Hamburg. Der 187-Strassenbande-Musiker wird wegen Drogen- und Waffenbesitzes verurteilt. Sein Anwalt hat für alles eine Erklärung.
Er feixt sich eins. Grinsend, die dunkle Sonnenbrille noch auf der Nase und das Käppi verkehrt rum auf dem Kopf, stolziert Rapper Maxwell zum Gerichtssaal, das Handy hoch erhoben und wohl auf Aufnahme gestellt. Für den Musiker der Hip-Hop-Band 187 Strassenbande scheint sein Gang zum Strafprozess mehr ein Schaulaufen zu sein, geeignet, um die wartenden und filmenden Journalisten seinerseits optisch zu dokumentieren.
Der Rapper und seine Show. Der 27-Jährige wirkt so, als genieße er den Auftritt. Jede Publicity zählt, und das Bad-Boy-Image des Gangsta-Rapper will gepflegt werden. Andere wären da sicher kleinmütiger, immerhin geht es um den Besitz von Drogen und Waffen.
Die Staatsanwaltschaft wirft Maxwell, mit bürgerlichem Namen Maxwell Kwabena Schaden genannt Richter, vor, in mehreren Portionen Marihuana sowie 0,39 Gramm Kokain besessen zu haben. Gefunden wurden die Drogen, unter anderem in Tütchen und in Form eines angerauchten Joints, bei einer polizeilichen Durchsuchung der Wohnung des Musikers am 11. April 2018; sie lagen demnach unter anderem auf dem Couchtisch und im Nachtisch.
Maxwells Verteidiger kann alles erklären
Weil ferner ein Schlagring und ein Einhandmesser aus einem Schreibtisch der Wohnung sichergestellt wurden, ist Maxwell auch noch wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz angeklagt. Zudem wird ihm vorgeworfen, bei einer Autofahrt, bei der er auf dem Beifahrersitz saß, eine geringe Menge Marihuana sowie Konsumutensilien bei sich gehabt zu haben.
Name, Geburtsdatum, Beruf: Mehr gibt der Angeklagte nicht von sich. Lässig zurückgelehnt sitzt der Gangsta-Rapper im schwarz-gelb-blau gemusterten Hemd auf seinem Stuhl im Amtsgericht St. Georg, an seinem Handgelenk glänzt eine dicke goldene Uhr, an den Finger prangen vier mächtige Ringe. Das Reden übernimmt sein Verteidiger.
Das ist die 187 Strassenbande:
- Die 187 Strassenbande ist ein Kollektiv aus mehreren Hamburger Rappern, Sprayern und DJs
- Die bekanntesten Rapper sind Bonez MC und Gzuz
- Gründer Bonez MC (bürgerlich: Johann Lorenz Moser) gilt als kreativer Kopf, Gzuz (bürgerlich: Kristoffer Jonas Klauß) als Gesicht der Gruppe
- Der 187 Strassenbande gehören außerdem die Rapper LX, Maxwell und SA4, der Produzent Jambeatz sowie die Sprayer Frost und Track an
- Der Musikstil der Strassenbande ist dem Genre Gangstarap zuzuordnen
- Die Mitglieder der 187 Strassenbande geraten immer wieder in Konflikt mit der Polizei, vor allem wegen Drogen- und Waffendelikten
- Der Name der Gruppe leitet sich aus dem US-amerikanischen Polizeicode "187" ab
- 187 ist außerdem die Nummer des Paragraphen im kalifornischen Strafgesetzbuch, in dem Mord behandelt wird
- Keimzelle der 187 Strassenbande ist St. Pauli, dort befindet sich auch das eigene Tattoostudio 187 Ink
Demnach ist Maxwell im Frühjahr 2018 als professioneller Musiker wenig in Hamburg und viel auf Tour gewesen. Deshalb habe er einen Bekannten gebeten, auf seinen Hund aufzupassen. Dieser Kumpel habe ebenso die Wohnung regelmäßig genutzt wie ein weiterer Bekannter. Das Marihuana in Nachttisch und Hängeschrank gehöre tatsächlich dem Rapper, zum Eigenbedarf, wie in der Erklärung betont wird. Woher die anderen Drogen kommen, wisse er nicht.
