Hamburg. Zwar gäbe es nur wenige schwarze Schafe – die aber gefährdeten die Sicherheit aller anderen, so Bezirksamtsleiter Falko Droßmann.

Der Einsatz endete um 4 Uhr in der Früh. Die Nacht von Sonnabend auf Sonntag hatte Falko Droßmann (SPD), Leiter des Bezirksamts Hamburg-Mitte, auf dem Kiez verbracht. Begleitet von einem Arzt der Gesundheitsaufsicht des Bezirks und einem Polizisten in Zivil kontrollierte der Behördenchef, wie Bars und Vergnügungsbetriebe die Corona-Auflagen einhalten.

Im Gespräch mit dem Abendblatt zog Droßmann eine Zwischenbilanz: „Wir waren in 20 bis 25 Läden. Leider mussten wir in rund zehn Betrieben massive Verstöße feststellen. Mitunter waren die Zustände so katastrophal, dass wir zwei Läden sofort geschlossen haben. Bei zwei weiteren Läden mussten wir mindestens die Hälfte der Besucher zum Verlassen auffordern.“ Dies führte dazu, dass die Polizei den Zugang zur Großen Freiheit regulieren musste.

Corona-Regeln für Bars: "Schwarze Schafe bringen alle anderen in Gefahr"

Bereits im August hatte der Bezirk bei einer nächtlichen Kontrolle zwei völlig überfüllte Kiez-Lokale stillgelegt. Dennoch wurde erneut verbotenerweise getanzt – und das auch noch ohne Masken. „Ich bin enttäuscht, dass wir nun wieder schwere Verstöße feststellen mussten“, sagt Droßmann. Dabei würden sich viele Betrieb absolut vorbildlich verhalten und penibel alle Auflagen einhalten: „Leider bringen die schwarzen Schafe der Branche alle anderen in Gefahr.“

Droßmann will unbedingt verhindern, dass es erneut zu generellen Schließungen wie zu Beginn der Pandemie kommt. In München, wo die Zahl der Infektionen wieder massiv steigt, wird erwogen, die Sperrzeiten für die Gastronomie zu verlängern. Für die Hamburger Clubszene hätte ein solcher Schritt dramatische Auswirkungen. Peter Kämmerer, Vorstand der Interessengemeinschaft St. Pauli und Hafenmeile, appelliert: „Die weit überwiegende Zahl der Betriebe respektiert die Auflagen. Es darf nicht sein, dass sie unter dem Fehlverhalten von wenigen Läden leiden müssen.“

Droßmann lässt Corona-Gästelisten zur Kontrolle im Bezirksamt versiegeln

Bei ihrem nächtlichen Rundgang verschafften sich Droßmann und seine Begleiter mit ihren Dienstausweisen schnellen Zutritt. Dennoch verschwanden mitunter Dutzende Gäste durch Hintertüren – offenbar hatten die Türsteher ihre Kollegen per Handy gewarnt. „Die hatten aber nicht damit gerechnet, dass wir so lange unterwegs sein würden“, sagt Droßmann. Stellte das Team fest, dass ein Laden entgegen den Einträgen in den Kontaktlisten sehr voll war, wurden alle Gäste aufgefordert, sich nachträglich zu registrieren.

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Die Gästelisten dürften in den nächsten Tagen noch für Diskussionsstoff sorgen. Denn Droßmann ließ vor Ort die Bögen in Umschläge packen und versiegeln. Im Bezirksamt werden die Einträge nun auf Lesbarkeit und Vollständigkeit kontrolliert und mit den Namen in den Melderegistern abgeglichen. „Die Daten werden ausschließlich im Bezirksamt überprüft, eine Weitergabe an andere Behörden ist ausgeschlossen. Mit Rücksicht auf den Datenschutz wird auch kein Bogen digitalisiert“, sagt Droßmann.

Corona-Ausbruch in der Katze löst Kontrolle von Gästelisten aus

Hintergrund der aufwendigen Aktion – voraussichtlich müssen etwa 2500 bis 3000 Einträge abgeglichen werden – ist der Corona-Ausbruch in der Bar Katze im Schanzenviertel. Wie berichtet, hatten vier infizierte Mitarbeiter am 5., 8. und 9. September in der Bar gearbeitet. Bei der Nachverfolgung der Kontakte stellte sich heraus, dass von 600 Namen und Adressen 100 falsch waren.

