Hamburg. Das Schuljahr in Hamburg startet – aber was ist von Donnerstag an die neue Normalität für Schüler, Lehrer und Eltern?

Wenn Schulleiter Mathias Morgenroth-Marwedel am 6. August nach dem Ende der Sommerferien seine Schule, die Stadtteilschule Blankenese, betritt, dann startet ein Experiment, das bislang ohne Beispiel ist. Es ist der Versuch, an den Schulen nach den Monaten der coronabedingten Schulschließungen und Einschränkungen wieder Normalität einkehren zu lassen. „Uneingeschränkter Regelbetrieb“ heißt das im Jargon der Schulbürokraten. Damit ist gemeint: Der komplette Unterricht findet in der Schule statt, und es gibt (wie vor Corona an fast allen Hamburger Schulen) eine Ganztagsbetreuung mit Kantinenessen.

Die Ankündigung von Schulsenator Ties Rabe (SPD) eine Woche vor dem Start des neuen Schuljahres war eindeutig: Alle Schülerinnen und Schüler, alle Klassen und Jahrgangsstufen kehren in die Schule zurück – zunächst einmal, wie hinzugefügt werden muss, denn über die nahe Zukunft des Schulbetriebs entscheidet auch die weitere Entwicklung der Infektionszahlen in Deutschland, in Hamburg und nicht zuletzt in den einzelnen Schulen.

Schülerin Luise Ebinger geht in die sechste Klasse und hofft, dass „alle, Lehrer und Schüler, in der Schule weiterhin auf die Hygiene achten.
Schülerin Luise Ebinger geht in die sechste Klasse und hofft, dass „alle, Lehrer und Schüler, in der Schule weiterhin auf die Hygiene achten. © Michael Rauhe / FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Es ist diese aufgrund der Launen der Pandemie fortdauernde Ungewissheit, die den Experimentcharakter der Wiederöffnung der Schulen unterstreicht. Von Morgenroth-Marwedel und seinen Schulleiterkollegen, von allen Lehrerinnen und Lehrern und nicht zuletzt von den Schülern und Eltern wird die Corona-Krise weiterhin viel Flexibilität verlangen.

„Nichts wird mehr sein wie vorher.“

„Ich persönlich bin sehr hoffnungsvoll und gehe mit begründeter Zuversicht in das neue Schuljahr“, sagt Morgenroth-Marwedel, aber er fügt hinzu: „Nichts wird mehr sein wie vorher.“ Dabei denkt der Schulleiter nicht nur an die Fragilität aller Entscheidungen in Zeiten der Pandemie, sondern gewinnt der Lage durchaus auch positive Aspekte ab: „Die Sehnsucht nach Schule ist größer geworden, je länger sie nicht stattgefunden hat.“ Er schließt in diese Beobachtung die Schülerinnen und Schüler ausdrücklich ein.

Sehnsucht der Schüler nach Schule – das ist selbst für erfahrene Pädagogen doch eher eine überraschende Erfahrung. Morgenroth-Marwedel hält es für möglich, dass das Verlusterlebnis zu einer Neubewertung von Schule führen könnte. „Wir wollen die Türen öffnen für diejenigen, für die Schule wichtig ist. Die Schule ist eine soziale Einrichtung, ein sozialer Ort. Es geht dann nicht nur um Deutsch, Englisch und Mathematik“, sagt der Schulleiter, der natürlich weiß, was die monatelange Phase des schulischen Lockdowns für die Familien bedeutete und wie wichtig der Neustart des Schulunterrichts auch unter diesem Aspekt ist: „Viele Eltern waren am Rand mit ihrem Nervenkostüm.“

Der letzte reguläre Schultag dieses Jahres war der 28. Februar – danach begannen die Märzferien, die in Hamburg nicht ohne Grund Skiferien heißen. Zwei Wochen später – viele Rückkehrer aus dem Urlaub hatten sich mit dem neuen Coronavirus angesteckt und Hamburg zu einem frühen Hotspot gemacht – blieben die Schulen geschlossen. In keinem anderen Bundesland dauerte die Pause des gemeinsamen Unterrichts in Klassen- und Fachräumen so lange wie an Alster und Elbe. Nie seit den Tagen des Zweiten Weltkrieges fiel in Hamburg die Schule so lange aus wie 2020.

