Hamburg. Reisepläne zu schmieden ist in diesem Jahr eine besondere Herausforderung: Unsere Kollegen sind schon wieder hier und berichten.
Reisen oder in Hamburg bleiben? So schwer wie in diesem Corona-Jahr war die Entscheidung für oder gegen den Urlaub noch nie. Zur Halbzeit der Sommerferien berichten fünf Kolleginnen und Kollegen, die bereits unterwegs waren, wie es ihnen ergangen ist – auf Mallorca und Kos, in Dänemark, Österreich und Bayern.
Es geht um Flugpläne und Abstandsregeln, Wetterkapriolen und Corona-Tests. Und darum, dass die, die jetzt schon wieder in den Urlaub fahren, Orte fast für sich allein haben, die man sonst nur mit Menschenmassen überlauft kennt.
Urlaub in Corona-Zeiten: Was Abendblatt-Redakteure erlebt haben
Mallorca: Fincaferien, so schön wie eh und je
Vielleicht war es kühn, Anfang Mai für Mitte Juli eines der Lockangebote von Lufthansa anzunehmen und online ein günstiges Flugticket Richtung Mittelmeer zu buchen. Doch es hat sich gelohnt. Uns war bewusst, dass Flugpläne seinerzeit nur Makulatur waren. Wir kauften die Tickets dennoch – ein wenig vielleicht aus Trotz, denn wir hatten keine Lust, uns vom Virus einen plötzlich überteuerten Heimaturlaub aufzwingen zu lassen. Schließlich fahren wir seit Jahrzehnten gerne nach Spanien und seit 20 Jahren am liebsten nach Mallorca.
Die Insel hat für uns rein gar nichts mit irgendeiner Form von Ballermann zu tun, wir lieben das Meer in kleinen Buchten und das ruhige Landleben um Orte wie Santanyi oder Arta herum. Ebendort liegen wir nun zwischen Oleander und Palmen am Pool einer wunderschönen Finca, die wir uns mit Freunden aus Hamburg teilen und die so weit weg ist von jedem Corona-Hotspot wie nur möglich. Das Wetter? Ein Traum bei 28 bis 32 Grad Lufttemperatur und reichlich Sonne. Ein Finca-Urlaub auf Mallorca ist so schön wie eh und je
Aber etwas umgesehen und umgehört in der Gegend haben wir uns schon: Mallorca ist bereits jetzt keine „Geisterinsel“ mehr, wie noch Anfang Juli im „Spiegel“ beschrieben. Es wirkt eher wie ein Urlaubsziel in der Vor- oder Nachsaison. Der Strand der Cala Agulla nahe Cala Ratjada zum Beispiel ist keineswegs verwaist, aber es wird dort viel mehr Spanisch gesprochen als sonst. Im Ort selbst haben viele Geschäfte und die Großdiscos geschlossen, von den Hotels und Apartmentanlagen ist höchstens die Hälfte geöffnet. Und die Promenade blieb leider eine Baustelle.
Voll war es schon wieder auf dem Markt in Arta - und zwar so voll, dass sich die lokalen Medien echauffierten, weil sich hier ebenso wie bei manchen Abenden an der Playa de Palma zu viele Menschen ohne Maske und ohne Abstand begegneten. Die Folge: Am Montag wurde die bislang mit Hamburg vergleichbare Maskenpflicht deutlich verschärft. Nun muss hier jeder, der nicht gerade isst, trinkt, am Strand liegt oder Sport treibt, einen Mund-Nasen-Schutz ohne Ventil tragen. Ausnahmen gibt es nur wenige (etwa für Strandpromenaden und abgelegene Gebiete). Die Strafe bei Nichtbeachtung liegt bei bis zu 100 Euro, die Schonfrist endet am 20. Juli.
Vor unserem Abflug war schon von neuem Chaos am Flughafen von Palma die Rede. Wir haben es noch anders erlebt, kamen so schnell an Gepäck und Leihwagen wie selten zuvor. Allerdings hatten wir vorab online, wie gefordert, unseren Gesundheitsfragebogen ausgefüllt und einen QR-Code für die Einreise zugemailt bekommen. Im Flugzeug haben alle eine Maske getragen. Georg J. Schulz
Partys auf Mallorca in Corona-Zeiten besorgen Spahn:
Kos: Einsame Strände – die Insel ist leer wie im Winter
Fliegen wir oder fliegen wir nicht? Unsere Reise nach Kos hatten wir lange vor Corona gebucht. Im Mai stand fest: Die griechischen Inseln öffnen sich ab 1. Juli für Touristen. Wir sind geflogen. Groß war die Freude auf Sonne und Meer und leere Strände. Zu groß die Sorge, im Regen an überfüllten Nord- und Ostseestränden zu hängen und unserem Geld für die Stornierung der Reise nach Kos hinterherzurennen.
