Hamburg/Kiel. Schleswig-Holstein weist Berliner Bezirke als Risikogebiet aus. Warum das in Hamburg nicht passieren kann.
In Schleswig-Holstein gelten mittlerweile vier Berliner Bezirke wegen der hohen Corona-Infektionszahlen als „Risikogebiet“: Nach Berlin-Mitte und Neukölln wurde am Sonntag auch Friedrichshain-Kreuzberg als solches ausgewiesen und am Montag Tempelhof-Schöneberg: Das bedeutet: Urlauber oder Urlaubsrückkehrer aus diesen Gegenden müssen sich in Schleswig-Holstein umgehend 14 Tage in Quarantäne begeben. Nur durch zwei negative Corona-Tests innerhalb von fünf Tagen kann diese aufgehoben werden.
Hamburg würde nur in Gänze zum Risikogebiet erklärt werden
Nun fragt sich mancher Hamburger: Könnte es einzelnen Bezirken der Hansestadt ähnlich ergehen und damit die Reise nach Schleswig-Holstein auf diesem Weg quasi unterbunden werden? Die beruhigende Antwort: Nein, das ist so nicht möglich – was in erster Linie an der unterschiedlichen Stellung der Bezirke liegt. Denn während diese zwölf Regionen innerhalb Berlins fast wie Kommunen (was sie offiziell nicht sind) recht unabhängig schalten und walten können und sogar eigene Bürgermeister haben, sind die sieben Bezirke in Hamburg reine Verwaltungseinheiten – an deren Spitze ein Bezirksamtsleiter oder eine Bezirksamtsleiterin steht.
Das führt dazu, dass das bundeseigene Robert-Koch-Institut die Corona-Zahlen für Berlin nach Bezirken aufschlüsselt, für die Einheitsgemeinde Hamburg aber nicht. Und das bedeutet aus Sicht Schleswig-Holsteins: „Hamburg würde also, wenn überhaupt, nur in Gänze zum Risikogebiet erklärt werden“, sagte Eugen Witte, Sprecher des Sozialministeriums, auf Abendblatt-Anfrage.
Sieben-Tage-Werte in Hamburg im grünen Bereich
Ohnehin ist die Hansestadt davon aber noch weit entfernt: Denn der entscheidende Wert, die Anzahl der Infektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen, lag am Sonntag laut Sozialbehörde bei 29,0. Erst wenn dieser Wert über 50 liegt, kann eine Region als Risikogebiet eingestuft werden. Und selbst dann sei das „kein Automatismus“, so Witte: „Wir behalten uns eine eigene Einschätzung vor.“
Die Sieben-Tage-Werte für Hamburgs Bezirke werden zwar nicht offiziell ausgewiesen, lassen sich aber errechnen: Mit Stand vom 28. September lagen sie zwischen 21,5 in Bergedorf und 32,2 in Hamburg-Mitte – also im grünen Bereich. Die nächste Aktualisierung dieser Zahlen erfolgt Anfang dieser Woche.
Im Frühjahr war es beim Thema Corona zu heftigen Verwerfungen zwischen den ansonsten vielfältig verbundenen Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein gekommen. Denn zu Beginn der Pandemie hatte die Landesregierung in Kiel nicht nur Urlauber und Zweitwohnungsbesitzer zur Ausreise aufgefordert, sondern zeitweise sogar Spaziergänger, Jogger und Radfahrer aus Hamburg abgewiesen. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hatte daraufhin von einem „unfreundlichen Akt“ gesprochen.