Wie kontrovers um den richtigen Kurs gestritten wurde, zeigte sich auch am Abitur

In der ersten Phase wurde an Schulen lediglich eine Notbetreuung in der Zeit von 8 bis 16 Uhr für die Kinder von Eltern angeboten, die aus beruflichen oder familiären Gründen darauf angewiesen waren. Erst vom 27. April an wurden die Schulen nach Klassenstufen schrittweise wieder geöffnet. Es war eine eingeschränkte Rückkehr in die vertraute Umgebung, denn nur ein Teil der Unterrichtsstunden sollte in der Schule stattfinden. Beim anderen Teil blieb es dabei, dass die Schüler nach Anleitung zu Hause lernen sollten. Für diese Form pädagogischer Vermittlung prägte sich der Begriff Fernunterricht ein.

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Viele Lehrerinnen und Lehrer, aber auch Eltern sahen vor allem die gesundheitlichen Risiken der zahllosen Begegnungen, die nun in der Schule wieder möglich sein würden. Anderen kam der Neustart viel zu spät und zu zaghaft, weil die Verhältnisse zu Hause schwierig und beengt waren, zumal auch die meisten Eltern im Homeoffice arbeiteten (und arbeiten). Wie kontrovers um den richtigen Kurs gestritten wurde, zeigte sich auch am Abitur: Schulsenator Ties Rabe (SPD) verschob die schriftlichen Prüfungen um ein paar Wochen und setzte die reguläre Reifeprüfung letztlich gegen massive Widerstände und Bedenken auch wegen angeblich unzureichender Vorbereitung durch. Das Abitur verlief dann allerdings – unter Einhaltung der Abstandsregeln – erstaunlich reibungslos. Am Ende erreichten die Abiturienten 2020 den besten Gesamtnotenschnitt seit Jahren.

Der Schulleiter der Grundschule Mendelstrasse Jörn Cors.
Der Schulleiter der Grundschule Mendelstrasse Jörn Cors. © Michael Rauhe / FUNKE Foto Services | Unbekannt

Aber: Schon die schrittweise Rückkehr zum Unterrichtsbetrieb in der Schule vor den Sommerferien war eine Gratwanderung, schließlich hätten Virusinfektionen in größerer Zahl die Bemühungen schnell zu Fall bringen können. Schulsenator Rabe hatte dennoch Mitte Juni angekündigt, im Gleichklang mit acht anderen Bundesländern den Regelunterricht in den Grundschulen und den fünften und sechsten Klassen der weiterführenden Schulen nach den Sommerferien sicher wieder aufnehmen zu wollen. Für die höheren Klassen sei das immerhin wahrscheinlich. Der Druck auf die verantwortlichen Politiker, die Schulen aufgrund von psychologischen, sozialen und familiären Aspekten wieder zu öffnen, war sehr groß.

Im Unterricht gibt es keinen coronabedingten Mindestabstand und keine Maskenpflicht

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sprach daraufhin davon, dass dieser Schritt zwar „aus pädagogischen Gründen ausgesprochen wünschenswert“ sei. Dennoch sei es falsch, „die bisherigen Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsrisikos und zum Gesundheitsschutz leichtfertig aufzugeben“. Dabei geht es der GEW vor allem um die Einhaltung des Abstandes von 1,5 Metern in allen Unterrichtssituationen. Aus diesem Grund fand vor den Sommerferien der reduzierte Präsenzunterricht nur in kleinen Gruppen mit bis zu 15 Schülern statt. Nur wenn diese Regel fällt, das hat Rabe immer wieder deutlich gemacht, ist der komplette Regelbetrieb an Schulen überhaupt möglich. Wenn Schüler im Abstand von 1,5 Metern zueinander sitzen sollten, müssten die Klassen wieder geteilt werden – räumlich wie personell sind die Schulen dafür bei vollem Präsenzunterricht nicht ausgestattet.