Auf den griechischen Inseln findet sich nach unserer Erfahrung immer eine stille Ecke. Leer und still ist es auf Kos tatsächlich. Teilweise wie ausgestorben wirkt die Insel, viele Hotels sind leer. Wir hören von einem Hotel mit 1000 Betten, das nur 20 Gäste hat. Noch immer haben auch etliche Studios und Restaurants geschlossen. Vieles ist völlig verwaist, weil kaum Touristen da sind. Aber im Laufe unserer zwei Wochen hier kommen immer mehr Touristen, gefühlt hauptsächlich Deutsche, einige Italiener, Belgier und Schweizer. Am Anfang aber gehören wir zu den ersten Urlaubern überhaupt. Unsere Vermieterin einer kleinen privaten Unterkunft meint: So leer sei die Insel nur im Winter, wenn gar keine Saison ist.
Das ist schön für uns, weil wir die Strände fast für uns allein haben, aber schlecht für die Menschen, die vom Tourismus leben. Ein Strandliegenverleiher hofft nun auf den August. Das ist der traditionelle Urlaubsmonat der Griechen.
Weil wir zu den ersten Touristen der Saison gehören, müssen wir auf einiges verzichten. So konnte auch unser Segeltörn zu den benachbarten Inseln nicht stattfinden. Flexibilität ist gefragt. Schon vor unserer Anreise mussten wir online ein Formular ausfüllen mit unseren Daten, der Adresse unserer Unterkunft. Darüber wurde uns ein QR-Code zugewiesen, den wir bei der Einreise in Athen vorzeigen. Anders als andere Reisende wurden wir nicht nach dem Zufallsprinzip zum Corona-Schnelltest aufgerufen. Erleichterung. Denn zuvor hatten wir uns mulmig die Frage gestellt: Was ist, wenn tatsächlich einer von uns – vielleicht auch falsch – positiv sein sollte?
Der Flug mit Maske war kein Problem. Am Flughafen wartete gleich ein TV-Sender auf die ersten Urlauber. Ob ich mich sicher fühle in Griechenland? Ja klar, sonst wären wir nicht geflogen. Überall werden wir mit Desinfektionsmittel empfangen. In den Geschäften und Tavernen trägt die Bedienung Mund- und Nasenschutz. Einen Abstand zu anderen Tischen gibt es nicht, aber wir sitzen ja im Freien. Die Kassierer in den Supermärkten tragen Maske, wir Kunden müssen das nicht. Erst ist das ein gutes Gefühl, dann kommen mir Zweifel. Unterm Strich aber denken wir jeden Tag: Alles richtig gemacht. Gut, dass wir geflogen sind! Geneviève Wood
Österreich: Fast allein in Sissis Schloss – entspannte Tage
Der Zug von Hamburg nach Wien ist gut ausgelastet, am Grenzbahnhof Passau lichten sich dann allerdings die Reihen, für viele ist hier Endstation. Hier ist alles wieder wie früher. Monatelang war die Grenze zwischen Deutschland und Österreich geschlossen. Inzwischen steht einem Besuch in meinem Heimatland nichts mehr im Weg. Vieles ist in Österreich inzwischen wieder lockerer als hier in Hamburg. Die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln gibt es jedoch auch in der Alpenrepublik weiter.
Die Wiener U-Bahnen sind deutlich voller als jene in Hamburg, und auf dem Stephansplatz in der Innenstadt, am Graben und in der Kärntnerstraße ist ein Betrieb, der sich in nichts von Vor-Corona-Zeiten unterscheidet. Die Menschen sitzen in den Gastgärten und in den Eiscafés. Und doch fällt sofort eines ins Auge: Es gibt keine chinesischen oder japanischen Reisegruppen, die einem Reiseführer mit Regenschirm hinterherlaufen. Man hört überhaupt deutlich weniger ausländische Sprachen, vor allem Italiener sind ansonsten zu allen Jahreszeiten nicht zu überhören.