Polizeibeamte: Maxwells Wohnung "chaotisch"
Auch der Schlagring und das Messer seien in seinem Besitz, räumt der 187-Strassenbande-Mann ein. „Ich wusste nicht mehr, dass ich sie überhaupt habe.“ Er habe den Schreibtisch, in dem sie in der Schublade lagen, lange nicht genutzt. Auch die Drogen, die im Auto bei ihm in der Bauchtausche gefunden wurden, habe er zum Eigenbedarf besessen, erklärt der Angeklagte über seinen Anwalt.
Zwei Polizeibeamte schildern als Zeugen die Durchsuchung der Wohnung. Demnach war der Kumpel von Maxwell vor Ort und bestätigte, dass er sich öfter dort aufhalte – und dass der Rapper auf Tour sei. Die Wohnung sei „unaufgeräumt, chaotisch“ gewesen, sagt eine Beamtin.
Auch zu seinem Werdegang oder seinem Verdienst möchte der Rapper keine Auskunft geben. Fest steht, dass er unter anderem wegen Körperverletzung und mehrfach wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis vorbestraft ist. Und laut einem Urteil aus dem Jahr 2017 hatte er damals einen Überschuss bei Einnahmen und Ausgaben von 99.000 Euro. Und legt man die immer weiter steigende Prominenz der 187 Strassenbande zugrunde, dürfte der Verdienst sich seitdem nicht grundsätzlich verschlechtert haben.
Richterin berücksichtigt bei Urteil Einnahmeverluste
Wenn da nicht die Corona-Krise und zurzeit an Konzerte oder gar Tourneen nicht zu denken wäre. Sein Mandant sei zurzeit „gänzlich ohne Einkommen“, betont der Verteidiger in seinem Plädoyer. Ferner sei dem Rapper zuzurechnen, dass er im Wesentlichen ein Geständnis abgelegt hat. Und es sei zu berücksichtigen, wie es seinerzeit zur Durchsuchung gekommen sei „und welches Leid er erlitten hat“. Der 27-Jährige sei von „einem SEK-Kommando mit vorgehaltener Waffe zu Boden gezwungen“ worden, vor versammelter Presse.
Die Staatsanwaltschaft fordert schließlich eine Geldstrafe von 115 Tagessätzen zu 270 Euro. Die Richterin bleibt mit ihrer Strafe unter dem Antrag und verhängt eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu 200 Euro. Die Tagessatzhöhe sei schwierig zu beziffern, erklärt die Vorsitzende. Das Urteil von 2017 gebe „Anhaltspunkte“, und sie „meine, dass sich die Einnahmen nicht verringert haben“. Trotzdem müsse wegen der fehlenden Touren und Konzerte ein Abschlag eingeräumt werden. Für den Angeklagten spreche zwar, dass er die Taten im Wesentlichen gestanden hat, gegen ihn aber, dass er unter laufender Bewährung stand.
Von seinem letzten Wort vor der Urteilsverkündung hat der Gangsta-Rapper keinen Gebrauch gemacht. „Alles gesagt“, meint er nur. Um dann nach Ende der Verhandlung aus dem Saal zu stolzieren, das Käppi wieder auf dem Kopf, der Gang gespreizt. Cool rüberkommen, darum geht es wohl.
Und um die Provokation. Schon vor dem Prozess hat Maxwell offenbar zeigen wollen, wie gelassen er dem Verfahren entgegensieht. Auf Instagram hat der Musiker ein Bild gepostet, wie er Rauch auspustend vor einem sportlichen Auto posiert. Dazu hat das 187-Strassenbande-Mitglied getextet: „Schornstein".
Jetzt nach dem Urteil steckt er sich erst mal einen Joint an.