Hamburg. Protest gegen Kolonialismus? Die Bismarck-Statue im Schleepark in Altona wurde am Wochenende mit roter Farbe beschmiert.

Die antirassistischen Proteste, die weltweit nach dem Tod des schwarzen US-Amerikaners George Floyd durch einen brutalen Polizeieinsatz begonnen haben, nehmen zunehmend auch das koloniale Erbe nicht nur der Vereinigten Staaten, sondern auch Europas in den Blick: Vor einer Woche rissen Demonstranten im englischen Bristol die Statue des Sklavenhändlers Edward Colston vom Sockel und warfen sie ins Hafenbecken.

Die Polizei Hamburg geht davon aus, dass auch der Farbbeutel, der eine Bismarck-Statue im Schleepark in Altona am Wochenende traf, einen politischen Hintergrund hat: Der Staatsschutz ermittelt. Obwohl Otto von Bismarck selbst zunächst als Gegner eines deutschen Kolonialreichs galt und diese Ansicht auch offensiv vertrat, ermöglichte er später maßgeblich die Ausbeutung von Menschen und Rohstoffen auf dem afrikanischen Kontinent durch deutsche Kaufleute und Truppen.

Hamburger "Pfeffersäcke" trieben Kolonialbestrebungen voran

Die Hamburger "Pfeffersäcke" hatten großen Anteil daran: Im Auftrag der Handelskammer verfasste der Hamburger Reeder Adolph Woermann 1883 eine Denkschrift in der er dafür plädierte, an der westafrikanischen Küste Gebiete zu kaufen, um dort Handelskolonien einzurichten.

Ein Jahr später schloss eine Delegation Hamburger Kaufleute zusammen mit dem "Kaiserlichen Kommissar" Gustav Nachtigal einen Vertrag mit dem König des Volks der Duala und stellte das heutige Kamerun "unter deutschen Schutz". Weiter südlich im heutigen Namibia sorgte Bismarck dafür, dass die Ländereien des Bremer Kaufmanns Adolf Lüderitz ebenfalls militärischen Schutz des deutschen Reichs bekamen.

Inwiefern Woermann direkten Einfluss auf das Umdenken des Reichskanzlers vom Kolonial-Gegner zu einem der Architekten des deutschen Kolonialreichs hatte, ist historisch umstritten. An den Kaufmann, der auch in der Hamburger Bürgerschaft und im Reichstag saß, erinnern heute der Woermannstieg und der Woermannsweg in Ohlsdorf.