Vielleicht also der ideale Zeitpunkt, um mal wieder den Touristenklassiker schlechthin zu wagen – den Besuch von Schloss Schönbrunn, Österreichs beliebtester Sehenswürdigkeit. Schon auf dem Schlossplatz ist man fast allein, während sonst zig Busse davor stehen und stündlich Tausende Touristen „ausspucken“. An der Kasse wartet niemand. Für die Imperial-Tour bekommt der Besucher einen Audioguide und kann 22 Räume besichtigen – auch den Westflügel, wo einst das Kaiserpaar Franz Joseph und Elisabeth lebten, sowie imposante Festsäle. Mehr als fünf Menschen begegnen mir nicht. Finanziell muss das für Wien eine Katastrophe sein, aber als Besucher fühlt es sich großartig an, das Schloss fast für sich allein zu haben.
Auf der Mariahilfer Straße, der Haupteinkaufsstraße, ist von Konsumzurückhaltung nichts zu bemerken. Die Straße, die fast auf ganzer Länge Fußgängern und Radfahrern vorbehalten ist, ist voller Menschen. Links und rechts sitzen sie in Cafés oder bummeln mit Tüten am Arm unter den luftigen Bäumen. Guckt mal nach Wien, möchte man den Verantwortlichen in Hamburg zurufen, die sich schwer damit tun, die Busse aus der Mönckebergstraße abzuleiten. Von der Entscheidung, die Maskenpflicht im Einzelhandel abzuschaffen, bin ich anfangs irritiert. Zu Recht. Weil die Infektionszahlen in einigen Bundesländern wieder steigen, hat etwa Oberösterreich sie wieder eingeführt. In den Restaurants servieren die Kellner ohne Mundschutz. Auch seine Kontaktdaten muss kein Gast hinterlassen. Schnell wird es wieder normal, sich ohne Formalitäten hinzusetzen und bedient zu werden. Elisabeth Jessen
Dänemark: Wechsel von Regen und Sturm – eine Zumutung
Im Nachhinein beschleicht mich dieses Gefühl – das Gefühl, mich für meinen Urlaub rechtfertigen zu müssen. „Warum fährt man im Sommer bloß nach Dänemark?“, unkte ein Kollege. Und, tja, ich weiß jetzt, dass ich diesen Fehler nicht wiederholen werde. Dabei hat unser Nachbarland unbestreitbare Vorteile, einer lautet: Man ist mit dem Auto in nicht einmal zwei Stunden da, und mit kleinen Kindern, wie ich sie habe, ist so etwas Gold wert. Ankommen, aussteigen, Pölser futtern, Sandburgen bauen.
Mallorca hatte ich bereits im Januar gebucht. Eher weniger Lust verspürte ich aber, mich in Pandemie-Zeiten in einen voll besetzten Flieger quetschen zu müssen. Weil ich zusätzlich einen Ansturm auf die Insel mit unabsehbarem Infektionsverlauf befürchtete, stornierte ich unseren Malle-Trip und nahm den Reisegutschein an. Die Argumentation kam familienintern gut an. Am Anfang. Nur wurde nach unserer Ankunft aus dem „WIR haben uns richtig entschieden“ rasch ein „Was hast DU bloß gemacht?“
Dänemark ist ein bezauberndes Land – im Herbst ganz sicher. Dort, wo wir waren, an der Nordseeküste in Höhe Hvide Sande, sieht es aus wie auf Sylt. Die Dünen, die wilde Nordsee, der herrliche gelb-weiße Sand. Nur ist es in Hvide Sande längst nicht so trubelig. Riss die graue Wolkendecke während unseres Aufenthalts einmal auf, trauten wir unseren Augen kaum. Dann war es so, als würde die Sonne Goldstaub über die grünen Hügel und Dünen pusten. Hügel wie im Auenland aus „Herr der Ringe“. Nur war das Wetter, um im Bild zu bleiben, eher so gollum.
