Hamburg. Boote, Stehpaddler und Badende: Auf dem Wasser herrscht zusehends Gedränge. Strömung reißt Schwangere vor Övelgönne mit.

Sommer, Sonne, Ferienstart – und riesige Wasserflächen mitten in der Stadt direkt vor der Tür: Am Elbstrand und insbesondere auf der Alster ist in diesen Tagen so viel los wie selten. Vor allem an der Alster nutzen viele Hamburger das gute Wetter derzeit für einen Sprung ins Wasser. Doch das ist nicht ohne Gefahr.

Vom Isebekkanal, Höhe Kaiser-Friedrich-Ufer, paddeln drei Freundinnen an diesem späten Nachmittag mit ihren SUP-Boards vom Isebekkanal Richtung Außenalster. Sie sind nicht die Einzigen: Auf der Alster und ihren Kanälen ist derzeit viel los, Kajak- und Kanufahrer, Tretbootfahrer oder Stand-up-Paddler teilen sich die Wasserfläche mit den Alsterdampfern und Kindern und Jugendlichen, die lieber hier schwimmen als im Freibad. Es ist extrem voll und dicht. Das führt zu Problemen.

Rush Hour auf der Alster – die Nerven liegen blank

Die drei Frauen auf ihren Stand-up-Paddling Boards (SUP) gleiten in Höhe Leinpfad durchs Wasser. Von vorn kommt ein Alsterdampfer, von hinten manövrieren Jugendliche ungeschickt ihr Tretboot. „Ihr wisst schon, dass ihr gerade alles blockiert, oder?“, ruft ein Ruderer den Jugendlichen im Tretboot zu. Er klingt genervt. Rushhour auf der Alster, da liegen die Nerven schon mal blank. Und zwischen den Booten springen ein paar wagemutige Jugendliche vom Ufer aus ins Wasser oder nutzen das Seil an der mächtigen Weide, um sich durch die Luft zu schwingen und ins Wasser fallen zu lassen. Manche hängen sich an Paddelboote oder schwimmen neben den SUPs her. Die Strecke gleicht einem Hindernisparcours.

Und nicht alle können sicher mit ihren Sportgeräten umgehen. Das fällt vor allem den Profis auf: „Es sind sehr viele Leute auf den Kanälen und der Alster unterwegs, die ihr Sportgerät nicht wirklich beherrschen und Probleme haben, das SUP oder Boot richtig zu lenken. Dadurch kommt es ebenfalls zu schwierigen Situationen“, sagt Friederike van der Laan vom Eimsbütteler Turnverband e. V. Auch Andreas Cleve, Erster Vorsitzender der Wassersportabteilung Sportvereinigung Polizei Hamburg von 1920 e. V., beobachtet, wie dicht gedrängt es auf der Alster zugeht. „Corona trägt zur verstärkten Freizeitnutzung in jeder Form ebenso bei wie der Trend zum Stand-up-Paddling“, vermutet Cleve. „Dabei sind die Vereinssportler coronabedingt noch nicht einmal im üblichen Umfang unterwegs.“

Training ist bei gutem Wetter kaum möglich

Die Bootsverleihe freuen sich über diesen enormen Andrang: Dort mussten viele Kunden am vergangenen Wochenende Schlange stehen, um sich ein Boot oder Board auszuleihen. Aber: Das hohe Aufkommen an Freizeitpaddlern bringt auch Probleme für den Breitensport mit sich: „Ein gezieltes Training mit steigender Anzahl von Schlauchbooten und SUPs und dazugehörigen Badegästen wird schwieriger und gefährlicher“, sagt Philipp Hatje vom Hochschulsport der Universität Hamburg. „Vorfahrtsregeln sind den Wenigsten bekannt, und Alster- oder Regattatonnen werden zum Anbinden oder Festhalten genutzt. Die allgemeine und informelle Aufteilung zwischen Ruderern (westliches Alsterufer) und Seglern (östliche Alsterseite, Schwanenwikbucht) kennt niemand.“

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Für Ruderer, sagt Hatje, ist auf den Kanälen wegen der Bootsbreite mit Auslegern ein Training bei gutem Wetter kaum möglich, zumindest nicht in der Nachmittags- und Abendzeit. „Unser Ruderbootshaus liegt am Isebekkanal, und ab Leinpfad geht es seit einigen Tagen bei gutem Wetter kaum noch voran. Insofern ist man als Wassersportler sicher genervt über die Massen an Paddlern aller Art.“ Nicht jeder könne für das Training auf den frühen Vormittag ausweichen.

