) an der Notkestraße eilt, ärgern ihn stets die lange Metallstangen, aufgebockt auf Kanthölzern am Eingang. Ein trostloser Anblick. Dabei sollten die Rohre längst als Flutlichtmasten dienen, um den Sportplatz des Vereins an der Notkestraße auszuleuchten.
Fast jeden Tag hört Goldenstein die Frage, wann es denn endlich so weit sei. Und jedes Mal muss er antworten: „Ich weiß es doch auch nicht.“ Das nervt. Denn noch immer ist nicht absehbar, wann der Spielvereinigung nun endlich das ersehnte Licht aufgeht.
Bezirksamt fürchtet Belästigungen für Anlieger
Dabei hatte am 6. Juni 2019 alles nach einem Happy End ausgesehen: Sportstaatsrat Christoph Holstein und Altonas damalige Bezirksamtsamtschefin Liane Melzer weihten den neuen Kunstrasenplatz ein. Der Kampf währte mehrere Jahre. Hintergrund: Die Sportanlage des GFSV gilt mittelfristig als Expansionsfläche für das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY). Und der Bezirk wollte nicht 700.000 Euro in einen Kunstrasen stecken, der dann wenige Jahre später wieder weichen muss. Doch nach langem Hin und Her kristallisierte sich heraus, dass der GFSV noch mindestens bis 2030 seine angestammte Heimat behalten darf. Also wurde der Kunstrasen gelegt. Und Goldstein notierte im Mitgliedermagazin: „Wir sind froh und dankbar und haben schon fast allen Ärger im Vorfeld vergessen.“
Da konnte der rührige Vereinschef noch nicht wissen, dass fortan die geplanten neuen Flutlichtmasten für intensiven Mailverkehr zwischen Verein und Bezirk sorgen sollte. Die Kernbotschaft des Amtes: Die Anlage kann nicht genehmigt werden, da Belästigungen für Anlieger zu befürchten seien.
Noch keine Beschwerden über die bisherige Flutlichtanlage
„Diese Fenster sind unser Problem“, sagt Goldenstein und deutet auf einen Wohnblock vis-à-vis des Platzes. Fördern und Wohnen betreibt dort eine Unterkunft für wohnungslose Frauen. Hinter den sechs Fenstern, jedes rund 50 Zentimeter breit und einen Meter hoch, liegen die Wohnküchen der Einrichtung. Auf Abendblatt-Anfrage bestätigt das zuständige Bezirksamt Altona: „Es kommt durch die Anlage zu einer erheblichen Belästigung der Anwohner durch Licht.“ Das vorliegende Gutachten belege, dass die vom Länderausschuss für Immissionsschutz (LAI) verabschiedeten „Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen“ nicht eingehalten würden.
Udo Goldenstein entgegnet, dass sich weder der Betreiber noch die Bewohnerinnen in all den Jahren über den Schein der bisherigen Flutlichtanlage beschwert hätten. Und doch hat die Entscheidung des Bezirksamts mit Behördenwillkür nicht zu tun. In Wahrheit geht es um einen Konflikt, der in Deutschland viele Sportvereine in den vergangenen Jahren belastet hat, die ihr Gelände umbauten. Denn dann gerät der sogenannte Bestandsschutz in Gefahr, der Vereine vor Klagen von Nachbarn schützt, die den Lärm nicht tolerieren möchten. Als der FC Teutonia 05 vor vier Jahren voller Stolz seinen neuen Kunstrasenplatz in Ottensen einweihte, sorgte eine Anliegerin mit ihrer Beschwerde dafür, dass die Mannschaften über Monate nur eingeschränkt trainieren konnten. Mit dem Umbau war der Bestandschutz erloschen, das neue Gelände musste den deutlich strengeren aktuellen Lärmschutzrichtlinien genügen. Das juristische Hick-Hack endete erst durch eine neue Verordnung des Bundes für Sportanlagen.
Dem Fachamt liegt noch kein abschließendes Gutachten vor
Doch dort geht es um Lärm – und eben nicht um Lichtemissionen. Den Einwand, dass sich noch nie ein Anwohner beschwert habe, lassen die Behörden nicht gelten. Rechtlich sei jeder Verein verpflichtet, Anlagen so zu bauen, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar seien. Auf Abendblatt-Anfrage schreibt das Bezirksamt: „Das Prüfungsverfahren läuft im Verbraucherschutzamt seit April 2018 (Eingang des ersten Gutachtens). Das Gutachten musste als fehlerhaft zurück gewiesen werden, ebenso die Nachbesserungen, die in der Folgezeit vorgelegt wurden. Bisher liegt dem Fachamt kein abschließendes, anerkennungsfähiges Gutachten vor.“
Für Goldenstein alles andere als gute Nachrichten. „Wir sind als Verein bereits mit 33.000 Euro in Vorleistung gegangen“, sagt der Vereinschef. Und in der Tat hat das beauftragte Schwarzenbeker Unternehmen Sauerland bereits die Kabel im Erdreich verlegt sowie die Masten geliefert. Damit dem Verein überhaupt noch ein Licht aufgeht, ließ das Bezirksamt auf Bitten des Vereins die bisherige Anlage nun in Teilen wieder in Betrieb nehmen – zum Glück hatte Sauerland nur die Scheinwerfer abmontiert, die Masten selbst aber noch stehen lassen. Kosten der Maßnahme für das Amt: 3636,34 Euro.
Abendspiele sind in dieser Jahreszeit unmöglich
Doch der Spielvereinigung nutzt dies wenig. „Das provisorische Licht ist viel zu funzelig. Das reicht kaum fürs Training“, klagt Goldenstein. Abendspiele in der dunklen Jahreszeit seien ausgeschlossen – das Aus für den bei Spielern wie Fans beliebten Freitagabend-Termin für Heimspiele der Kreisliga-Mannschaft. Zudem fürchtet der Clubchef, dass Talente erwägen könnten, den Verein zu wechseln, um professioneller spielen und trainieren zu können.
Goldenstein kann das alles nicht mehr verstehen. Er sagt, die Behörde habe 2017 versäumt, den notwendigen Antrag auf eine Baugenehmigung für die Lichtanlage zu stellen. Der Verein habe sich darauf verlassen müssen, dass alles in Ordnung sei, zumal der Hamburger Fußballverband die neue Anlage abgesegnet habe – inklusive eines Zuschusses.
Goldenstein hat inzwischen Sportstaatsrat Christoph Holstein eingeschaltet
Der Bezirk schreibt dagegen auf Abendblatt-Anfrage: „Warum der Verein trotz des laufenden Prüfungsverfahrens einen Auftrag an die Firma Sauerland erteilt hat, ist dem Fachamt nicht bekannt.“
Goldenstein hat inzwischen Sportstaatsrat Christoph Holstein eingeschaltet. Geprüft wird jetzt, ob die Masten an die Stirnseiten des Platzes installiert werden können, um die Belästigung für die Anwohner zu minimieren. Doch auch dieser Weg hat Tücken. Zum einen könnten die Strahler Spieler blenden – misslich für einen Stürmer, der auf den gegnerischen Torwart zuläuft. Zum anderen bleibt die Frage, wer die Kosten der dann notwendigen neuen Verkabelung übernimmt.
Immerhin hat der Dauerstreit zumindest einen positiven Effekt. Wenn sich Verein und Bezirk einigen, wird der Platz mit energiesparendem LED-Licht statt mit den geplanten Halogenstrahlern ausgeleuchtet. Die zusätzlichen Kosten von 10.000 Euro, sagt Goldenstein, wird der Verein übernehmen.