Es war unzumutbar, auch für dänische Verhältnisse: Regen folgte auf Sturm, Sturm auf Regen und in den Pausen gab es Sturm MIT Regen. In dicken Jacken kauerten wir frierend am Strand, während uns der vom Wind gepeitschte Sand ein Gesichts-Peeling verpasste. Erschwerend kam hinzu, dass unsere Bleibe die bei der Buchung geweckten Erwartungen nicht ganz erfüllte: Wir hatten eine Bruchbude an einer viel befahrenen Straße gemietet. Spaß hatten wir trotzdem, vor allem die Kinder, denen Ästhetik, Sturm und Regen erst einmal schnuppe waren – Hauptsache Legoland.
Ein leichtes Ziehen verspürte ich, als ich auf Facebook Fotos der lieben Kollegen und Freunde sah – aus Griechenland, Italien und Frankreich. Fotos aus warmen, hellen Ländern. Ach ja, und Corona? Die Dänen gehen doch sehr entspannt damit um. In den Geschäften gibt es keine Maskenpflicht. Nur die Desinfektionsspender und Abstandsschilder überall erinnerten uns daran, dass die Krise nicht ausgestanden ist. Für uns steht fest: Im nächsten Sommer geht es in den Süden. Und im Herbst dann vielleicht nach Dänemark. Daniel Herder
Fünf Corona-Tips für Wanderer:
Bayern: Menschenleere Hotels – von Trubel keine Spur
Die Wochen vor der Abreise nach München waren aufregend. Denn es kamen zahlreiche E-Mails von Eurowings, immer wieder wurde die Flugzeit geändert. Ursprünglich hatten wir für den späten Vormittag gebucht, letztendlich ging der Flieger um 6.20 Uhr. Am Flughafen war wenig los, die Sicherheitskontrolle verlief reibungslos. Einziger Unterschied zu sonst: Alle Fluggäste und das Personal trugen Masken. Um 5.50 Uhr war Boarding. Immer wieder wurde auch in Durchsagen im Flieger dazu aufgerufen, bitte Abstand zu den Mitreisenden zu halten. Doch dann ergibt es wenig Sinn, teilweise Dreierreihen komplett zu besetzen – obwohl die Maschine nur etwa zu 60 Prozent belegt war. Bei uns blieb der Mittelplatz frei. Das Angebot an Snacks und Getränken war sehr eingeschränkt. Aber das Wichtigste: Wir landeten pünktlich in München.
Auch hier war am Flughafen wenig los. Unser Hotel in der Innenstadt war nahezu verwaist. Gäste und Mitarbeiter trugen Maske. Das Restaurant und die Bar waren geschlossen, der Wellnessbereich und das Fitnessstudio auch. Die Belegung lag bei etwa zehn Prozent. Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn man durch ein menschenleeres Hotel geht, in dem es sonst in der Lobby pulsiert und man viele internationale Gäste trifft. Jetzt herrschte hier einfach nur Stille. Gewöhnungsbedürftig war auch, dass das Frühstück aus einer Box von Feinkost Käfer bestand, mit übersichtlichen Inhalt.
Coronavirus – die Fotos zur Krise
In der Münchener Innenstadt war deutlich weniger los als sonst. Vor allem Touristen aus China, den USA oder Saudi-Arabien sind noch nicht wieder zurück in der Stadt. Auch die Zahl der Kunden in den Geschäften in der Maximilianstraße war übersichtlich – beste Voraussetzungen zum Einkaufen. Früher war es im Sommer nicht immer einfach, spontan einen Platz zum Mittagessen auf den Terrassen der angesagten Wirtshäuser in der City zu bekommen, aber in Corona-Zeiten war auch das kein Problem. Der Aufenthalt war – trotz einiger Einschränkungen – absolut entspannt. Denn anstatt dem üblichen Trubel erlebte man eine in sich ruhende Stadt.
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Von München ging es weiter mit dem Zug nach Bad Aibling, natürlich mit Maske. Im oberbayerischen Kurort selbst waren auch wenige Touristen – herrlich, im menschenleeren Kurpark zu joggen. Von der Terrasse des Hotels konnte man beim Frühstück – auch hier kein Büfett, aber eine große Auswahl an verschiedenen Frühstücksvarianten – beobachten, wie sich vor dem Standesamt größere Gruppen trafen, um Hochzeitspaare zu begrüßen. Die Menschen umarmten sich, standen nah beieinander, prosteten sich zu – von Abstand und Corona nichts mehr zu spüren. Ulrich Gaßdorf