Hamburg. Behörde räumt zahlreiche Infizierte in Kliniken ein. Gesundheitspolitiker greift Senat an. Folgenreichster Ausbruch im Bezirk Nord.

Es hat in Hamburg seit Beginn der Corona-Pandemie deutlich mehr Covid-19-Ausbrüche in Krankenhäusern gegeben als bisher bekannt. Neben der mittlerweile öffentlich eingeräumten Infektionswelle im AK Harburg kam es zwischen 28. März und 1. Mai 2020 in 13 weiteren Fällen zu Ausbrüchen.

70 Patienten und 91 Klinikmitarbeiter infiziert

Dabei wurden 70 Patienten und 91 Klinikmitarbeiter angesteckt. Insgesamt wurden bereits 145 Klinikmitarbeiter als infiziert gemeldet. Das geht aus der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage des Linken-Gesundheitspolitikers Deniz Celik hervor, die dem Abendblatt vorliegt.

Celik hatte bereits die Informationspolitik des Senates während des Ausbruchs auf der Krebsstation des UKE kritisiert. Nun sagte er dem Abendblatt: „Die hohe Zahl von insgesamt 145 infizierten Beschäftigten und 70 Patienten deutet darauf hin, dass es teilweise zu gravierenden Problemen beim Schutz der Beschäftigten und der Patienten kommt. Patienten gehören häufig zu Risikogruppen und es kann nicht angehen, dass sie sich im Krankenhaus auch noch mit dem Virus infizieren.“ Celik forderte: „Das Personal muss konsequent und regelmäßig getestet werden sowie ausreichend Schutzanzüge erhalten.“

Keine Angaben zu Schicksal von infizierten Patienten

In seiner Antwort versichert der Senat, nach den Ausbrüchen hätten die Krankenhäuser Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, um Patienten und Mitarbeiter zu isolieren. Wie schnell das geschehen sei, darüber gibt es keine Angaben, ebensowenig über das Schicksal von infizierten Patienten sowie Ärzten und Pflegern. Als „Ausbruch“ gelten zwei oder mehr Infektionen in Kliniken oder Pflegeheimen, bei denen ein „epidemischer Zusammenhang“ vermutet wird.

Der Senat listet in seiner Antwort zwar die einzelnen Covid-19-Ausbrüche in den Krankenhäusern mit Datum auf, nennt die Häuser aber nicht. Die einzigen Hinweise ergeben sich aus der Einteilung in Bezirke.

Folgenreichster Ausbruch im Bezirk Nord

Die meisten Ausbrüche gab es im Bezirk Wandsbek (6), den offenbar folgenreichsten am 6. April im Bezirk Nord mit 13 betroffenen Patienten und 28 im Krankenhaus infizierten Mitarbeitern. Kliniken in Harburg und Altona tauchen in dieser Ausbruch-Statistik nicht auf. Allerdings wurden auch von dort infizierte Krankenhaus-Mitarbeiter an das Amt für Arbeitsschutz in der Gesundheitsbehörde gemeldet.

Celik wundert sich über das Vorgehen des Senates und der Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD): „Der Senat weigert sich, darüber zu informieren, in welchen Krankenhäusern es zu Ausbrüchen kam, obwohl wir explizit danach gefragt haben. Diese intransparente Informationspolitik ist inakzeptabel, denn Hamburger haben ein Recht zu erfahren, was in den Krankenhäusern vor sich geht.“

Kliniknamen nicht veröffentlicht

Die Gesundheitsbehörde hat derweil darauf hingewiesen, dass die Gesundheitsämter der Bezirke für die Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes zuständig seien. Die Behörde würde nur in „begründeten Einzelfällen“ über Ausbrüche informiert.

Die Namen der betroffenen Kliniken dürften aufgrund der „Amtsverschwiegenheitspflicht“ nicht veröffentlicht werden. „Deshalb müssen betroffene Häuser selbst entscheiden, die Öffentlichkeit zu informieren“, so die Gesundheitsbehörde. „Erst dann kann sich die Behörde unter bestimmten Umständen dazu äußern.“

Corona-Lockerungen: Das ist ab Mittwoch wieder erlaubt
Corona-Lockerungen: Das ist ab Mittwoch wieder erlaubt

weitere Videos

    Italien: Zehn Prozent aller Infizierten sind Krankenhausmitarbeiter

    In Italien seien nach Meldungen zehn Prozent aller Infizierten Krankenhausmitarbeiter, so die Behörde. „Auch das Robert-Koch-Institut weist über 11.000 Fälle von Personal in Einrichtungen des Gesundheitswesens unter den Infizierten aus. Dies zum Vergleich mit den Hamburger Zahlen.“

    Im UKE waren mehrere mit dem Coronavirus infizierte Patienten der Krebsstation verstorben. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob ein Anfangsverdacht für eine Straftat vorliegt. Als sich im März erste niedergelassene Ärzte in Hamburg mit dem Coronavirus infizierten, gab es ebenfalls keine öffentliche Mitteilung der Behörden.

    Infizierte Ärzte informierten Patienten selbst

    Nach Informationen des Hamburger Abendblattes hat kein Gesundheitsamt in den Bezirken eine Praxis geschlossen. Die infizierten Ärzte haben meist aus Selbstinitiative ihre Patienten informiert und die Behandlungen sofort gestoppt.

    Die Zahl der bekannten Neuinfektionen mit dem neuen Coronavirus blieb auch am Dienstag in Hamburg gering. Insgesamt 13 neue Fälle meldete die Gesundheitsbehörde. Insgesamt wurden damit 4964 Hamburger positiv auf das Virus getestet. Das Robert-Koch-Institut geht von 4300 genesenen Covid-19-Patienten in Hamburg aus.

    200 Hamburger am Coronavirus gestorben

    Mit Stand Dienstag wurden laut Senat 105 Hamburger stationär wegen Covid-19 behandelt, drei weniger als am Montag. Davon wurden 42 auf Intensivstationen betreut, einer weniger als am Montag. Mittlerweile sind in Hamburg laut Senat 200 Menschen am neuen Coronavirus gestorben, fünf mehr als am Montag.

    Der (geschätzte) Stand der noch aktiv Erkrankten (positiv Getestete abzüglich der Genesenen und Verstorbenen) liegt damit bei 464. Das ist der niedrigste Stand, seit die Zahl der Genesenen geschätzt wird.​

    Laut Gesundheitsbehörde wurden zuletzt in Hamburg rund 3200 Menschen pro Tag auf eine Infektion mit dem neuen Coronavirus getestet.