Hamburg. Sieben Lokale in Hamburg geschlossen. Innensenator Grote will Getränkeverkauf außer Haus bei Bedarf verbieten.
Wenn das Wetter gut ist, füllt sich der Mühlenkamp schnell. Viele Lokale bieten hier Getränke außer Haus an. Und dann stehen die Menschen in dichten Trauben auf dem Bürgersteig, trinken ihren Aperol Spritz und genießen die Sonne.
Innensenator Andy Grote ist generell besorgt über die zunehmende Zahl der Verstöße gegen die Corona-Regeln in der Gastronomie der Hansestadt – nicht erst, seit die Polizei eine Party im Zwick am Mittelweg auflösen musste. „Die ganz überwiegende Zahl der Betreiber gibt sich große Mühe, teils mit viel Innovationskraft, die Regeln umzusetzen“, sagt der SPD-Politiker. „Aber einige tun das nicht.“
Nach Angaben der Polizei wurden sieben gastronomische Betriebe seit Inkrafttreten der Eindämmungsverordnung am 3. April zeitweise geschlossen, darunter neben dem Zwick auch eine Shisha-Bar an der Wandsbeker Chaussee. Nach den jüngst beschlossenen Lockerungen für gastronomische Betriebe dürften die meisten allerdings wieder geöffnet sein. Das Zwick hingegen will erst nach weiteren umfassenden Lockerungen seinen Betrieb wieder aufnehmen.
Disziplin in Sachen Corona-Regeln bröckel
Am langen Himmelfahrt-Wochenende zeigte sich auch ansonsten, dass die Disziplin in Sachen Corona-Regeln bröckelt, wie erst jetzt bekannt wurde. Die Polizei habe „allerhand zu tun“ gehabt, stellt Grote fest. Sie registrierte mehr als 600 Verstöße gegen die Auflagen. Viele Hamburger zog es auf das Wasser, im Rondeelteich in Winterhude sammelten sich „mehr als 70 schwimmende Einheiten“, die teils in Päckchen zusammenlagen.
Weitere Hotspots: das Schulterblatt, die Alsteranleger, der Hansaplatz – und eben der Mühlenkamp. „Mit zunehmender Alkoholisierung sinkt die Bereitschaft, die Regeln zu befolgen“, so Grote. Immer öfter würden Polizisten bepöbelt, wenn sie an das Abstandsgebot erinnerten. „Das ist ein Trend, der sich verstärkt.“ Die Eindämmungsverordnung wird deshalb so verändert, dass der Außer-Haus-Verkauf von alkoholischen Getränken aus Kiosken oder Lokalen untersagt werden kann, wenn das Abstandsgebot missachtet wird – auch für ganze Gebiete.
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Für die Einrichtungen, die jetzt öffnen dürfen, gelten ebenfalls teils strenge Regeln. Von Dienstag nach Pfingsten an dürfen Freibäder wieder öffnen, allerdings nur solche, die ihr Wasser desinfizieren können – Naturbäder wie der Stadtparksee also nicht. Den Anfang machen die von Bäderland betriebenen Sommerfreibäder Aschberg, Marienhöhe, Osdorfer Born, Neugraben und Rahlstedt. Diese Bäder hätten große Becken und weitläufige Liegewiesen, sodass überall genug Abstand möglich sei, sagt Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne).
Eintrittskarten gibt es nur online
Eintrittskarten können ausschließlich online unter www.baederland.de gekauft werden; ist die maximale Zahl von Gästen erreicht, sind keine Karten mehr erhältlich. Der Onlineverkauf ermögliche Bäderland nicht nur einen Überblick, sondern auch eine lückenlose Dokumentation aller Gästekontakte für den Fall, dass Infektionsketten nachverfolgt werden müssten.
Darüber hinaus müssen Besucher im „Einbahnstraßenverkehr“ schwimmen; Rutschen und Sprungtürme bleiben gesperrt. Bäderland schult die Mitarbeiter, sie tragen Gesichtsmasken und Handschuhe. Im nächsten Schritt, so der Senat, könnten auch die Freibadbereiche der Kombi-Bäder öffnen, was etwas komplizierter sei, da der Zutritt hier teils über die Hallenbäder erfolgt.
In den 82 von der Stadt geförderten Seniorentreffs dürfen wieder Kurse, Informationsabende und Gruppenangebote mit festem Teilnehmerkreis stattfinden; weil es sich um Risikogruppen handelt, gilt hier allerdings eine weitgehende Maskenpflicht. „Besonders für ältere, alleinstehende Menschen war es in den vergangenen Wochen nicht einfach, auf diese Angebote zu verzichten“, sagt Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD).
Erweiterte Besuchsregeln für Pflegeheime
Für Pflegeheime gelte weiterhin, dass ein Besuch von einer Stunde in der Woche ermöglicht werden müsse, aber bis zu drei Stunden zulässig seien. „Ich würde mich freuen, wenn mehr Pflegeheime von dieser erweiterten Besuchsregelung Gebrauch machen würden.“ Kinder und Jugendliche in schwierigen Lebenssituationen, die Hilfe bei der Bewältigung von Krisen und Konflikten benötigten, könnten wieder an Angeboten der Jugendhilfe teilnehmen.
Obdachlose erhalten in den Tagestreffpunkten von heute an ärztliche Versorgung, Mahlzeiten, Duschmöglichkeiten und soziale Beratung. Voraussetzungen für alle Öffnungen sind Hygienekonzepte, das Einhalten der Abstandsregeln sowie die Datenerfassung der Besucher.
Nach Worten von Gesundheitssenatorin Prüfer-Storcks werden in Hamburg weiterhin täglich 4000 Test durchgeführt. „Aber wir stoßen dabei auf immer weniger Fälle.“ Die Kliniken leerten sich. Derzeit seien noch 36 Hamburger in stationärer Behandlung, 14 von ihnen auf einer Intensivstation. „Wir bleiben bei unserer Strategie: Wir sind sehr vorsichtig, ermöglichen Lockerungen, aber beobachten das Geschehen genau“, sagt Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). „Wir wollen nicht in ein, zwei Monaten zurückschauen und feststellen, dass wir Fehler gemacht haben.“