Jetzt kommt es so, wie Rabe es angekündigt hat: Im Unterricht gibt es keinen coronabedingten Mindestabstand und keine Maskenpflicht, und es bleibt bei der üblichen Klassengröße, die vor der Pandemie auch galt: zwischen 19 und 27 Schülerinnen und Schülern, je nach Klassenstufe und Schulform. Der Umgang mit der Abstandsregel wie mit den Hy­gieneauflagen insgesamt wird also eine der ersten Bewährungsproben sein, wenn die Schulen wieder öffnen.

Ties Rabe, Schulsenator
Ties Rabe, Schulsenator © Andreas Laible / FUNKE Foto Services | Unbekannt

Die Schulbehörde hat dazu ein Konzept erarbeitet, das sich um den Begriff der Kohorte dreht. Damit sind Gruppen von maximal rund 120 Schülerinnen und Schülern gemeint, für die die Abstandsregeln nicht gelten sollen. Zwischen den einzelnen Kohorten allerdings schon. Bei einer vier- oder fünfzügigen Schule umfasst eine Kohorte in der Regel einen Jahrgang. An kleinen Schulen wie der Grundschule Cranz mit insgesamt nur 84 Schülern gibt es dagegen nur eine Kohorte.

Schulbehörde arbeitet an Aktualisierung des „Muster-Corona-Hygieneplans“

Wie wirksam kontrolliert werden kann, dass sich die Schüler unterschiedlichen Alters im alltäglichen Gewusel in den Gebäuden und auf dem Schulgelände nicht zu nahe kommen, ist eine offene Frage. Auf Unverständnis bei Lehrern, aber auch Eltern trifft in diesem Zusammenhang, dass die Schulbehörde für die Flure, die Treppenhäuser und die Schulhöfe lediglich empfiehlt, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Eine Maskenpflicht gibt es – außer für Schulbesucher wie zum Beispiel Eltern – im Gegensatz zu anderen Ländern nicht. Manchen ist das zu lax.

Lehrerinnen und Lehrer müssen untereinander den Mindestabstand etwa im Lehrerzimmer, bei Konferenzen oder in der Teeküche einhalten, sie haben auch Kontakt zu Schülern unterschiedlicher Jahrgänge. Im Unterricht muss der Abstand zwischen Lehrer und Schülern dagegen nicht eingehalten werden. Noch arbeiten die Beamten in der Schulbehörde an einer Aktualisierung des „Muster-Corona-Hygieneplans“, auf dessen Basis die Schulen dann ihre eigenen Hygienepläne aufstellen sollen.

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Immerhin ist wenige Tage vor dem Schulstart für die materielle Ausstattung zum Virenschutz gesorgt: Zusätzlich zu den 135.000 sogenannten Alltagsmasken aus Stoffmaterial, die schon vor Wochen an die Schulen verteilt wurden, hat die Behörde noch einmal 30.000 FFP2-Masken und Plexiglas-Visiere geordert, die auch dem passiven Schutz des Trägers dienen.

Lehrer, die sich befreien lassen wollen, brauchen ein Attest

Die Lehrer dürfen die Masken oder Visiere auch im Unterricht tragen – das ist selbstverständlich auch keinem Schüler verboten. Grundsätzlich sind die Pädagogen verpflichtet, am Präsenzunterricht in der Schule teilzunehmen. Eine Weigerung aus Angst vor dem Virus sieht der Gesetzgeber nicht vor. Allerdings können sich Lehrer mit einem ärztlichen Attest vom Präsenzunterricht befreien lassen, wenn aufgrund von Erkrankungen eine erhöhte Gefährdung besteht. Wie viele Lehrer diesen Weg gehen werden, ist noch nicht geklärt. Erst wenn am 3. August die Präsenztage beginnen, bei denen die Lehrer in der Schule anwesend sein müssen, wird erkennbar sein, wie viele Pädagogen ein Attest vorlegen.

