Hamburg. Freundeskreises „Planten un Blomen“ bringt Abrissbefürworter und -gegner an einen Tisch. Designerin macht sich für Erhalt stark.

Die 50er-Jahre haben es in Hamburg verdammt schwer: Der Cityhof am Klosterwall ist längt dem Erdboden gleichgemacht, nun ist auch das traditionsreiche Café Seeterrassen in „Planten un Blomen“ akut vom Abriss bedroht. Das Café, ein Entwurf des renommierten Hamburger Architekten Ferdinand Streb, wurde zur Internationalen Gartenbauausstellung 1953 gebaut und in den darauffolgenden Jahrzehnten mehrfach umgestaltet. Überlegungen, es zugunsten eines Neubaus abzureißen, gibt es schon länger. Kommt nun die Rettung in letzter Sekunde?

Der frühere Senator Jörg Kuhbier, Vorstand der Freundeskreises „Planten un Blomen“, hat Abgeordnete der Parteien im Bezirk Mitte, der Hamburg Messe, Vertreter der Architektenkammer und des Denkmalvereins zu einem Gedankenaustausch eingeladen. Bei dem „Runden Tisch“ am heutigen Abend in dem Café Seeterrassen will Messe-Chef Bernd Aufderheide eine Überblick über den Sachstand und die bisherigen Planungen geben, Bezirksamtsleiter Falko Droßmann soll die Position der Bezirksverwaltung skizzieren. „Der Freundeskreis geht nicht davon aus, dass es an diesem Abend gelingen wird, einen Konsens zwischen allen Beteiligten herbeizuführen. Es wäre allerdings schon viel erreicht, wenn zusätzliche Informationen vermittelt und die jeweiligen Argumente dazu beitragen würden, den eigenen Standpunkt zu überdenken“, heißt es in der Einladung.

Konsens liegt noch in weiter Ferne

Ein Konsens liegt noch in weiter Ferne. Der Eigentümer, die stadteigene Hamburg Messe und Congress GmbH, hält den Erhalt oder die Sanierung des Cafés für wirtschaftlich nicht tragfähig. Tatsächlich ist der ursprünglich nur als temporärer Bau geplante Pavillon in die Jahre gekommen: Ein Gutachten des Bezirks Mitte beklagt korrodierte Stahlträger, Risse in den Wänden und Schimmel im Keller. Die Messe strebt deshalb einen Architekturwettbewerb an, um Ideen für einen attraktiven Neubau zu sammeln.

Denkmalschützer hingegen kämpfen für das „Schmuckstück im Park“: Architektonisch sei der zweistöckige Pavillonbau trotz entstellender Umbauten bis heute herausragend: „Helle Steinverkleidungen, große Glasflächen, elegant geschwungene Treppen sowie ein auskragendes flaches Dach prägen den zweistöckigen Pavillonbau“, lobt etwa der Architekt Claas Gefroi. Seine Petition im Internet für einen Erhalt des Cafés kommt auf 2778 Unterstützer.

Designerin will den Ursprungszustand wiederherstellen

Eine davon ist die bekannte Hamburger Architektin und Designerin Ulrike Krages. Sie hat nun eine Visualisierung erarbeitet, wie das Café wieder in alter Pracht entstehen kann. Sie schlägt vor, den Ursprungszustand „wiederherzustellen“ und die große Außenterrasse zu öffnen: „Die 1953 gebauten Seeterrassen verdeutlichen, wie sehr sich der damalige Architekt im Baustil seiner Zeit in die Gartenanlage hineingedacht hat“, sagt Krages dem Abendblatt.

„Wenn wir heute Baudenkmale dieser Zeit erhalten wollen, so ist es dringend erforderlich, dass sich die Innen- wie die Außenmö­blierung mit allen dazugehörenden Details ihrer Zeit anpassen.“ Ihr Ziel sei, dass die Besucher ins Gebäude eintauchen und somit in die Zeit der Fünfziger- und Sechzigerjahre einsteigen könnten. „Diese konsequente inhaltliche Umsetzung ist wichtig; denn ansonsten bleibt das Restaurant lediglich ein aus der Zeit gefallenes Gebäude.“ Krages schlägt vor, die Möblierung und die Markisen der Epoche zu widmen. Dadurch bekäme der Bau etwas Verspieltes.

Oberbaudirektor: „Das ist ein Haus mit Charme“

Im Interview mit dem Abendblatt hatte sich unlängst auch Oberbaudirektor Franz-Josef Höing als Anhänger des Streb-Baus gezeigt: „Das ist ein Haus mit Charme, an das viele Hamburger gute Erinnerungen haben und das auch mir am Herzen liegt.“ Er vertrete die Haltung, dass man an dem Gebäude die eine oder andere hinzugekommene Schicht abtragen und dadurch seine interessante Architektur wieder zum Vorschein bringen kann. „Man sieht doch Harald Juhnke förmlich noch vor sich, wie er die Treppe hinuntersteigt, während hinter ihm auf der Terrasse das Orchester spielt.“

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Auch politisch wächst der Druck für den Erhalt des Cafés Seeterrassen. In der Bürgerschaftssitzung Anfang September haben die Mehrheitsfraktionen SPD und Grüne den Senat ersucht, für den Standort der Seeterrassen ein Konzept für ein „attraktives und der Öffentlichkeit zugängliches Angebot zu schaffen“. Dabei soll der Erhalt des gegenwärtigen Ensembles ausdrücklich geprüft werden. „Ich denke und hoffe, dass ein Erhalt möglich sein wird“, sagt Arne Platzbecker von der SPD. „Ich möchte den Bau in seinen Ursprungszustand zurückbauen lassen, als Zeichen der modernen Architektur der Fünfzigerjahre.“ Das aber müsse wirtschaftlich sinnvoll sein.