Hamburg. Die Zahl der Taten in der Hansestadt ist laut Polizei um 65 Prozent gestiegen. Wie die Gauner in Corona-Zeiten vorgehen.
Betrugsdelikte haben dramatisch zugenommen. Allein im Bereich Trickbetrug verzeichnet die Polizei im Juni einen Anstieg der Taten um 65 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Opfer sind vor allem alte Menschen. Die Täter haben offenbar „Nachholbedarf“. Während des „Lockdowns“ war die Zahl der Trickbetrügereien um 46 Prozent zurückgegangen.
Steigerungen gibt es in den vergangenen Monaten unter anderem beim Warenkreditbetrug und bei den Betrügereien im Zusammenhang mit Arbeitsverhältnissen. Hier hatten es die Täter Hilfen im Zusammenhang mit Corona abgesehen.
Es waren vor allem falsche Polizeibeamte, die in den vergangenen Tagen per Anruf alte Menschen um ihr Erspartes und Wertsachen bringen wollten. Im Stadtteil Rotherbaum erbeuteten die Täter mit dieser Masche Schmuck im Wert von mehr als 200.000 Euro und mehrere Zehntausend Euro Bargeld. Das Opfer, ein 82 Jahre alter Mann, war von einem angeblichen Polizisten angerufen worden. Der hatte dem Senior vorgelogen, dass in der Nähe seiner Wohnung ein Einbrecher festgenommen wurde, der einen Zettel mit der Wohnanschrift des 82-Jährigen bei sich gehabt hätte.
Betrug in Corona-Zeiten durch gut organisierte Banden
Der Täter suggerierte dem alten Mann, dass noch weitere Einbrecher unterwegs seien. Polizisten würden darum sein Geld und seine Wertsachen abholen, um sie in Sicherheit zu bringen. Der 82-Jährige fiel auf den Trick herein und deponierte Geld und Schmuck vor der Tür.
Am selben Tag gingen bei der Polizei weitere Anzeigen ein, bei denen die Täter aber mit der gleichen Masche gescheitert waren. „Wir haben immer wieder so eine Häufung von Anrufen“, sagt ein Beamter. „Ganz offensichtlich handelt es sich um gut organisierte Banden, die ihre Abholteams vor Ort haben, die dann bei einem erfolgreichen Anruf zu der Anschrift des Opfers dirigiert werden.“ So wurden bei der Polizei Mitte Juni an einem Tag mehr als 20 Anrufe von falschen Polizeibeamten angezeigt. Auffallend war, dass in vielen Straßen gleich mehrere Senioren Ziel solcher Anrufe geworden waren.
Während des „Lockdowns“ war die Zahl solcher Taten um 46 Prozent im Vergleich zum Vorjahr stark zurückgegangen. Seit Ende des „Lockdowns“ ist ein starker Anstieg zu verzeichnen. 391 Taten wurden bei der Polizei seit Aufhebung der Ausgangsbeschränkungen vom 4. Mai bis zum 24. Juni angezeigt. Im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum 237 Taten. Das entspricht einer Steigerung von 65 Prozent.
Polizei: Zunahme auch bei Warenkreditbetrügereien
Bereits während des „Lockdowns“ stieg die Zahl der Warenkreditbetrügereien im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent an. Im Gegensatz zum Trickbetrug, bei denen die Täter das Geld bei den Opfern „abholen“, müssen die Täter nicht auf die Straße. Waren werden, in der Regel unter falschem Namen, im Internet bestellt.
Die Täter lassen sich die Bestellungen an Scheinadressen oder Postfächer liefern. Das machen sie bequem von zu Hause aus. Nach dem Ende des „Lockdowns“ stieg die Zahl der Taten noch einmal leicht an. 876 Fälle wurden seitdem gezählt, 81 mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Steigerung liegt damit bei zehn Prozent.
Coronavirus – die Fotos zur Krise
Bislang eher „Einzelfälle“ sind Betrügereien mit Hilfsgeldern, die im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ausgezahlt werden. Schön während des „Lockdowns“ wurde hier eine Steigerung der Fallzahlen um 37 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nach dem „Lockdown“ lag die Steigerung sogar bei 84 Prozent im Vergleich zu 2019.
„Es sind insgesamt aber in absoluten Zahlen lediglich 46 Fälle“, so ein Beamter. Betrügereien, bei denen die Täter an Adressen und Kontoverbindungen von Antragstellern kommen wollten, spielten bislang in Hamburg keine große Rolle. Spezielle Apps, die eine Identifizierung von Antragstellern ermöglicht, haben die Möglichkeiten solcher Täter eingeschränkt.
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Hoch sind die Schadenssummen beim Betrug im Zusammenhang mit Unterstützungsgeldern im Zusammenhang mit Corona. Es gibt im Gegensatz zum Trickdiebstahl keine Versuche, sondern fast ausschließlich vollendete Taten. Für Aufsehen sorgte Ende Juni der Fall eines 31-Jährigen. Er hatte als Betreiber eines Reinigungsunternehmens fast 300.000 Euro Unterstützung für angeblich 89 in Kurzarbeit geschickte Mitarbeiter kassiert.
Der Fall war erst nach einer Geldwäschemeldung seiner Bank aufgeflogen, der ungewöhnlich hohe Geldeingänge aufgefallen waren. Ein Abgleich mit der Rentenkasse ergab, dass sein Unternehmen keinen einzigen Mitarbeiter angemeldet hatte. Tatsächlich war er als „Geschäftsführer“ der einzige Mitarbeiter des Unternehmens. „Wir müssen davon ausgehen, dass gerade aus dem Bereich der Corona-Hilfe noch zahlreiche Fälle in den nächsten Monaten aufgedeckt werden“, so ein Beamter.
Bislang wurden die Hilfen schnell und unbürokratisch ausgezahlt. Kommt es im größeren Umfang zu Überprüfungen durch die Behörden, dürften nach Einschätzung der Polizei viele Betrugsfälle aufgedeckt werden. Allein im Rahmen des Hamburger Corona-Schutzschirms wurden bislang 55.249 Antragsteller mit insgesamt 525,3 Millionen Euro bedacht, die zu mehr als 99 Prozent ausgezahlt wurden.