Im zurückliegenden Schuljahr konnten sich Lehrer, die einer der Covid-19-Risikogruppen angehören, also zum Beispiel 60 Jahre und älter sind, durch eine einfache Erklärung vom Kontakt mit Schülern und Kollegen in der Schule befreien. An einzelnen Schulen wurden Ausfallquoten von bis zu 30 Prozent registriert, insgesamt dürfte der Durchschnitt aber deutlich niedriger gelegen haben. Von den über 60-Jährigen sollen sich laut Stichproben nur zwei bis drei Prozent dem Präsenzunterricht verweigert haben.

Jetzt hat die Behörde durch die Einführung der Attestpflicht die Hürde erhöht und behält sich ausdrücklich vor, die Kriterien noch einmal zu verschärfen. Vorläufig gilt allerdings die Aussage eines Behördensprechers: „Wir gehen aufgrund von Erfahrungswerten zu Schuljahresende und aufgrund der guten personellen Ausstattung der Hamburger Schulen davon aus, dass der reguläre Schulbetrieb auf jeden Fall sichergestellt werden kann.“

Was, wenn Eltern sich aus Sorge vor einer Infektion weigern, ihr Kind in die Schule zu schicken?

In Schleswig-Holstein haben nach Angaben der dortigen GEW 780 der rund 28.000 Lehrkräfte ein Attest für eine Befreiung vom Unterricht in der Schule vorgelegt. Nach einer betriebsärztlichen Überprüfung seien davon nur 32 Atteste akzeptiert worden. Eine solche Überprüfung ist in Hamburg (noch) nicht vorgesehen.

Vorstellbar, aber in der Dimension bislang ebenfalls nicht abzuschätzen, ist der Fall, dass sich Eltern aus Sorge vor einer Infektion weigern, ihr Kind in die Schule zu schicken. Grundsätzlich gilt die Schulpflicht. In Sachsen, das die Grundschulen schon im Juni wieder komplett geöffnet hatte, kamen 95 Prozent der Kinder in die Schulen, obwohl die Schulpflicht dort zunächst ausgesetzt war. Experten gehen davon aus, dass von den fünf Prozent, die der Schule fernblieben, etwa die Hälfte „echte“ Erkrankungen waren und die anderen coronabedingt zu Hause blieben.

Coronavirus: Die Fotos zur Krise

Jörn Cors ist Schulleiter der Grundschule Mendelstraße in Lohbrügge, und er rechnet damit, dass zum Schulbeginn alle seine Kollegen an Bord sind und auch alle Schüler kommen. Cors’ Schule erhält bei laufendem Betrieb bis 2024 einen Neubau, nur die alte Turnhalle bleibt stehen. Aber die Baumaßnahmen stören den Pädagogen wenig, es überwiegt die Vorfreude auf den Neustart. „Ich habe gehofft und erwartet, dass wir zu einem vollständigen Unterrichtsgeschehen zurückkehren. Eine Teilbeschulung wäre vor allem für die Kinder nicht wünschenswert gewesen“, sagt der Schulleiter. Cors und sein Kollegium haben eine Reihe von Vorkehrungen getroffen, damit der Sicherheitsabstand für die fünf- bis zehnjährigen Vorschüler und Schüler außerhalb der Klassenräume gewahrt bleibt.

„Wir haben ein sehr großes Schulgebäude mit mehreren Eingängen. Jeder Jahrgang hat seinen eigenen Eingang, und wir staffeln den Schulbeginn und das Schulende zeitlich und klassenweise“, sagt der Schulleiter. Nur in Gruppen betreten die Schüler das Schulgelände. Auf dem Schulhof und im Gebäude sind Markierungen für die Laufrichtungen angebracht. „Bei uns werden die Klassentüren immer offen stehen, wegen der Lüftung und damit niemand die Klinken anfassen muss“, sagt Cors. Eltern dürfen die Schule nur aus besonderem Anlass betreten, wenn sie zum Beispiel ins Schulbüro müssen. Geübt, sagt der Schulleiter, hätten sie ja schon während der schrittweisen Schulöffnung vor den Sommerferien. „Wir lernen alle dazu“, sagt Cors.

