Hamburg. Ein Hund biss einem zwei Jahre alten Mädchen in den Kopf. Es musste notoperiert werden. CDU sieht „Anlass zur Sorge“.

Vor zwei Wochen hat ein Hund ein zwei Jahre altes Mädchen in den Kopf gebissen, ihm ein Stück der Oberlippe abgetrennt und weitere schwere Gesichtsverletzungen zugefügt. Das Kind musste notoperiert werden und könnte teilweise entstellt bleiben. Mehrere Folgeoperationen sind erforderlich. Inzwischen ist die Kleine, wie die Polizei auf Anfrage mitteilte, aus dem Krankenhaus entlassen worden und wieder zu Hause bei ihren Eltern. Der Hund – ein Retriever-Mischling – war unmittelbar nach den Bissen auf Initiative seines Halters (56) eingeschläfert worden.

Das Mädchen, seine Familie und der Halter des Mischlings hatten zuvor einen unbeschwerten Tag in einer Steilshooper Kleingartenanlage verbracht. Warum das bis dahin und in den fünf Jahren davor völlig unauffällige Tier das Kind plötzlich anfiel, ist noch immer ungeklärt. „Die Ermittlungen und Vernehmungen dauern an“, sagt Polizeisprecher Daniel Ritterskamp. Die Tierrechtsorganisation PETA forderte danach einen verpflichtenden Hundeführerschein für alle, die sich einen Hund anschaffen wollen.

Als Reaktion auf die blutige Attacke fragte der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Dennis Gladiator den Senat, ob die Hamburger vor gefährlichen Hunden hinreichend geschützt sind. Wie aus der Antwort hervorgeht, deutet sich für dieses Jahr bereits an, dass die Zahl der sichergestellten „gefährlichen“ Hunde weiter steigen könnte. Nach dem Hundegesetz gehören dazu American Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Bullterrier sowie Kreuzungen dieser Rassen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Gefährliche Hunde: Zahl der Beißereien etwa gleich geblieben

Wurden 2019 insgesamt 124 sogenannte „Kategorie 1“-Hunde sichergestellt (nach 75 im Jahr davor und 48 in 2017), so waren es bis zum 31. Juli 2020 bereits 91, die meisten im Bezirk Mitte (26), gefolgt von Altona und Wandsbek (beide 20). Gründe für eine Sicherstellung sind etwa auffällig gewordene Tiere oder die verbotene Zucht von Kategorie-1-Hunden. „Bei gefährlichen Hunden hört der Spaß auf. Da müssen die Behörden durchgreifen und die Menschen schützen, insbesondere Kinder“, sagt Gladiator. „Die neusten Zahlen geben Anlass zur Sorge.“

Etwa gleich geblieben ist die Zahl der Beißereien, die sich gegen Menschen oder andere Tiere richtete. 2019 regis­trierten die Behörden 122 „Beißvorfälle“, 2018 waren es 125. Zwar haben im Vorjahr am häufigsten Mischlingshunde zugebissen, die keiner Rasse zugeordnet werden können – der Hundekontrolldienst des Bezirksamts Mitte (HKD) ermittelte 18 Fälle.

Gemessen an der Gesamtzahl dieses Typus in Hamburg – 2019 waren 11.580 in Hamburg gemeldet – ist ihr Anteil an den Beißvorfällen jedoch verschwindend gering, er liegt bei 0,16 Prozent. Ähnlich verhält es sich bei den Labrador Retrievern und den Deutschen Schäferhunden, die im Vorjahr am zweit- und dritthäufigsten zubissen. Der Anteil der Hunde, die auffällig wurden, liegt auch bei diesen beiden Rassen bei weit unter einem halben Prozent.

Die meisten Fälle gab es in Wandsbek

Gemessen an der Zahl der Hunde muss laut Statistik (www.hamburg.de/hundegesetz) der Jakutische Laika als beißwütigste Rasse in Hamburg gelten – von diesen Hunden gibt es aber auch nur zwei in der gesamten Stadt, ein Beißvorfall ist aktenkundig geworden. Es folgen der Zentralasiatische Ovtcharka und der Beagle-Harrier. Der erste „Kampfhund“ taucht erst auf Platz sieben der Statistik auf. 65 American Staffordshire sind in Hamburg zu Hause, für diese Rasse waren 2019 zwei Beißvorfälle gemeldet worden.

Die meisten Fälle ereigneten sich 2019 demnach in den Bezirken Wandsbek (47), gefolgt von Nord (30) und Eimsbüttel (19), alle vorwiegend im öffentlichen Raum. Die Ursache blieb in rund 75 Prozent der Fälle ungeklärt. Nur ein einziger Biss ließ sich auf eine „erhöhte Aggressivität durch Zucht oder Haltung“ zurückführen. Ein Hund musste seit 2019 eingeschläfert werden: ein Bullterrier, der „eine hochgradig pathologische Verhaltensstörung mit Selbstverletzung aufwies“, so der Senat.

Zahl der Hunde seit 2012 um 40 Prozent gestiegen

Die Zahl der Hunde in Hamburg ist seit 2012 um 40 Prozent gestiegen. Zuständig für die rund 85.000 in Hamburg gemeldeten Hunde ist der HKD. Er überwacht unter anderem, ob die Tiere angeleint sind. Sieben Mitarbeiter sind dort beschäftigt, eine weitere Kraft soll zeitnah „eingesteuert“ werden. Eine Verstärkung ist offenbar nötig, allein die Zahl der Bürgerbeschwerden ist explodiert: von 96 im Vorjahr auf 151 bis zum 3. August 2020. Zudem gab es 2019 drei Überlastungsanzeigen von HKD-Mitarbeitern, 2020 sind es bereits vier.

Gladiator: „Diese Entwicklung kann so nicht weitergehen. Die Sicherheit der Hamburger darf nicht an zu wenigen und überlasteten Mitarbeitern scheitern, die offenkundig ihr Bestes geben, um gefährliche Hunde aus dem Verkehr zu ziehen. Hier muss der Senat handeln.“