Hamburg. Coronapandemie zwingt Ausrichter, geplante internationale Gedenkfeier abzusagen. Wie der Opfer stattdessen gedacht werden soll.

Wegen der Coronapandemie musste die internationale Gedenkfeier zum 75. Jahrestag der Befreiung des Hamburger KZ Neuengamme am 3. Mai abgesagt werden. Wie die Stiftung Hamburger Gedenkstätten am Montag mitteilt, ist nun ein alternatives Konzept erarbeitet worden: Bürgermeister Peter Tschentscher, Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit und Kultursenator Carsten Brosda, der zugleich Vorsitzender Stiftungsrats der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte ist, werden am internationalen Mahnmal der KZ-Gedenkstätte im Namen der Stadt Hamburg einen Kranz niederlegen.

Parallel werden ab dem 3. Mai auf einer eigens eingerichteten Webseite Videobotschaften zur Befreiung von Neuengamme abrufbar sein: "Die ursprünglich zu der Gedenkfeier eingeladenen Überlebenden und Angehörige von ehemaligen Häftlingen, aber auch die ursprünglich eingeladenen Rednerinnen und Redner sprechen darüber, was der Jahrestag für sie persönlich bedeutet", so die Stiftung. Die Stiftung weist darauf hin, dass das Mahnmal öffentlicht zugänglich ist. Unter Wahrung der geltenden Abstandsregeln kann man am 3. Mai dort Zeichen des Gedenkens ablegen.

14 Überlebende des KZ Neuengamme hatten ihr Kommen zugesagt

Das Konzentrationslager Neuengamme war das größte KZ im Nordwesten Deutschland. Mehr als 100.000 Menschen wurden dort inhaftiert, mindestens 42.900 von ihnen kamen ums Leben. Die Stiftung erklärt weiter: "Der 3. Mai 1945 bedeutete für die Überlebenden die Befreiung aus der Gewalt der SS und für die Hinterbliebenen die Trauer um jene tausende KZ-Häftlinge, die am selben Tag bei der Bombardierung der KZ-Schiffe 'Cap Arcona' und 'Thielbek' umkamen."

Oliver von Wrochem, Leiter der KZ-Gedenkstätte Neuengamme: „Es ist für uns sehr schmerzhaft, dass wir zum 75. Jahrestag der Befreiung nicht zu einer Gedenkveranstaltung zusammenkommen können. Trotz ihres hohen Alters hatten 14 Überlebende des KZ Neuengamme und seiner Außenlager sowie mehr als 600 Angehörige ehemaliger Häftlinge aus der ganzen Welt ihr Kommen zugesagt. Wir sehen die stattdessen übersandten digitalen Botschaften zum 75. Jahrestag der Befreiung als ein wichtiges Zeichen für die Verbundenheit im Gedenken über nationale Grenzen hinweg. Wir freuen uns darauf, im kommenden Jahr die Internationale Gedenkveranstaltung nachzuholen.“

Erstarkender Rassismus macht Gedenken umso wichtiger

Peter Tschentscher betont, es sei "wichtig für unsere Demokratie, dass wir die Erinnerung an die nationalsozialistischen Verbrechen wachhalten. Die Erinnerung an die Opfer von Faschismus und Krieg ist eine Mahnung für die Zukunft, ein Zeichen gegen Populismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit.“

Carola Veit ergänzt: „Wir müssen heute umso mehr an die Schicksale aller NS-Opfer erinnern, wenn wir sehen, wie sehr rechtsextreme Meinungen wieder salonfähig werden und Hetze über die sozialen Medien verbreitet wird. Wir erleben fassungslos, wie Anschläge auf Synagogen passieren und Menschen wegen ihrer politischen Meinung ermordet werden. Das dürfen wir nicht zulassen." Carsten Brosda sagt: "Auch 75 Jahre nach der Befreiung erleben wir Ressentiments und Menschenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus. Dem müssen wir uns entgegenstellen! ‚Nie wieder‘ ist ein Auftrag, für den wir alle als offene und demokratische Gesellschaft jeden Tag einstehen müssen.“