Behörde will den Lernstand der Schüler testen

Der Schutz vor einer Virusinfektion, der die Einhaltung der umfassenden Abstands- und Hygieneregeln erforderlich macht, ist eine zentrale Aufgabe für alle an Schule Beteiligten in diesen Tagen. Aber es gibt darüber hinaus auch pädagogische Probleme und Fragestellungen, denen die Aufmerksamkeit der Lehrer gelten muss. Wie ist der Lernstand der Schüler in den einzelnen Fächern? Was haben die Kinder und Jugendlichen unter den besonderen Bedingungen des Fernunterrichts und reduzierten Präsenzunterrichts wirklich mitbekommen? Selbst die GEW räumt ein, dass die Lehrer in der Zeit der Schulschließung nicht alle Schüler erreicht haben.

Um genau zu ermitteln, welche Defizite sich coronabedingt möglicherweise aufgebaut haben, soll der Lernstand aller Schüler der Klassen drei, vier, fünf und sieben in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch noch vor den Herbstferien ermittelt werden. Anhand der Ergebnisse sollen die Lehrer individuelle Förderkonzepte entwickeln, damit die Schüler Rückstände aufholen können. Diese Tests werden von der Schulbehörde zentral organisiert. Rabe forderte die Schulen und Lehrer auf, auch die Lernstände der Schüler in den anderen Klassenstufen zu ermitteln.

Um möglichst frühzeitig Defizite abzubauen, hatte Rabe die sogenannten Lernferien ins Leben gerufen. Während der zweiten Hälfte der Sommerferien sind bereits mehrere Tausend Schülerinnen und Schüler freiwillig in die Schulen gekommen. Das kostenlose Angebot, das sich in erster Linie an Jungen und Mädchen richtet, die in sozial schwierigen Verhältnissen aufwachsen, umfasst drei Unterrichtsstunden pro Tag über einen Zeitraum von zwei Wochen vor allem in den Kernfächern Deutsch, Englisch und Mathematik. Noch steht eine abschließende Auswertung der Lernferien aus, aber Rabe hat bereits eine erste positive Bilanz gezogen.

Die digitale Ausstattung der Schulen reicht bislang bei Weitem nicht aus

Obwohl naheliegenderweise keine Studien dazu vorliegen, gehen Schulpolitiker und Lehrer davon aus, dass vor allem die Jungen und Mädchen, „die von zu Hause nicht so viel Rückenwind bekommen“ (Rabe), unter dem Homeschooling gelitten haben. Das betrifft die häuslichen Rahmenbedingungen, etwa wenn ein Schüler kein Zimmer hat, um konzentriert lernen zu können, aber auch die fehlende Kompetenz, das fehlende Interesse oder die fehlende Zeit der Eltern – oder alles zusammen – , um ihre Kinder zu unterstützen. Es geht nicht selten aber auch sehr praktisch um die materielle Ausstattung mit Laptop oder Tablet. Ohne eigenes digitales Endgerät ist die Teilnahme am Fernunterricht in vielen Fällen schwierig.

Die Schulen haben zum Teil die vorhandenen Laptops ausgeliehen, um betroffene Schüler zu Hause „anzuschließen“. Dahinter steckt ein größeres Pro­blem: Die digitale Ausstattung der Schulen reicht bislang bei Weitem nicht aus. Die Corona-Krise hat die Defizite schlagartig offenbart. Immerhin versucht die Schulbehörde gegenzusteuern. Im Zuge des bundesweiten Digitalpakts Schule wurden exakt 36.529 Notebooks, Tablets und Laptops angeschafft, von denen rund 28.000 Geräte samt Zubehör bis zum Beginn des Schuljahres an die Schulen verteilt sein sollen, der Rest bis zum September.

Mit der schon vorhandenen Hardware (11.000 mobile Geräte) wird rechnerisch für etwa jeden vierten Schüler an allgemeinbildenden Schulen ein Gerät vorhanden sein. Die ursprünglich für den schulischen Gebrauch vorgesehenen Laptops sollen im neuen Schuljahr ausdrücklich auch an Schüler ausgeliehen werden, die zu Hause keine entsprechende Ausstattung haben.