Auf den Listen fanden sich Namen wie Comic-Cowboy Lucky Luke und „Star-Wars“-Bösewicht Darth Vader. Dieses Problem hat Hamburg keineswegs exklusiv: Auch in anderen Bundesländern waren zehn bis 20 Prozent der Angaben auf den Listen falsch. Altonas Bezirksamtschefin Stefanie von Berg fordert, dass Gastronomen, die Gästelisten nicht nach bestem Wissen und Gewissen führen, Bußgelder zahlen müssen.

Prostituierte und Kiosks halten sich an Corona-Regeln

Droßmann erhofft sich von den Prüfungen Aufschlüsse, ob bei den Kontaktlisten nachgesteuert werden muss. Wie berichtet, setzen viele Betriebe inzwischen auf sogenannte QR-Codes, mit denen der Gast über sein Smartphone seine Daten eingeben kann. Doch auch dieses digitale Verfahren hat Tücken. „Wir mussten leider feststellen, dass manche Betreiber gar nicht wissen, wie sie im Fall einer notwendigen Kontaktverfolgung schnell auf diese Daten zugreifen“, klagt Droßmann.

Die Gastronomen, die am Wochenende massiv gegen die Corona-Auflagen verstoßen haben, erwarten nun unerfreuliche Gespräche mit dem Bezirksamtschef. Dabei ist sein Kurs grundsätzlich moderat: „Wenn mal der Mindestabstand zwischen Tischen etwas unterhalb der Vorgaben lag, haben wir es bei der Aufforderung belassen, dies zu ändern.“

Und es gab auch erfreuliche Ergebnisse. In den Laufhäusern an der Reeperbahn wurden keine Verstöße festgestellt. So hätten die Prostituierten den (verbotenen) Wunsch, zwei Kunden gleichzeitig zu bedienen, abgelehnt. Und die Kioske respektieren offenbar das Außer-Haus-Verkaufsverbot alkoholischer Getränken an Freitagen und Sonnabenden zwischen 20 Uhr und 6 Uhr. Das Bezirksamtsteam, das diesen Bereich kontrollierte, stellte keine Verstöße fest.

Wie verschiedene Bars mit den Corona-Auflagen umgehen

Mehrere Abendblatt-Reporter waren am Wochenende ebenfalls unterwegs und haben sich die Situation in einigen Lokalen angesehen.

  • Oma’s Apotheke (Schanzenstraße): Die Plätze vor und im Lokal sind am späten Freitagabend gut gefüllt, wo es eng wird und man Rücken an Rücken sitzt, stehen zwischen den Tischen Trennwände. Die Kellner tragen Masken oder Gesichtsschilder. Gäste auf dem Weg zur Toilette setzen Mund-Nasen-Schutz auf. Allerdings fragt niemand Kontaktdaten ab.
  • Zoë II (Sofabar, Neuer Pferdemarkt): Am Freitagabend sehr gut gefüllt, aber nicht überfüllt. Gäste müssen sich mit Stift und Zettel registrieren, Getränkekarte nur über QR-Code einsehbar. Maximal zehn Personen pro Gruppe.
  • Vier Fäuste (Juliusstraße): Kellnerin trägt eine Maske, fast alle Gäste haben einen Sitzplatz. Kontaktdaten sollen per SMS an eine Telefonnummer geschickt werden. Bedienung ermahnt zu Abständen: „Kannst du dich bitte auf den anderen Stuhl setzen? Du sitzt zu nah am Gast hinter dir.“
  • Jim Burrito’s Cantina (Schulterblatt): Der Kellner trägt Maske. Über QR-Code wird eine automatische SMS erstellt, mit der man nur seinen Namen senden muss. Am Eingang stehen Desinfektionsmittel. Abstand ist vorhanden, weil die Plätze sehr reduziert sind.
  • Diwan-Bar (Susannenstraße): Masken der Bedienungen bedecken mitunter nur Mund oder Nase. Viele Gäste halten sich beim Reingehen auch nicht an die Maskenpflicht. Es gibt nur einen Zettel pro Tisch zum Eintragen. Die Tische werden nach den Gästen abgewischt.
  • Mash-Up (Große Freiheit): Jeder Gast muss einen Zettel ausfüllen. Die Kellner tragen zwar Maske, die Frau, die Gäste in die Bar locken soll, aber nicht – genauso wenig wie die Türsteher.
  • Olivia Jones Bar (Große Freiheit): Zettel müssen schon am Eingang ausgefüllt werden. Die Kellner tragen Maske, und die Tische werden nach einem Gästewechsel gründlich abgewischt. Es wird sehr stark auf die Einhaltung der Hygienebestimmungen hingewiesen. Jedoch tragen die Türsteher keine Maske.