Hamburg. Dennis Thering warnt vor „hohem Risiko“ durch Schulöffnung. Mehr als 800 Eltern unterzeichnen offenen Brief an Hamburgs Bürgermeister.

Die Hamburger CDU-Fraktion schaltet zum Schulstart vom Donnerstag an ein Corona-Schulhotline. Unter der Telefonnummer 040/42831–1354 oder per Mail unter schulstart@cduhh.de könnten sich Eltern oder Schüler an die CDU wenden, „wenn sie Sorgen, Hinweise und Kritik zum Umgang mit Corona an Hamburger Schulen haben", teilte die Fraktion am Mittwoch mit.

„Die Rückkehr zum vollständigen Präsenzunterricht nach den Sommerferien ohne umfassende Vorbereitung, Hygienekonzepte und Alternativpläne durch die Schulbehörde, hat bei vielen Experten und Eltern für Kritik gesorgt und die Angst vor einer zweiten Corona-Welle in Hamburg geschürt“, so die Christdemokraten. „Die CDU-Bürgerschaftsfraktion wird die Hinweise und Vorschläge der Eltern und Schüler an die Schulbehörde weiterleiten und in Form von Anträgen in der Hamburgischen Bürgerschaft versuchen, Abhilfe zu schaffen."

CDU: Senat geht mit Öffnung der Schulen hohes Risiko ein

CDU-Fraktionschef Dennis Thering warnt: „Der rot-grüne Senat geht mit der vollständigen Öffnung der Hamburger Schulen ein hohes Risiko ein. Das liegt vor allem daran, dass überzeugende Konzepte für den Umgang mit Corona im Schulalltag fehlen und auch die Alternativen wie Homeschooling und E-Learning nicht ausgebaut wurden.“

Es bleibe „unverständlich, dass der Schulsenator und SPD und Grüne die letzten fünf Monate einschließlich der Sommerferien nicht genutzt haben, um Hamburgs Schulen vorzubereiten“, so Thering. „Die von uns geforderte Maskenpflicht an Schulen hat der Senat erst in letzter Minute doch noch übernommen. Das hilft, wird alleine aber nicht ausreichen: Eine Maske macht noch kein Konzept."

Mehr als 800 Eltern unterzeichnen Brief an Tschentscher

Neben einer Ausweitung der Corona-Tests für Schülerinnen und Schüler gebe es „viele weitere Baustellen an Hamburgs Schulen“, sagte der CDU-Fraktionschef. „Wir bitten daher Eltern und Schüler um Ihre Hinweise und Beobachtungen. Uns ist es wichtig, mit den Betroffenen direkt zu sprechen und Verbesserungen zu erzielen. Der Senat scheint mit der Situation überfordert und unvorbereitet zu sein, daher ist es wichtig, dass wir jederzeit möglichst zügig nachsteuern und die größten Versäumnisse beheben. Dazu möchten wir als CDU-Fraktion unseren Beitrag leisten."

Der offene Brief besorgter Eltern, die die Einhaltung von Hygieneregeln auch im Schulunterricht fordern, wurde derweil binnen kurzer Zeit bereits von vielen hundert besorgten Eltern und Lehrern unterzeichnet. Am Mittwochnachmittag waren online bereits binnen kurzer Zeit mehr als 730 Unterzeichner aufgelistet, insgesamt haben laut den Initiatoren bereits mehr als 800 Eltern den Brief an Bürgermeister Peter Tschentscher, Sozialsenatorin Melanie Leonhard und Schulsenator Ties Rabe (alle SPD) unterschrieben."

Vorwurf: Konzept nimmt Sorgen der Elternschaft nicht ernst

Die große Unterstützung zeige, dass das Konzept des Schulsenators für den Unterricht nach den Sommerferien "nicht nur mangelhaft beim Infektionsschutz“ sei, sondern auch "wenige Tage vor Schulbeginn, zu spät für viele Schulen“ komme, heißt es in einer Pressmitteilung der Verfasser des Briefes um die Journalistin Nadja Frenz und den Rechtsberater Heiko Habbe. "Es nimmt auch die Sorgen eines großen Teils der Hamburger Elternschaft nicht ernst.“ Abstand halten im Klassenzimmer müsse die Regel sein. Dies könne insbesondere ermöglicht werden "durch geteilte Klassen und Unterricht in Kleingruppen, Reduzierung der Wochenstundenzahl im Präsenzunterricht, Kombination mit digitaler Lernstoffvermittlung."