Digitalkompetenz der Lehrer sehr unterschiedlich

Die andere Seite der Digitalisierung betrifft die Software, und da sieht es eher ernüchternd aus. Nur ein Beispiel: 70 der rund 350 Schulstandorte verfügen über ein flächendeckendes WLAN. An 109 Schulen ist die Installation beauftragt oder die Beauftragung wird vorbereitet, wie der Senat aktuell in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage mitteilt. Immerhin: Die Landesregierung sieht Hamburg bei der Umsetzung des Digitalpakts Schule bundesweit als führend an, die sogenannten eGovernment-Lösungen, die die Schulen nutzten, seien beispielhaft. Das kann bestenfalls ein eingeschränkter Trost sein.

Bleiben die Lehrer, welche die digitalen Hilfsmittel im (Fern-)Unterricht einsetzen sollen. Es gibt viele mutmachende Beispiele für kreative Ansätze, aber auch Pädagogen, die sich sehr schwertun mit der neuen digitalen Welt.

Eine Mutter zweier Kinder (zweite Klasse Grundschule und sechste Klasse Stadtteilschule) hat ihre Erfahrungen in der Phase der Schulschließungen in einem Leserbrief für das Abendblatt beschrieben. „Bei allem Engagement der Lehrer – und es sind wirklich fürsorgliche und umsichtige Lehrer – (…) bleibt es doch letztlich dabei, dass es sich bei dem besagten Fernunterricht durchaus um Aufgabenblätter aus dem Lehrbuch oder damit vergleichbar um Wochenpläne mit Arbeitsblättern und Verweisen auf Übungen in den Arbeitsbüchern der Kinder handelt, die wir per E-Mail oder alternativ über eine Internetplattform übermittelt bekommen“, schreibt die Mutter. Letztlich „sitzen doch wir Eltern mit den Kindern zu Hause am Tisch und gehen mit ihnen die Aufgaben durch, erklären Übungen und begleiten beim Lösen eben jener Aufgabenblätter“.

Es fehlt an Standards und einer einheitlichen Vorgehensweise der Schulen

Enorme Unterschiede gebe es auch, so die Frau weiter, bei der Frage, welche Medien für die Kommunikation zwischen Lehrer, Schüler und Eltern genutzt würden: „E-Mail, Padlet, Zoom, GoogleDrive, Telefon, Post“. Von anderen Eltern aus dem Bekanntenkreis höre sie ebenfalls Unterschiedliches: „Das reicht von ganzen Unterrichtseinheiten per Videokonferenz bis hin zu ein paar Arbeitsblättern und der Möglichkeit für Rücksprachen, wenn es Fragen gibt.“ Das Fazit der Mutter: „Von so etwas wie einem Fernunterricht ist das meines Erachtens weit entfernt.“ Es fehle vor allem an Standards und einer einheitlichen Vorgehensweise der Schulen.