Kapitäne der Alsterdampfer sind derzeit gefordert

Als Philipp Hatje mit seinem SUP auf der Alster war, erzählt er, quälte sich noch ein Alsterdampfer durch den Leinpfadkanal mit drei Fahrgästen. „Der nächstfolgende Alsterdampfer hatte auch nicht wesentlich mehr Fahrgäste. Ein sehr aufwendiger und teurer Luxus für sehr wenige Menschen gegenüber den Hunderten, die sich mit ihrem Paddelequipment amüsierten.“

Tatsächlich sind die Kapitäne der Alsterdampfer derzeit sehr gefordert. „Unsere Schiffsführer fahren sehr vorausschauend und nehmen auf die Freizeitkapitäne Rücksicht. Allerdings hat die Berufsschifffahrt auf der Alster Vorrang. Aber insbesondere die Stand-up-Paddler wissen das manchmal nicht. Für unsere Schiffsführer bedeutet das: höchste Aufmerksamkeit!“, sagt Tobias Haack, Vorstand der Hadag Seetouristik. Seine Bitte: „Fahrt bitte aus dem Weg, wenn ihr einen Alsterdampfer seht. Damit helft ihr, gefährliche Situationen zu vermeiden.“

Vermehrt Unfälle meldet die Polizei trotz dichten Verkehrs nicht

Die Aussichten für die kommenden Tage versprechen bestes Sommerwetter. Ein Bad in Elbe und Alster scheint bei der Hitze naheliegend. Aber darf man das? Auch wenn es offiziell nicht verboten ist, in Elbe oder Alster zu baden, rät die Umweltbehörde davon ab. Grundsätzlich gilt: Das Baden in Hamburgs Gewässern fällt unter den Gemeinbrauch. Das bedeutet, dass überall gebadet werden darf, wo es nicht unzulässig ist. Unzulässig ist es in Naturschutzgebieten, im Fahrwasser von Schiffsverkehr oder in verpachteten Gewässern.

Die Alster ist kein Badegewässer

„Die Alster ist kein Badegewässer, sie hat nicht an jeder Stelle eine gute Wasserqualität. Besonders nach Starkregen kann Mischwasser aus übergelaufenen Sielen und damit auch ungeklärtes Abwasser in den Fluss gelangen. Dies kann zu hoher Keimbelastung im Wasser führen. Der Schiffs- und Bootsverkehr kann gefährlich für Wassersportler und Badende sein“, sagt Jan Dube, Sprecher der Umweltbehörde. Bleibt es längere Zeit so warm, steigt auch die Gefahr, dass sich die Blaualgen wieder stark vermehren. In der Alster habe sich außerdem über Jahrzehnte – von oben kaum sichtbar – unter Wasser Scherben, Schutt, Blech oder Müll angesammelt. „Aus Sicherheitsgründen ist der Fluss zum Baden deshalb leider ungeeignet.“

Ähnliches gilt für die Elbe: Im Hamburger Bereich gibt es keine Badestellen. Wegen Strömung, Wellengang, Industrie und dem Schiffsverkehr ist auch die Elbe zum Baden ungeeignet. Jan Dube: „Wir raten vom Baden in der Elbe ab.“

Hochschwangere in der Elbe von Strömung mitgerissen

Erst in der Nacht zu Dienstag wäre ein Bad in der Elbe einer schwangeren 23-Jährigen fast zum Verhängnis geworden. Die Frau sowie ihre zwei Begleiter gingen kurz vor Mitternacht bei Övelgönne ins Wasser. Die Hochschwangere wurde von der Strömung mitgerissen. Sie trieb 40 Meter vom Ufer entfernt elbabwärts, als drei Polizeibeamte auf Streife zufällig die Hilferufe hörten und die Frau retteten. Sie war leicht unterkühlt und wurde vorsorglich in ein Krankenhaus gebracht.

Das sind die wichtigsten Regeln fürs Baden in Alster und Elbe:

Alster: Alle Wassersportler haben sich so zu verhalten, dass niemand gefährdet wird. Erst vom Liegeplatz ablegen, wenn die übrige Schifffahrt nicht beeinträchtigt wird. Es besteht Rechtsfahrgebot. Sportfahrzeuge dürfen auf der Binnen- und Außenalster die linke Fahrwasserseite benutzen, wenn der Verkehr es erlaubt. Es gilt die Ausweichregel: rechts vor links. Wer auf dem Wasser ein anderes Fahrzeug überholt, muss ausweichen. Sportschifffahrt darf Berufsschifffahrt nicht behindern. Brücken auf der rechten Seite durchfahren.

Elbe: Die Sichttiefe liegt unter einem halben Meter, sodass Ertrinkende kaum zu sehen sind und Badende Hindernisse kaum erkennen können. Die größte Gefahr geht von der starken Strömung sowie vom Sog und Schwell der vorbeifahrenden Schiffe aus. Nicht erlaubt ist das Schwimmen an gefährlichen oder von der Berufsschifffahrt genutzten Bereichen, am Fahrwasser, nahe Hafen- und Kaianlagen. Gefährlich sind Wehre, Schleusen, Buhnen und Anleger. Dort ist das Baden verboten. Nahe oder in der Fahrrinne zu schwimmen ist lebensgefährlich.