Hamburg. Zwei Vätern fällt bei der Kinderbetreuung zu Hause die Decke auf den Kopf. Da entwickeln sie eine kostenlose Anwendung mit Spielideen.

In den ersten Tagen, als die Kita wegen Corona schließen musste, war es noch in Ordnung, den ganzen Tag das Kind zu hüten. Aber schon bald traten die ersten Ermüdungserscheinungen auf. Damit der Alltag zu Hause mit seiner fünfjährigen Tochter Greta reibungslos verläuft, hat Paul Guhl aus Eimsbüttel sich Spielideen einfallen lassen und inzwischen mit einem befreundeten Vater eine App entwickelt, die Kindern und ihren Eltern im derzeit langweiligen Alltag Abwechslung bringen soll, solange Kitas und Schulen weitgehend geschlossen bleiben. Aber auch über die derzeitige Krise hinaus soll die App weiter Bestand haben.

Greta hat aus einer leeren Eierschachtel ein Boot gebaut, in dem ein Haufen kleiner Playmobilfiguren hockt, bis sie aus Versehen alle herausplumpsen ins Meer, das Greta auf den Bürgersteig an der Osterstraße vor dem Krämerladen aufgemalt hat. „Mach Eimsbüttel bunt – male einfach weiter“, steht dort auf einem Schild, die Kreide zum Weitermalen liegt parat.

Die App funktioniert ein bisschen wie Pinterest

Das ist so eine Idee von Paul Guhl. Weitere Spielideen finden sich in seiner „Lagerkoller“-App, die ein bisschen funktioniert wie Pinterest: Jeder kann dort Spiel-, Bastel- und Beschäftigungsideen veröffentlichen. Je mehr mitmachen, desto mehr Impulse und Ideen entstehen daraus zum Nachmachen. „Wir sind zwei Väter, die die letzten Wochen die Betreuung unser Töchter übernehmen mussten und weiterhin müssen. Ich hatte vor dieser Aufgabe einen gehörigen Respekt und war mir selbst nicht sicher, wie ich das hinbekommen werde“, sagt Paul Guhl.

Sicher hatte er, als Greta klein war, Elternzeit genommen, aber das sei doch etwas ganz anderes gewesen. „Da waren wir zu zweit“, sagt er. Seine Frau ist Ergotherapeutin und betreut nach wie vor ihre Patienten in der Praxis, also lag es von Anfang an an dem 44-Jährigen, sich um Greta zu kümmern. Denn Paul Guhl macht ohnehin immer Homeoffice – normalerweise allerdings allein, ohne das Kind betreuen zu müssen.

Viele Eltern haben mit der Situation zu kämpfen

„Ich habe gemerkt, dass man die Wochen zu Hause mit dem Kind nicht mit den Standardspielen überstehen kann, ohne dass einem die Decke auf den Kopf fällt.“ Also wurde er kreativ und hat sich Spiele oder Bastelideen einfallen lassen. Gleich am ersten Schließungstag hat sich Greta einen Magneten an die Hose hängen lassen und so Geldmünzen aufgesammelt. „Mir war klar, dass es mir in dieser seltsamen Zeit nicht alleine so geht und dass andere Eltern genauso wie ich mit der Situation zu kämpfen haben. Darum wollte ich meine Ideen mit anderen teilen und ebenso neuen Input von anderen Eltern bekommen.“

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    So kam es zur App „Lagerkoller“, an der auch Greta und Carlotta, die Tochter von Vater Guhls Kumpel und Geschäftspartner, mitgewirkt haben. Sämtliche Icons haben Greta und Carlotta gezeichnet. Rund drei bis vier Wochen hat es bis zur fertigen App gedauert, die noch ständig nachgebessert wird. Paul Guhl fiel es nicht allzu schwer, diese App zu entwickeln, da er das ohnehin beruflich macht.

    Entwicklung einer App für Kindergärten

    „Wir sind gerade mit der Entwicklung einer App für Kindergärten beschäftigt, und da haben wir versucht, die Ressourcen effizient zu nutzen, um die App schnell und kostengünstig umzusetzen“, so Guhl. Es geht ihm um eine gemeinsame Sache, die die Eltern miteinander verbindet, und nicht um Profit: „Lagerkoller“ ist für alle kostenlos. „Wir wollen in dieser Zeit, die für alle schwierig ist, kein Geld verlangen. Je länger die Schließungen der Kitas und Schulen noch andauern, umso wichtiger wird für alle eine kreative Lösung, um die Zeit gut zu überstehen. Jeder kann sich bei ,Lagerkoller‘ anmelden und seine Ideen dort posten und sich von den Ideen anderer Eltern inspirieren lassen.“

    Bislang gibt es rund 50 Ideen in der App, und es werden täglich mehr. Das Prinzip ist ganz einfach: Die Idee beschreiben, Bilder hochladen und die Ideen mit anderen teilen und testen. Besonders spannend findet Paul Guhl die Idee eines App-Nutzers der Schatzsuche: Dazu wird ein Schatz versteckt und eine Schatzkarte bei einem befreundeten Kind in den Briefkasten geworfen. Ganz simpel. Nur auf die Idee muss man erst mal kommen.

    Paul Guhl hat eine Vision: „Toll wäre es, wenn es eine große Bastelidee gäbe, die nach der Krise von allen gemeinsam zusammengestellt wird.“

    Aus dem Frechdachs-Verlag kommt ein neues Kinderbeschäftigungsbuch. In #Wir bleiben zuhause Kindermitmachbuch finden sich auf 160 Seiten Motive zum Ausmalen, Logik- und Zahlenrätsel, Suchbilder, Labyrinthe und Bastel- und Spielideen für Kinder ab 5 Jahre. Wenn es mal nicht alleine weitergeht, helfen einem die Lösungen weiter. 160 Seiten, ISBN 978-3-7724-4968-0, 10 Euro.