Hamburg. Flexible Separees können Einhaltung der Hygieneregeln in Restaurants sicherstellen. Entwickelt hat sie ein Hamburger Architekt.
Die Gastronomen in Hamburg erwarten mit Spannung, welche Auflagen gelten werden, wenn die Restaurants wieder öffnen dürfen. Aktuell ist wegen des Coronavirus nur ein Außer-Haus-Verkauf erlaubt. In der vergangenen Woche hatte die Wirtschaftsbehörde noch den 18. Mai als Termin genannt.
Doch jetzt wird es nach Abendblatt-Informationen schneller gehen, und die Lokale sollen bereits wieder ab diesem Mittwoch Gäste bewirten dürfen – so war es bereits am Montag aus Behördenkreisen zu erfahren. Am Dienstagmorgen wurde die anstehende Öffnung unter Einhaltung von Hygiene- und Abstandsregeln dann auch aus Senatskreisen bestätigt.
Heute wird der Senat eine rechtsverbindliche Verordnung beschließen, in der dann auch die Vorschriften enthalten sein werden. Im Nachbarland Niedersachsen dürfen die Restaurants seit Montag wieder öffnen, ohne Begrenzung der Öffnungszeiten, aber unter Auflagen. Es ist davon auszugehen, dass diese in Hamburg ähnlich sein werden.
Welche Corona-Regeln Restaurants erwarten
In Niedersachsen gilt ein „Hygienekonzept“, in diesem ist unter anderem vorgeschrieben, dass „nur maximal 50 Prozent der vor der Corona bedingten Schließung vorhandenen Sitzplatzkapazitäten im Betrieb gleichzeitig belegt werden dürfen.“
Weiter heißt es, „im Gastraum sind Tische in einem Mindestabstand von zwei Metern anzuordnen.“ Zudem ist ein Mund-Nasen-Schutz für das Servicepersonal verpflichtend, nicht aber für die Gäste am Tisch. Auch in Hamburg wird gelten, dass an einem Tisch nur maximal zwei Hausstände gemeinsam sitzen dürfen – also zum Beispiel zwei Ehepaare oder Familien.
Wie Hamburger Gastronomen Corona trotzen
Bei Hamburgs Gastronomen sind also kreative Ideen gefragt. Wer beispielsweise das Chaussee Café von Denis Mehinovic an der Eimsbüttler Chaussee betritt, dem fallen zwei Separees auf. „Wenn es ein Problem gibt, dann muss man eine Lösung finden. Das gilt auch für die Gastronomie, für die es strenge Auflagen geben wird, und deshalb haben wir uns Gedanken gemacht und diese kleinen Separees entwickelt“, sagt Stefan Scholz, Geschäftsführer von MMST Architekten an der Isestraße.
Der Architekt hat die beiden voneinander abgetrennten „Abteile“ mit sechs beziehungsweise sieben Sitzplätzen entworfen. „Das ist eine Konstruktion aus ineinander verschraubten Holzlatten und einer vom Boden bis zu der Decke reichenden Folie aus LDPE (Polyethylen). Die ist temperaturbeständig, witterungsbeständig und schwer entflammbar“, sagt Scholz. In gut 90 Minuten hatten zwei Mitarbeiter der Otto Gerber Gruppe, die den Aufbau und das Material für den Prototypen im Chaussee Café gesponsert haben, die beiden Corona-Separees aufgebaut.
„Auf jeden Fall sitzen die Gruppen in diesen beiden Abteilen völlig isoliert von anderen Gästen, und auch der Mindestabstand zum nächsten Tisch wird eingehalten. Der Aufbau ist einfach und nicht teuer und kann individuell an den Raum angepasst werden“, sagt Architekt Scholz.
Sein Entwurf und die Idee wollte Scholz auch der Gesundheitsbehörde und der Wirtschaftsbehörde präsentieren. „Die Behörden konnten mir nicht weiterhelfen, haben mich an den Dehoga verwiesen, mit dem Verband bin ich jetzt im Gespräch.“ Gastronom Mehinovic ist wichtig, „dass meine Gäste sich wohl- und sicher fühlen, wenn sie sich bei uns zum Essen treffen.“
Hamburger Restaurants bereit für Lockerung
Auch bei einem „Big Player“ in der Gastronomie laufen die Vorbereitungen. „Unsere Block House und Jim Block Restaurants sowie die Gastronomie im Grand Elysée Hotel Hamburg stehen in den Startlöchern. In den letzten Wochen haben wir ein Hygienekonzept für all unsere Restaurants erarbeitet, damit die Sicherheit unserer Gäste und Mitarbeiter gewährleistet ist“, sagte Stephan von Bülow, Vorsitzender der Geschäftsführung der Block Gruppe, dem Abendblatt.
Von Bülow kündigte an: „Der Gast kann seinen gewohnten Restaurantbesuch mit einem sicheren und guten Gefühl genießen. Wir halten einen 1,50 Meter Abstand zwischen den Tischen ein, platzieren nur zwei Gästen an einem Tisch, mit Ausnahme von Familien.“ Außerdem werden laut von Bülow auf Einweg-Tischsets gedruckte Speisekarten verwendet und ein kontaktloses Bezahlen angeboten. Auch die sieben Peter Pane Burgerlokale sollen wieder öffnen, dort werden die Mitarbeiter mit Mund-Nasen-Schutz bedienen.
Die Speisekarte kann per QR-Code am Tisch abgescannt werden. Die Tische müssen vorab online oder telefonisch reserviert werden. Dehoga-Präsident Franz Klein forderte unterdessen: „Das Hygienekonzept für die Gastronomie darf kein kompliziertes Regelwerk werden. Es muss so gestaltet sein, dass die Gastronomen die Anforderungen einfach umsetzen können und dass die Gäste trotzdem noch einen entspannten Aufenthalt im Restaurant verleben können.“
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Politik ruft Neustart für Gastronomie aus
SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf sagte dem Abendblatt: „Es ist ein Neustart für die Gastronomie, der natürlich aufgrund des Coronavirus mit Einschränkungen verbunden ist. Es liegt an den Gastronomen und Gästen, diese Auflagen zu erfüllen und sich vor allem an die Hygienevorschriften zu halten.“
Bleibt die Frage, wie viel Prozent der Restaurants in Hamburg unter den erschwerten Bedingungen überhaupt wieder öffnen. Im Nachbarland sind „die Gastronomen zwiegespalten, da bei 50 Prozent weniger Sitzplätzen auch der Umsatz entsprechend niedriger ausfallen wird. Deshalb öffnen zahlreiche Gastronomen in ländlichen Gebieten aktuell wegen der Auflagen noch nicht wieder“, sagte Niedersachsens Dehoga-Hauptgeschäftsführer Rainer Balke dem Abendblatt.