Hamburg. Befragung soll Zukunft von Hamburgs grüner Oase mitprägen. Straßensperrungen geplant. Aber es gibt auch Kritik.

Der Bezirk Nord lässt derzeit umfassend prüfen, wie der Hamburger Stadtpark weiterentwickelt werden kann. Ein zentraler Punkt dabei ist die Frage, ob eine Sperrung des Südrings und eine zumindest teilweise Sperrung der Otto-Wels-Straße für den motorisierten Verkehr etwa an Wochenenden sinnvoll ist. Mit der Studie beauftragt wurden das niederländische Architektenbüro Karres en Brands und das Büro für Gartendenkmalpflege Schnitter.

Gerade in der Corona-Krise wurde das grüne Herz der Stadt zunehmend zur Zuflucht vieler Hamburgerinnen und Hamburger. Schätzungen zufolge besuchten rund 200.000 Menschen an Sommerwochenenden den Stadtpark. „Er ist fast zu populär“, sagte Bart Brands vom Architektenbüro Karres en Brands. Man wolle Aktivitäten aber nicht verbieten, sondern ermöglichen.

Eingriffe in den Autoverkehr im Stadtpark werden schon länger von SPD und Grünen diskutiert. So entstand etwa im Bauforum 2019 der Plan, den Stadtpark durch eine Sperrung des Rings 2 mit dem City-Nord-Park zu verbinden. Dabei würde der Verkehr über den Überseering umgeleitet. „Ich finde das eine grandiose Idee“, sagte gestern der Bezirksamtsleiter Nord, Michael Werner-Boelz (Grüne). Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) betonte, man wolle über die Stadtpark-Entwicklung „nicht am grünen Tisch entscheiden“. Geplant ist deshalb eine große Bürgerbefragung. In der nächsten Woche sollen dazu im Park Plakate mit QR-Codes aufgestellt werden – Besucher können so mit ein paar Klicks an der Umfrage teilnehmen.

Zahl der Besucher des Stadtparks steigt

Die Kosten für den Park-Umbau will Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) durch Gebühren aus Sondernutzungen wie etwa Konzerte hereinholen. „Wir werden über so etwas in den nächsten Jahren reden müssen, um den Park in Zeiten knapper Kassen zu finanzieren.“ Selten war dabei das grüne Herz der Stadt so beliebt wie in den vergangenen Wochen und Monaten. Am Montag stellten Architekt Bart Brands und der Denkmalpfleger Dr. Joachim Schnitter im städtischen Anzuchtsgarten den Plan für eine Untersuchung vor: Sie soll Chancen aufzeigen – wie sich der Stadtpark verändern und wie er weiterentwickelt werden kann.

Warum ein neues Konzept notwendig ist: Der Park steht unter einem enormen Nutzungsdruck, die Zahl der Besucher steigt. Was auch mit Neubauprojekten wie dem Pergolenviertel zusammenhängt, hier entstehen 1.600 neue Wohnungen. Außerdem ziehen Kulturangebote wie die Freilichtbühne immer mehr Menschen an, ganz besonders während der Corona-Krise, die dafür gesorgt hat, dass sich das kulturelle Leben zumindest teilweise in die Grünflächen verlagert hat. Voll wird es auch, weil es diverse Sportangebote im Park gibt, beispielsweise Rugby, Football, Tennis, Beachvolleyball, Fußball und Minigolf. Und schon 2019 äußerte der THC Horn-Hamm den Wunsch nach einer ganzjährigen Trainingsmöglichkeit für Tennisspieler und nach verbesserten Trainings- und Turnierbedingungen für Beachvolleyball.

