Hamburg. Neue Vorhaben bleiben deutlich hinter den Empfehlungen der OECD zurück. Wie die Wohnungsnot gelindert werden soll.

Mehr Zusammenarbeit: Auf diese kurze Formel lassen sich die Konsequenzen bringen, die die Metropolregion Hamburg (MRH) aus einer OECD-Studie zieht. Die Studie war im September vergangenen Jahres veröffentlicht worden. Nun will die Metropolregion, dieses lockere Bündnis aus dem Stadtstaat Hamburg und umliegenden Kreisen, unter anderem im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sowie bei der Wohnraumplanung enger kooperieren. Die Metropolregion bleibt damit deutlich hinter den Empfehlungen der OECD zurück.

Zehn Vorhaben hat die MRH aus der Studie herausdestilliert. Ein Wohnungsmarkt-Monitoring soll helfen, die Wohnungsnot zu lindern. Die ÖPNV-Tarifsysteme sollen kostenfreundlich umgebaut werden. Gemeinsame Marketing-, Fachkräfte- und Innovationsstrategien sollen erarbeitet werden. Die Metropolregion will sich als „Zukunftsregion für erneuerbare Energien und grünen Wasserstoff“ begreifen. Die Baustellen sollen länderübergreifend koordiniert werden, ein Kompetenzzentrum Mobilität und ein „Innovationszentrum Autonomes Fahren“ sollen geschaffen werden. Zudem will die MRH ein „Räumliches Leitbild“ formulieren, das „Grundsätze und Leitlinien“ der Flächenentwicklung festhält. Erste Ergebnisse sollen Mitte 2021 vorliegen.

Schwächeres Wachstum des Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukts

Hamburgs Staatsrat Andreas Rieckhof, Vorsitzender des Regionsrats der MRH, sagte: „Wir haben uns vorgenommen, die Metropolregion Hamburg im nationalen und internationalen Wettbewerb nach vorn zu bringen. Sie soll nicht nur als Ort von hoher Lebensqualität, sondern noch mehr als bisher als hervorragender Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort glänzen.“

Von jenem Glanz war in der Studie der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) allerdings nicht die Rede gewesen. In dem Gutachten, das auf Wunsch der Metropolregion erstellt wurde, hieß es unter anderem, das Wachstumspotenzial der MRH werde „nicht in vollem Umfang ausgeschöpft“.

Zwischen 2005 und 2015 habe die Region ein schwächeres Wachstum des Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukts (BIP) verzeichnet als alle anderen deutschen Metropolregionen. „Es betrug nur 19 Prozent, verglichen mit 42 Prozent in der Metropolregion Mitteldeutschland, 39 Prozent in den Metropolregionen Berlin-Brandenburg, Nürnberg und Stuttgart sowie 30 Prozent in der Metropolregion München“, stellten die OECD-Experten fest.

Geringes Wachstum der Arbeitsproduktivität

Ein wesentlicher Grund für die schwache Entwicklung ist laut Studie das in diesem Zeitraum vergleichsweise geringe Wachstum der Arbeitsproduktivität gewesen. Vor allem die süddeutschen Metropolregionen hätten deutlich besser abgeschnitten. „Die Metropolregion München, die bereits 2005 eine höhere Arbeitsproduktivität erzielte als die MRH, konnte ihren Vorsprung bis 2015 nahezu verdoppeln“, heißt es in der Studie. „Die Metropolregion Stuttgart, deren BIP je Beschäftigten zunächst niedriger war, ist mittlerweile klar an der MRH vorbeigezogen.“

Das Arbeitsproduktivitätsgefälle zwischen den süddeutschen Metropolregionen und der MRH habe sich zwischen 2005 und 2015 von weniger als 4000 Euro auf mehr als 6000 Euro ausgeweitet. Und weiter: „Bei einer Fortsetzung dieses Trends würde die MRH beim BIP je Beschäftigten im Vergleich zu den Metropolregionen in Süddeutschland alle vier Jahre um weitere rund 1000 Euro zurückfallen.“

Empfehlungen der OECD sind auch in den Hamburger Koalitionsvertrag eingeflossen

Um das zu verhindern, empfahl die OECD, über Grenzen hinauszudenken. Wörtlich: „Think big.“ Wohnungsbau- und Verkehrsplanung sollten von regionalen, über Landesgrenzen hinausführenden Planungsverbänden vorgenommen werden. Beim ÖPNV müsse es einen Tarifverbund für die gesamte Me­tropolregion geben. Eine gemeinsame Kultur- und Tourismusmarke sollte entwickelt werden, um die Potenziale der Region besser zu bewerben.

Bürgermeister Tschentscher stellt den Koalitionsvertrag vor:

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Youtube, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Einige Empfehlungen der OECD sind auch in den aktuellen Hamburger Koalitionsvertrag eingeflossen. Dort heißt es: „Die weitere Gestaltung und Vertiefung der kooperativen Zusammenarbeit in der Metropolregion Hamburg liegt im besonderen Interesse Hamburgs. Dabei berücksichtigen wir die Ergebnisse der seit 2019 vorliegenden OECD-Studie.“

Hamburg ist die zweitgrößte deutsche Metropolregion

Die Sanierung und der Ausbau wichtiger verkehrlicher Infrastrukturen – insbesondere auch des Schienenpersonennahverkehrs ­– sollten die Mobilität der Menschen in der Metropolregion erleichtern und die mit hohen Pendlerzahlen vielerorts verbundenen Belastungen für die Umwelt reduzieren. Und weiter: „Der Dialog mit den Nachbarländern über das Ziel einer effizienten Flächenentwicklung für das Wohnen und Arbeiten an den Siedlungsachsen bei gleichzeitiger Sicherung der hochwertigen verbindenden Landschaftsachsen wird noch stärker im Fokus stehen und soll in länderübergreifenden Räumlichen Leitbildern vereinbart und öffentlich kommuniziert werden. Die formellen und informellen Strukturen der Metropolregion sollen noch stärker handlungsorientiert ausgerichtet werden.“ Von der in der Studie bemängelten Arbeitsproduktivität ist weder im Koalitionsvertrag noch in dem gestrigen Beschluss der Metropolregion Hamburg die Rede.

Die Metropolregion Hamburg ist mit rund acht Prozent der Fläche der Bundesrepublik die zweitgrößte deutsche Metropolregion hinter Berlin-Brandenburg. Sie zählt fast 5,4 Millionen Einwohner und umfasst neben Hamburg auch Teile der umliegenden Bundesländer. Schleswig-Holstein gehört zu 51 Prozent zur MRH, Mecklenburg-Vorpommern zu 30 Prozent und Niedersachsen zu 26 Prozent.