Kreative Mundschutz-Mode

Mundschutz-Mode: Kreativ durch die Krise

Das kommt auf die Maske an. Liebevolle Signale sendet diese Frau mit einem Herzchen-Mundschutz an, der von palästinensischen Künstlern im Stadtteil Shejaiya bemalt wurde.
Das kommt auf die Maske an. Liebevolle Signale sendet diese Frau mit einem Herzchen-Mundschutz an, der von palästinensischen Künstlern im Stadtteil Shejaiya bemalt wurde. © dpa | Ahmad Hasaballah
Menschen weltweit machen aus der Not eine Tugend und gestalten sich selbst Mundschutz-Masken. Unsere Fotos zeigen besondere Stücke.
Menschen weltweit machen aus der Not eine Tugend und gestalten sich selbst Mundschutz-Masken. Unsere Fotos zeigen besondere Stücke. © dpa | Kay Nietfeld
Jan Scheper-Stuke, Geschäftsführer der Berliner Krawattenmanufaktur Auerbach, zeigt eine Mund-Nase-Maske aus der aktuellen Kollektion seiner Krawattenwerkstatt.
Jan Scheper-Stuke, Geschäftsführer der Berliner Krawattenmanufaktur Auerbach, zeigt eine Mund-Nase-Maske aus der aktuellen Kollektion seiner Krawattenwerkstatt. © dpa | Carsten Koall
Günter Baaske, Abgeordneter der SPD-Fraktion, trägt während der Brandenburger Landtagssitzung in Potsdam einen Mundschutz mit dem Motiv eines Fisches.
Günter Baaske, Abgeordneter der SPD-Fraktion, trägt während der Brandenburger Landtagssitzung in Potsdam einen Mundschutz mit dem Motiv eines Fisches. © ZB | Soeren Stache
Das kommt auf die Maske an. Liebevolle Signale sendet diese Frau mit einem Herzchen-Mundschutz an, der von palästinensischen Künstlern im Stadtteil Shejaiya bemalt wurde.
Das kommt auf die Maske an. Liebevolle Signale sendet diese Frau mit einem Herzchen-Mundschutz an, der von palästinensischen Künstlern im Stadtteil Shejaiya bemalt wurde. © dpa | Ahmad Hasaballah
Dein Freund und Helfer. Ein Sicherheitsbediensteter in Manila (Philippinen), der einen Mundschutz mit dem Superman-Logo trägt, zeigt einer Passantin den Weg.
Dein Freund und Helfer. Ein Sicherheitsbediensteter in Manila (Philippinen), der einen Mundschutz mit dem Superman-Logo trägt, zeigt einer Passantin den Weg. © dpa | Aaron Favila
Drei Männer tragen Mundschutz und fotografieren sich am India Gate in Neu Delhi, einer Touristenattraktion.
Drei Männer tragen Mundschutz und fotografieren sich am India Gate in Neu Delhi, einer Touristenattraktion. © dpa | Javed Dar
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Dubai: Ein junger Mann hat einen Mundschutz während der „Middle East Comic Con“ auf. © dpa | Kamran Jebreili
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„Aliens werden dich vor dem Corona schützen“ steht auf der Maske dieses Mannes in Tunis. © dpa | Chokri Mahjoub
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Ein Minibus-Taxifahrer mit Mundschutz schaut aus seinem Auto in Soweto, Südafrika.
Ein Minibus-Taxifahrer mit Mundschutz schaut aus seinem Auto in Soweto, Südafrika. © dpa | Themba Hadebe
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Das Model Klarika Koly zeigt sich mit buntem Mundschutz der Modedesignerin Pia Bolte in München. © dpa | Felix Hörhager
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Die Schmuckdesignerin Nicole Hayduga trägt in ihrem Showroom in Dachau eine von ihr entworfene Atemschutzmaske. © dpa | Sven Hoppe
Es geht auch unkonventionell: Abderrahim, ein Straßenverkäufer, trägt in Rabat in Marokko eine provisorische Gesichtsmaske aus Feigenblättern.
Es geht auch unkonventionell: Abderrahim, ein Straßenverkäufer, trägt in Rabat in Marokko eine provisorische Gesichtsmaske aus Feigenblättern. © dpa | Mosa'ab Elshamy
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Auch eine Online-Umfrage der Elternkammer hatte – allerdings schon Ende April – „erhebliche Schwachstellen“ beim Fernunterricht aus Sicht von Vätern und Müttern ergeben. Knapp 30 Prozent der Eltern beklagten, dass die Lehrer keinen ausreichenden Kontakt zu den Schülern hatten. Es finde weitgehend kein Unterricht statt. „Er wird fast vollständig von allein zu bearbeitenden Aufgaben ohne hinreichende pädagogisch-didaktische Betreuung ersetzt“, schrieb die Elternkammer.