Gutachten soll neue Ordnung in den Park bringen

Unter dem Strich heißt das: Auf den knapp 150 Hektar wird es zusehends enger. Deshalb hat der Bezirk Nord das Gutachten in Auftrag gegeben: Es soll neue Ordnung in den Park bringen. In den vergangenen Jahren hätten sich die Bedürfnisse der Besucher verändert, sagt Bart Brands. Ganz besonders augenfällig wird das jetzt, während der Corona-Krise: Plötzlich gibt es einen höheren Bedarf nach mehr Freiraum. Für Brands gilt: „Man muss den Park verändern, um ihn zu erhalten.“

Coronavirus – die Fotos zur Krise

Auch Denkmalpfleger Dr. Joachim Schnitter freut sich auf die neue Aufgabe. „Als Denkmalpfleger ist es ganz oft so, dass man verteidigt und verhindert.“ Nun gehe der Blick nach vorn. Zusätzlich zu der Befragung der Bürger gibt es Workshops, auf diese Weise wird die aktuelle Situation des Stadtparks analysiert. In einem weiteren Schritt wird ein grobes Konzept erstellt, das mit den Verantwortlichen abgestimmt wird; dazu werden verschiedene Szenarien durchgespielt. Im finalen Konzept werden schließlich „Handlungsempfehlungen“ für den Park vorgestellt.

Mögliche Sperrung des Südrings

Schon jetzt ist klar: Im Zentrum der Parkerweiterung steht eine mögliche Sperrung des Südrings und eine zeitweise Sperrung der Otto-Wels-Straße. Der zu erwartende räumliche Gewinn für die Grünanlage soll in dem Gutachten ausführlich geprüft werden. Gegenwärtig bieten diese beiden Straßen Besuchern des Parks noch eine gute Parkmöglichkeit. Im Laufe des nächsten Jahres sollen die Straßen dann testweise gesperrt werden, um zu untersuchen, ob und wie sich das Verkehrsverhalten ändert – und wie die Parkbesucher die neue Regelung annehmen. „Wie wollen herausfinden, was die Befindlichkeiten sind. Stört es die Nutzer wirklich so stark, wie wir uns das vorstellen?“, sagte Joachim Schnitter.

Nicht nur bei gutem Wetter wird es enger im Stadtpark. Dafür sorgen auch neue Anwohner.
Nicht nur bei gutem Wetter wird es enger im Stadtpark. Dafür sorgen auch neue Anwohner. © Marcelo Hernandez

Heidi Gemar–Schneider, Geschäftsführerin des Stadtparkvereins, begrüßt es, wenn weniger Verkehr durch den Stadtpark fließen und weitere Flächen erschlossen würden. Aber: „Ich glaube, bei der Südfläche, um die es jetzt geht, stehen Aufwand und Ertrag nicht im Verhältnis.“ Die Fläche an sich sei relativ klein und das Verkehrsaufkommen recht hoch. Für sie stelle sich die Frage, wie der Verkehr in diesem Bereich überhaupt umgeleitet werden kann.

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Aus Sicht des Vereins hätten andere Bereiche derzeit höhere Priorität. Viele dieser Flächen würden etwa derzeit von Vereinen oder anderweitig projektbezogen genutzt, sodass normale Parkbesucher diese oft nicht nutzen könnten. „Auch dieser Aspekt sollte bei den Planungen mit aufgegriffen werden“, so Gemar-Schneider weiter.

Die Pläne der Stadt sorgen auch für Kritik des CDU-Verkehrsexperten Richard Seelmaecker: „Aus meiner Sicht sind die aktuellen Ideen nicht zielführend. Die Sperrung der Otto-Wels-Straße schafft einen großen und unnötigen Umweg, der wiederum nicht gerade umweltfreundlich ist.“ Zudem werde die Straße zwar gut genutzt, aber sie sei eben nicht überfrequentiert. Die bestehende Tempo-30-Zone und Zebrastreifen hätten sich bewährt. „Auch glaube ich nicht, dass durch die Nutzung einer intakten Straße die Aufenthaltsqualität vermindert wird. Zumindest dann nicht, wenn sich alle auch an die Regeln halten.“