Hamburg. Hitzig geführte Debatte in der Bürgerschaft. Wie lässt sich die Hamburger Innenstadt attraktiver machen?
Dass eine geplante Busumleitung zum Thema einer hitzig geführten Debatte in der Bürgerschaft wird, ist eher die Ausnahme. Doch bei der Auseinandersetzung am Mittwochnachmittag im Landesparlament ging es um einen prominenten Ort im Herzen der Stadt und eine damit verbundene Grundsatzfrage: Wie lässt sich die Innenstadt attraktiver machen?
Dazu brauche es nicht nur zusätzlichen Wohnungen, sondern auch mehr Raum für Fußgänger, Radfahrer und für Freizeitgestaltung, aber weniger Platz für Autoverkehr – und womöglich andere Busrouten, sagen die rot-grünen Regierungsfraktionen. Sie wollen die Arbeiten zum barrierefreien Ausbau der U-3-Haltestelle Mönckebergstraße für einen „großen Praxistest“ nutzen, wie SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf erklärte.
Busse sollen von März an ein halbes Jahr aus der Mönckebergstraße verschwinden
Von März an sollen Busse ein halbes Jahr lang aus der „Mö“ verschwinden und über die Steinstraße bzw. über den Ballindamm umgeleitet werden. Autos können zwar weiterhin Richtung Hauptbahnhof fahren, dürfen aber die Steinstraße nicht mehr stadteinwärts nutzen, sondern werden über den Klosterwall umgeleitet. „Hier geht es darum, ob eine Herausnahme, ob eine Verlagerung dazu führen kann, die Aufenthaltsqualität zu verbessern“, sagte Kienscherf.
Die Grünen-Abgeordnete Rosa Domm konnte man so verstehen, als habe sie ihr Urteil schon gefällt: „Nach der Verkehrsberuhigung des Jungfernstiegs wird nun auch die Mönckebergstraße spürbarer attraktiver und den Passanten eine deutlich höhere Aufenthaltsqualität versprechen“, sagte sie.
Da die „Mö“ durch die Busverlagerung und die Sperrung der U 3 erstmals ohne eine einzige direkte ÖPNV-Anbindung sein werde, gelte es, für ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen „gute Übergänge zwischen Steinstraße und Mönckebergstraße zu schaffen“, heißt es in einem am Mittwoch verabschiedeten rot-grünen Antrag. Wie der große „Test“ ankommt, soll sich etwa bei „Stadtwerkstätten“ und durch Befragungen von Fahrgästen, Einzelhandel, Hoteliers, Grundeigentümern, Fuß-, Rad- und Autofahrern zeigen. „Wir stoßen ein ganz neues Kapitel der Bürgerbeteiligung auf“, erklärte Kienscherf.
SPD und Grünen gehe es in Wahrheit nicht um ein ergebnisoffenes Vorgehen, sagte der CDU-Abgeordnete Richard Seelmaecker. Zwar spreche Rot-Grün inzwischen nur noch von einer möglichst „autoarmen“ Innenstadt. „Das klingt ein bisschen auflockernder und etwas schöner.“ Im November 2019 habe Anjes Tjarks, damals Grünen-Fraktionschef, nun Verkehrssenator, noch erklärt, er wolle die Innenstadt im Kern weitgestehend „autofrei“ machen. Was Rot-Grün an der „Mö“ plane, sei „der Einstieg in den Ausstieg“, so Seelmaecker.
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Detlef Ehlebracht (AfD) erklärte, die Baustelle an der U 3 werde zu einem „trojanischen Pferd“, damit Anjes Tjarks den Verkehr nach seinen Vorstellungen umgestalten könne, „losgelöst von den Bedürfnissen des Individual-, Wirtschafts- und ÖPNV-Verkehrs“.
Die Linken-Abgeordnete Heike Sudmann warf SPD und Grünen vor, die geplante Maßnahme sei nur ein „Trippelschritt“ hin zu einer attraktiveren Innenstadt. Es sei unklar, ob die Regierungsfraktionen eine Innenstadt wollten, die gut erreichbar sei und zugleich eine hohe Aufenthaltsqualität für Fußgänger und Radfahrer biete – oder ob die Pläne darauf abzielten, dass Stellplätze in allen Parkhäusern weiterhin erreichbar seien, was weiterhin für Verkehr sorgen werde. „Sie machen hier ein bisschen, da ein bisschen – sie müssen ein klares Gesamtkonzept haben, sonst werden sie mit guten Plänen für die Innenstadt scheitern“, sagte Sudmann.