Hamburg. Zahl der Aufnahmen von minderjährigen Asylsuchenden steigt nach jahrelangem Rückgang. Stadt bemüht sich um Perspektiven.

Sie wollen dem Krieg entkommen, dem Hunger, der Armut, der Verfolgung – und dabei sind sie oft auf sich allein gestellt: Für Geflüchtete bleibt Hamburg ein Sehnsuchtsziel, gleichzeitig will der Senat den Hilfesuchenden Schutz bieten. Zuletzt kündigte der Senat an, kranke Kinder aus Griechenland mit deren Eltern aufzunehmen – insgesamt 41 junge Menschen (das Abendblatt berichtete). Unterdessen finden aber auch unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) jedes Jahr an der Elbe Zuflucht.

Allein bis Ende Mai waren es im Jahr 2020 insgesamt 188 Personen, wie aus Erhebungen der zuständigen Sozialbehörde hervorgeht. Darüber hinaus lebten zum Stichtag, dem 31. Mai, weitere 631 gerade volljährig gewordene Flüchtlinge in der Hansestadt, die bei ihrer Einreise allerdings noch minderjährig waren.

In den Jahren zuvor waren die Zahlen stetig zurückgegangen. Nachdem Hamburg auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 insgesamt 2572 unbegleitete minderjährige Ausländer aufgenommen hatte, waren es ein Jahr später noch 960 und im Jahr 2017 dann 403. In den Jahren 2018 sowie 2019 reduzierten sich die Zahlen auf 305 beziehungsweise 133. Allein im Januar dieses Jahres wurden in Hamburg dagegen 26 UMA in Obhut genommen, im Februar 34. In den darauf folgenden Monaten bleiben es jeweils unter 15. Im Juni waren es 13.

Viele Hilfesuchende kommen aus Afghanistan und Syrien

Die meisten der in Hamburg aufgenommenen Flüchtlinge, also Minderjährige und Erwachsene, kamen sowohl im vergangenen Jahr als auch 2018 aus den Ländern Afghanistan (im Durchschnitt 15,5 Prozent) und Syrien (10,8 beziehungsweise 15,3 Prozent). Weitere Herkunftsstaaten sind unter anderem Irak, Iran, Russland, Ghana, Eritrea, weitere Staaten aus Afrika sowie der Westbalkan.

Nach Hamburg waren zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise besonders viele minderjährige Flüchtlinge eingereist. Daher hatte sich der Senat für eine gesetzliche Regelung eingesetzt, wo die UMA im Bundesgebiet dauerhaft unterkommen sollen. Seit dem 1. November 2015 werden die UMA bundesweit verteilt, wovon für Hamburg zurzeit eine Aufnahmequote von 2,56 Prozent aller neu ankommender UMA gilt. Nicht alle vermeintlich Minderjährigen sind tatsächlich auch unter 18 Jahre alt.

Im Zweifelsfall wird eine Alterseinschätzung beziehungsweise eine ärztliche Untersuchung zur Altersbestimmung vorgenommen. So blieben beispielsweise von den ursprünglich 586 Personen, die im Jahr 2018 vorläufig in Obhut genommen wurden und die angeblich noch unter 18 Jahre alt waren, am Ende noch 305 unbegleitete minderjährige Ausländer übrig.

Um die Minderjährigen, die aus Krisengebieten nach Hamburg kommen, kümmert der „Fachdienst Flüchtlinge“ des Landesbetriebs Erziehung (LEB). Zunächst werden die jugendlichen Neuankömmlinge in der Erstaufnahme an der Feuerbergstraße untergebracht, wo 25 Plätze zur Verfügung stehen. Hier werden die jungen Geflüchteten zunächst für zwei bis drei Wochen rund um die Uhr versorgt und betreut. In dieser Zeit soll unter anderem auch geklärt werden, ob der jeweilige UMA in Hamburg bleibt.

Jugendliche erhalten zunächst Betreuung rund um die Uhr

Nach der ersten Station an der Feuerbergstraße werden die Jugendlichen in der sogenannten Clearingstelle Erstversorgung Tannenweg aufgenommen. Auch dort, wo insgesamt 38 Plätze vorhanden sind, gibt es eine Betreuung rund um die Uhr. Ferner ist es das Ziel, die minderjährigen Flüchtlinge in den Schulbetrieb zu integrieren. Unter anderem sollen sie einen Sprachkursus absolvieren und lernen, im Alltag in Hamburg zurechtzukommen.

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Nach weiteren drei Monaten, so ist die Erfahrung, kann begonnen werden, den jungen Neuankömmling über das Jugendhilfesystem weiter zu unterstützen. Wenn geklärt ist, dass ein UMA in Hamburg bleibt, gibt es je nach Alter und individuellem Bedarf unterschiedliche Möglichkeiten für den Einzelnen. So können die jungen Leute beispielsweise in pädagogisch betreute Wohngruppen ziehen, in Jugendwohnungen oder das sogenannte Ambulant betreute Wohnen wahrnehmen. Besondere Angebote bieten zudem zwei spezielle Clearingstellen: Wer als UMA als besonders belastet gilt, etwa durch Erlebnisse im Kriegsgeschehen, wenn beispielsweise Angehörige umgekommen sind, kann hier noch weiter gehende Hilfe bekommen.

Vor allem der Schritt in die Volljährigkeit ist für die jungen Geflüchteten herausfordernd. Ab 18 Jahren gibt es deutlich weniger Betreuungs-, Bildungs- und Unterbringungsangebote. Etwa über die Beratung in den Jobcentern soll den betroffenen Flüchtlingen jedoch der Weg in das Berufsleben erleichtert werden.