Hamburg. Bürgerinitiative wehrt sich gegen Pläne des Bezirksamts: Parkplätze weichen Radwegen, dabei verläuft die Veloroute 4 parallel.
Holprige Fahrradwege, eine geplante Großbaustelle und wütende Anwohner machen dem Bezirksamt Nord zu schaffen. Eigentlich will Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz (Grüne) die Mobilitätswende einläuten, stößt aber mit seinen Plänen auf deutlichen Widerstand. Der Bezirksamts-Chef will die alten Seitenstreifen zu breiten Radwegen ausbauen und Fußgängern barrierefreie Wege schaffen. Alle Bäume sowie die unmittelbar angrenzende und unter Denkmalschutz stehende Fritz-Schumacher-Siedlung bleiben unberührt. Doch das geht nur, wenn rund 150 von 200 Autostellplätzen zwischen der Bushaltestelle Wattkorn und dem Wördenmoorweg wegfallen.
„Eine katastrophale Planung“, sagt Olaf Reichelt (54). Als Anwohner und Sprecher der Bürgerinitiative „Neue TaLa – Platz für alle!“ moniert er, dass der Umbau keiner grünen Mobilitätswende gerecht werde und schon gar nicht durchdacht sei: Zum einen findet er die geplanten Fahrradwege viel zu breit. Radfahrer können zudem die Veloroute 4 nutzen, die parallel am Borner Stieg und Laukamp entlangläuft. Zum anderen benötigen viele Anwohner ihre Autos. Gerade junge Familien und Senioren können nicht aufs Fahrrad umsatteln, sagt er. Auch die umliegenden Gewerbe würden Parkplätze für ihre Kunden benötigen. „Wir müssten mit den Autos in die ohnehin überfüllten Nebenstraßen abwandern“, kritisiert der Sprecher. Warum keine Ladebuchten für E-Autos eingeplant sind, ist ihm ein ärgerliches Rätsel: „Die gehören doch zur Mobilitätswende dazu. E-Autos können sich nicht zusammenfalten oder in Luft auflösen.“
CDU-Fraktion zeigt sich empört
Auch die Abgeordnete Petra Sellenschlo von der CDU-Fraktion Hamburg-Nord zeigt sich empört: „Was ist an den vier von fünf Tagen, an denen Müllwagen fahren? Wenn Krankentransporte oder Taxis halten? Dann staut sich der Verkehr und die circa 250 Rettungswagen, die täglich durch die Tangstedter Landstraße via Asklepios Heidberg fahren, kommen nicht mehr durch.“
Damit nicht genug. Die Anwohner haben ein viel tiefergehendes Problem mit dem Bezirksamt: Die Kommunikation läuft nicht. Ohne die Bürgerinitiative würden viele nicht wissen, dass der Umbau bald vor ihren Haustüren starten soll. Deshalb ist die Bürgerinitiative nun auf die Bezirksparteien zugegangen und in einen Dialog getreten. Für Mittwoch, 30. September, ist ein Gespräch mit Bezirksamtsleiter Werner-Boelz geplant.
Bezirksamtsleiter rechtfertigt Wegfall der Parkplätze
Auf Abendblatt-Anfrage sagt Werner- Boelz: „Coronabedingt konnte die Öffentlichkeit nicht in der sonst üblichen Weise beteiligt werden.“ Daher konnten Anwohner auch nicht, wie gewohnt, an den Sitzungen des Regionalausschusses teilnehmen. Dass die Anwohner nicht ausreichend informiert wurden, winkt sein Presseteam ab: „Die Bürger wurden durch die politischen Vertreter sowie die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit über die Baumaßnahmen informiert.“
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Zudem seien die Baumaßnahmen zur Mobilitätswende sehr wohl durchdacht: Die geplante Radwegbreite müsse bleiben, weil sie „den aktuellen Regelbreiten entspricht“. Was die Ladebuchten betrifft, sollen weder Fachbehörde noch Betreiber einen Bedarf angemeldet haben. Sollte sich das ändern, seien Parkplätze mit installierten E-Stationen eingeschränkt möglich – je nach Baumbestand. Die Grünflächen, welche die Bäume säumen, dürften nicht zum Längsparken genutzt werden, weil eine bauliche Umgestaltung „ohne vollständigen Baumverlust“ nicht möglich sei. Dafür dürfen insgesamt 20 Privatparkplätze auf den Grundstücken entstehen.