Schulen sollten Plan B haben

Das mag sich in den folgenden Wochen bis zu den Ferien noch verbessert haben, doch auch der Schulsenator sieht Handlungsbedarf. Es gelte, Qualitätskriterien auf diesem Feld zu entwickeln, „in das Schüler, Lehrer und Eltern durch die Corona-Pandemie ganz stürmisch hineingeschubst wurden“, wie Rabe einmal sagte. „Meiner Ansicht nach wird der Fernunterricht auch nach den Sommerferien fester Teil des Lernens bleiben“, lautet ein häufig eher überhörter Satz Rabes. Das ist schon deswegen richtig, weil niemand weiß, ob nicht wegen der Pandemie wieder Einschränkungen des Präsenzunterrichts nötig sein werden.

Auch in diesem Sinn ist es erforderlich, dass die Schulen einen Plan B haben, falls die Infektionszahlen wieder nach oben schießen. „Es wäre interessant zu wissen, (...) ob wir bei einem ggf. neuerlichen Lockdown im Herbst mit einer dann weitestgehend einheitlichen Umsetzung eines Fernunterrichts in den Schulen rechnen können“, schrieb besagte Mutter am Ende ihres Leserbriefs. Die Schulbehörde will den Schulen in den nächsten Tagen einen Leitfaden mit den Vorgaben und Richtlinien für den Fernunterricht zusenden. Viel Zeit ist ja nun nicht mehr.

Langfristig wird für den Erfolg schulischen Lernens mitentscheidend sein, wie gut der Fernunterricht funktioniert. Die Diskussion über die Schule der Zukunft hat durch Corona neue Intensität bekommen. Schon gibt es Elternverbände, die einen festen Homeschooling-Tag pro Woche fordern. Auch die GEW kann sich einen „Mix aus Fern- und Präsenzunterricht“ dauerhaft vorstellen.

Opposition kritisiert: Es fehle ein „Plan B“

Erst einmal gilt in Hamburg die Devise: Rückkehr aller in die Schule mit einem vollwertigen Unterricht nach Stundentafel. Für viele Eltern, wohl auch für viele Schüler und sicherlich auch für viele Lehrer ist dieses Bemühen um möglichst viel alte Normalität im Prinzip der richtige Weg. Aber auch der Schulsenator warnt vor zu viel Optimismus.

 „Angesichts der unklaren weiteren Entwicklung der Pandemie kann der Schulbetrieb nur vorläufig wieder aufgenommen werden. Es ist zum jetzigen Zeitpunkt trotz der in Hamburg erfreulichen Entwicklung nicht auszuschließen, dass bei einer dramatischen Veränderung der Lage der Präsenzunterricht wieder eingeschränkt werden muss“, schreibt Rabe in einem Brief an alle Schulleitungen und alle Beschäftigten der allgemeinbildenden Schulen.

Die Opposition warf Rabe vor, mit der Schulöffnung „ein hohes Risiko zu gehen“, weil zum Beispiel nicht geklärt sei, wie die Trennung der Schüler unterschiedlicher Jahrgangsstufen praktisch funktionieren könne. Es sei zudem „grob fahrlässig und naiv“, so die CDU-Schulpolitikerin Birgit Stöver, „keinen Plan B zur Hand zu haben“.

Zurück in die Schule – das ist ein notwendiges Experiment

Rabe wandte sich bei der Präsentation der Öffnungspläne fast beschwörend an Lehrer, Eltern und Schüler. „Mein Appell an alle ist, mit der uns jetzt geschenkten Zeit sorgfältig umzugehen. Wir wünschen uns, dass die Schulen die acht Wochen bis zu den Herbstferien intensiv nutzen, damit die Schülerinnen und Schüler bestmöglich lernen“, sagte der Schulsenator.

Zurück in die Schule – das ist ein notwendiges Experiment, das allzu langfristige Planungen allerdings fast unmöglich macht. Das Virus ist nach wie vor da, wie der jüngste Anstieg der Neuinfektionen zeigt. Berlin hat gerade beschlossen, nun doch die Maskenpflicht auf Fluren und in Treppenhäusern der Schulen einzuführen. Vielleicht müssen wir uns Schule künftig in einem Stop-and-go-Modus vorstellen.