Dabei würden die Zweifel der Eltern in weiten Teilen bestätigt durch eine aktuelle neue Empfehlung der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina. "Deren heutige Ad-hoc-Stellungnahme betont: Entscheidend ist, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um bereits das Risiko einer Ausbreitung innerhalb von Bildungseinrichtungen so gering wie möglich zu halten“, so die Initiatoren des Offenen Briefes. "Diese Prävention kommt im Hamburger Konzept bisher zu kurz."

Corona-Regeln an Hamburgs Schulen (Stand: 3. August):

  • Maskenpflicht an weiterführenden Schulen für alle Beteiligten, ausgenommen im Unterricht
  • Schüler und Beschäftigte müssen grundsätzlich den Mindestabstand einhalten
  • Schulen müssen eine entsprechende Wegführung und feste Areale auf den Pausenhöfen organisieren
  • Während des Unterrichts gilt die Abstandspflicht nicht
  • In besonderen Fällen können Schüler verschiedener Klassen miteinander lernen, etwa in Oberstufen- oder Wahlpflichtkursen
  • Schüler verschiedener Jahrgangsstufen müssen weiterhin untereinander den Mindestabstand einhalten
  • In Sport, Schwimmen, Musik und Theater sind große Abstandsregeln einzuhalten und Körperkontakte zu vermeiden
  • Schüler und Beschäftigte mit besonderen gesundheitlichen Risiken können sich per Attest vom Präsenzunterricht befreien lassen
  • Kranke Schüler sowie Urlaubsrückkehrer aus Risikogebieten, die keinen negativen Test vorweisen können und noch nicht in Quarantäne waren, werden umgehend nach Hause geschickt und dürfen die Schule vorerst nicht betreten
  • Bei Fernunterricht muss die Schule wöchentlich Telefongespräche mit den Schülern organisieren und den Austausch von Arbeitsbögen, Arbeitshefte, Bücher und handschriftlicher Arbeiten garantieren
  • Schulen müssen bis zu den Herbstferien in jeder Woche den vollständigen Unterricht erteilen
  • Projektwochen, Ausflüge, auswärtige Besuche sowie weitere Schulaktivitäten sind bis zu den Herbstferien nur erlaubt, wenn sie nicht zu Lasten der regulären Unterrichtsstunden gehen
  • Klassenreisen sind bis zu den Herbstferien untersagt

Für häufiges Lüften fehlen oft technische Voraussetzungen

Die Leopoldina empfehle "kleine, feste Kontaktgruppen – keine Kohorten mit bis zu 120 Schülern". Sie betone die Einhaltung des Abstandsgebots. Sie empfehle überdies "häufiges Lüften, wofür an vielen Hamburger Schulen die technischen Voraussetzungen fehlen“ und "Mundschutz ab Klasse 5 auch innerhalb des Gruppenverbandes, d. h. auch im Klassenzimmer, wenn das Abstandsgebot nicht eingehalten werden kann".

Für die Klasse 1 bis 4 werde Mundschutz außerhalb des Klassenraums empfohlen. Digitale Lehr- und Lernmöglichkeiten müssten ausgebaut werden für den Fall, dass der Schulbesuch nicht durchgängig aufrechterhalten werden kann. Familien sollten stärker gefördert werden, um Bildungsungleichheiten so niedrig wie möglich zu halten.

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"Rabes Augen-zu-und-durch-Kurs führt in die Irre"

„Das sind wesentliche Punkte, die wir auch in unserem Brief fordern“, sagte Ines Moegling, eine weitere Initiatorinnen des Protests. „Es wird immer deutlicher, dass das Konzept des Senators auf tönernen Füßen steht, weil er die wissenschaftliche Erkenntnislage einseitig auswertet. Wir erwarten dringend Nachbesserungen. Das ist Ties Rabe den Schüler*innen, Lehrer*innen und Eltern schuldig.“

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Die Verfasser und die Unterzeichnen „wollen, dass die Schulen nach dem Sommer geöffnet werden können“, so Heiko Habbe. "Wir wollen aber vor allem auch, dass sie zuverlässig geöffnet bleiben können, auch in der Pandemie. Dieses Vertrauen geben die Pläne des Senators nicht.“ Rabe müsse sich "jetzt bewegen“, so Nadja Frenz. „Wir haben ihn und den Ersten Bürgermeister um ein Gespräch gebeten – darauf haben wir keine Reaktion. Stattdessen verharmlost Rabe die Sorgen der Eltern öffentlich und stellt sich bei Schutzmasken auch gegen Empfehlungen der Bundesbildungsministerin. Sein Augen-zu-und-durch-Kurs führt in die Irre."